Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
für ihn hilfreichen Widerhall. Er trieb sich weiter rum, ließ sich von Älteren auf kleinere Diebestouren schicken, um wenigstens etwas Anerkennung und obendrein Geld zu ernten. Mehrmals wurde er spätnachts, als er aufgrund seines jungen Alters draußen nichts mehr zu suchen gehabt hätte, von der Polizei aufgegriffen und nach Hause gebracht. Zunächst blieb das alles folgenlos. Seine Eltern reagierten bloß ruppig, die innere Not ihres Sohnes nicht wahrnehmend. Haltlos ließ er sich weiter treiben. Die Schule schwänzte er. Noch früher, als aufgrund seiner chronischen unheilbaren Krankheit erwartet worden war, starb bald darauf sein Vater durch einen tödlichen Autounfall. Der Junge war 12 Jahre und innerlich hoffnungslos allein. Er fing an zu kiffen. Den Stoff erhielt er von älteren Freunden. Seine überforderte Mutter setzte durch, dass er vom Jugendamt in einer ersten Wohngruppe platziert wurde. Erneut wurde gegen seinen erklärten Willen über ihn bestimmt. Der Junge startete eine mehrere Etappen umfassende Odyssee durch verschiedene Wohngruppen. In der ersten fühlte er sich von Beginn an schutzlos, von den Größeren gehänselt und gemobbt. Schmächtig, wie er zu der Zeit noch war, hatte er wenige Chancen, sich zu wehren. Immer wieder flehte er seine Mutter an, ihn dort rauszuholen. Seine Appelle verhallten ungehört. Er fuhr »stärkere Geschütze« auf, kiffte vermehrt, lief weg, sorgte unaufhörlich für Unruhe, bis er von den Betreuern der Wohngruppe für »untragbar« erklärt wurde. Er wurde verlegt, weiter weg. Bis zum Alter von 17 Jahren durchlief er zwei weitere Unterbringungsstationen. Inzwischen war er körperlich hoch aufgeschossen, innerlich aber ungefestigt und haltlos. Einen Schulabschluss hatte er nicht erreicht, weshalb er von einem weiteren »Amt« in einer jener überbetrieblichen Einrichtungen »geparkt« wurde, in denen junge Erwachsene einen Schulabschluss nachholen oder eine berufliche Orientierung erfahren können. Solche Maßnahmen sind leider nicht selten ein Sammelbecken für alle sozial Benachteiligten unserer Gesellschaft. Dementsprechend ballen sich dort die Probleme: Ziel- und Perspektivlosigkeit sowie fehlende Motivation und Antriebsarmut der Teilnehmer aufgrund bisheriger Lebenserfahrungen paaren sich mit niedriger Aggressionsschwelle, gewohnheitsmäßigem Drogengebrauch oder gar süchtiger Abhängigkeit bei zu vielen der dort Gestrandeten. Entwurzelung und Heimatlosigkeit bei Zuwanderern, die sich solchen Maßnahmen zugewiesen finden, kommen hinzu. Sexismus und Fremdenfeindlichkeit in einem die Mitarbeiter vor unlösbare Herausforderungen stellenden Ausmaß komplettieren das Problemfeld.
Für den jungen Mann, der sich genötigt sah, an einer ihm vorgeschriebenen Maßnahme in einer solchen Einrichtung teilzunehmen, war die Arbeitsstätte eine »feindliche Umgebung«. Er sah keinerlei Chance, in einem solchen Umfeld seinen Platz zu finden. Folglich produzierte er Fehlzeiten oder er kiffte in der Einrichtung. Im Übrigen verhielt er sich still und zurückgezogen. Unsympathisch war er niemandem. Die Betreuer schilderten ihn gar als im Grunde »liebenswürdig«, aber sie waren ratlos, was sie mit ihm anfangen sollten. Als ich ihn vor Ort zum ersten Mal traf, saß mir genau betrachtet ein innerlich verschrecktes Kind gegenüber, das nur eine nebulöse Vorstellung davon hatte, was als Nächstes auf es zukommen würde. Ich führte mit dem inzwischen 18-Jährigen mehrere Gespräche. Er rauche so oft Haschisch, »weil ich mich dann angenehm leicht fühle. Ich kann mich dann mit meinen Gefühlen so treiben lassen. Es tut mir nichts mehr weh. Außerdem kann ich doch sowieso nichts mehr machen. Die Sache ist für mich gelaufen«. Der junge Mann schien sich aufgegeben zu haben, hatte dem, was er immerfort über sich hereinbrechen fühlte, nichts entgegenzusetzen:
»Das Leben hat mir nichts mehr zu bieten. Ich habe eigentlich nie das Gefühl, dass ich selbst auf irgendwas Einfluss hätte. Immer nur wurde was mit mir gemacht. Seit ich so von einem Ort zum anderen geschoben wurde, haben mich alle zugelabert mit Schule, Beruf und Zielen, die ich haben sollte. Aber ich glaub’ nicht mehr dran, dass ich noch eine Zukunft habe. Ich pack das nicht.«
Zum einen war seine tief verinnerlichte Sichtweise wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, weil der junge Mann keinerlei Motivation und Antrieb aufzubringen vermochte, um aktiv etwas zur Veränderung seiner misslichen Situation
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