Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
gekoppelt, dass der geringste Anflug von Langeweile umgehend wieder mit Haschischgebrauch bekämpft wird. Alkohol kann den gleichen Zweck erfüllen. Ihr Gebrauchsmuster hindert die lustlos und »stoned« herumhängenden Jungen daran, überhaupt noch eine innerlich spürbare Spannung aufzubauen, die durch eine »normale«, lustvoll »anturnende« Tätigkeit befriedigt werden könnte. Kurzfristig aufregendes Zocken turnt langfristig noch mehr ab. Die wiederholt und fortlaufend erfolgende Dämpfung jeglichen lebensfrohen Antriebs lässt das Gefühl für selbst beeinflussbare Alternativen in weite Ferne schwinden. Durch die gegenüber früheren Haschischgenerationen veränderten Konsumumstände katapultieren sich manche totalen Langeweilekiffer in geradezu komatöse Zustände. Sie sind nicht »high«, sondern handlungsunfähig »platt«. In der Arbeit mit derartigen Cliquen genießt zu Beginn die Entkoppelung von Langeweile und Cannabisgebrauch absoluten Vorrang. Es geht darum, die Fähigkeit wiederzuentdecken, genussvoll erlebten alternativen Tätigkeiten nachgehen zu können, welche sowohl eigenen Ideen entspringen wie dem eigenen Einflussbereich unterliegen. Gelingt der entscheidende Schritt, nimmt der für solche Jugendliche schädliche Cannabisgebrauch ab, und das Risiko sinkt, Zuflucht in virtuellen Scheinwelten zu suchen. In einem zweiten Schritt wird die Zuversicht gefestigt, Langweile gelegentlich auch einmal als gesundes Innehalten auszuhalten sowie »etwas Richtiges mit mir anfangen zu können«.
Ich bin hochbegabt
und voller Ressourcen …
Ein paradoxes Motiv, Haschisch oder Marihuana zu gebrauchen, entspringt eigentlich etwas überaus Positivem. Bis zu seiner Bemeisterung schlägt es sich allerdings erst einmal negativ nieder.
Ein 18 Jahre alter Abiturient geriet mit seinem regelmäßigen Haschischkonsum in heftige Turbulenzen, während derer er zeitweilig abzustürzen drohte. Sein Problem bestand in seiner unglaublichen Vielseitigkeit. Er war in mehrerer Hinsicht so hochbegabt, verfügte vom Ansatz her über so viele spezielle Stärken und Fertigkeiten, dass er ebenso rat- wie rastlos zwischen ihnen hin und her pendelte. Er wusste sich nicht zu entscheiden, seinen Begabungen eine Richtung zu geben, um sie für sein Fortkommen bestmöglich zu nutzen. Er war perfekt mehrsprachig, intellektuell voller sprühendem »Esprit«, geistig beweglich, musisch-künstlerisch kreativ und vieles mehr. »Ich bin so schillernd und habe so viele Seiten, dass ich nicht weiß, welche ich leben soll«, fasste er selbst seine Orientierungslosigkeit zusammen. Er nutzte die täglichen Wirkungen einiger Haschischzüge, »um mich innerlich zu sammeln. Haschisch glättet das kreative Chaos in meinem Kopf. Es verjagt vorübergehend die Schattenseiten meines brillanten Genies«. Letzteres äußerte er mit einer guten Portion Selbstironie und Bitterkeit, die ihm anmerken ließ, dass er sich seiner überdurchschnittlichen Begabungen zwar bewusst war, sich bisher aber nicht frei von Selbstzweifeln darin zu sonnen vermochte.
Bunt schillernde, außergewöhnlich begabte junge Menschen, die mit Cannabis ihre richtungslose Getriebenheit phasenweise zu mildern suchen, begegnen mir häufiger. Zwar nicht regelhaft, aber doch zu oft, um als zufälliges Aufeinandertreffen durchzugehen, stehen hinter solch schillernden Heranwachsenden wuselige, flinke, inkonsequente Mütter, die zwischen Gewährenlassen, Druckmachen und tiefem Sicheinlassen unvorhersehbar hin und her schwingen.
So auch bei einem jungen Mann, von dem seine Mutter mit eigenem Helfersyndrom immer wieder berichtete: »Er hat so viele Ressourcen.« Doch ihr Sohn wusste über Jahre hinweg keine seiner Stärken zu nutzen. Sein extrem entwertender Vater stand am Beginn seiner verlorenen Jahre, in denen Kiffen sein einziger Lebensinhalt war. Nach einem mittleren Bildungsabschluss gab er sich völliger Passivität hin. Seine Mutter war am Rande der Erschöpfung, als sie mit ihm zu mir in die Drogenberatung kam. Der Glaube seiner Mutter an seine zahlreichen Fähigkeiten lähmte den Jungen eher. Er fühlte sich zu sehr unter Druck. Aktiv aus sich heraus entschied er sich weder für eine Zukunftsrichtung noch gegen eine andere. Er tat schlichtweg nichts. Bereits im ersten Gespräch, in dem er sich überrascht zeigte, mit welchem Maß an Wohlwollen und Respekt ich ihm begegnete, fanden wir ein gemeinsames Bild, mit dem wir weiterarbeiteten. Er sprach von seinem »tief vergrabenen Widerwillen
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