Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
kleinen Betrieb ihres Mannes weiter und zog ihre drei Söhne groß. Den Ältesten drängte sie dabei immer stärker in die Rolle des verstorbenen Vaters. Regelmäßig sah sie ihn längere Zeit an, um ihm dann zu sagen: »Du bist wie dein Vater.« Vergleiche mit Fotos des Vaters zeigten in der Tat, dass der älteste Sohn jenem wie aus dem Gesicht geschnitten war. Auch die Statur und die Körperhaltung des 18-Jährigen kamen ganz auf seinen Vater heraus.
Die Mutter übertrug ihrem ältesten Sohn gern Erziehungsaufgaben für die beiden deutlich jüngeren Brüder. Dabei maß sie jenen beständig an dem ihr verbliebenen inneren Bild ihres Mannes, wenn sie kommentierte: »Dein Vater hätte das jetzt so oder so gemacht.« Sie verplante ihren Sohn zudem für ihre Nachfolge im Geschäft, wogegen er selbst ganz andere Zukunftspläne für sich entwickelte:
»Ich möchte direkt nach dem Abitur weggehen, um Grafikdesign zu studieren. Ich sehe meine Zukunft nicht in unserem Geschäft.« Den von seiner Mutter eingangs beklagten Haschischgebrauch schätzte er für sich selbst als unproblematisch ein:
»Ich kiffe nicht besonders oft, eigentlich nur, wenn ich endlich meine Ruhe haben und mich von meiner Mutter abschotten will. Es nervt mich, wenn sie mir ständig in den Ohren liegt, dass ich so bin wie mein Vater. Ich war gern mit meinem Vater zusammen, als er noch da war. Ich habe schöne Erinnerungen an ihn, und manchmal vermisse ich ihn heute noch sehr. Aber ich bin nicht mein Vater, und ich mag überhaupt nicht mehr hören, wie ähnlich ich ihm bin. Ich hab meine eigenen Pläne. Das muss meine Mutter endlich mal begreifen. Die hatte es bestimmt nicht leicht mit uns, aber ich will jetzt möglichst bald weg. Das klingt jetzt zwar vielleicht blöd, aber am besten fänd ich es, sie würde sich selbst mal wieder einen Mann suchen. Die ist doch noch viel zu jung, um immer nur allein zu bleiben.«
Der junge Mann war wahrlich kein »Fall« für die Drogenberatung. Er wusste, was er wollte, und hatte klare Vorstellungen, wie er es bewerkstelligen konnte. Das hatte er unter anderem der Förderung durch seine Mutter zu verdanken, selbst wenn sie ihn teilweise in die Rolle ihres verstorbenen Mannes drängte. Der 18-Jährige brachte die kraftvolle Entschlossenheit auf, sich von den Plänen seiner Mutter für ihn abzugrenzen und seine eigenen Wege einzuschlagen.
Nicht immer lassen sich solche familiären Bindungen so unproblematisch lösen. Viel öfter bleiben die mit einer bestimmten Rolle bedachten Kinder und Jugendlichen darin gefangen. Selbst wenn sie in Teilen möglicherweise sogar stolz darauf sind, eine herausragende Ähnlichkeit mit einem bereits verstorbenen Familienmitglied zu haben, riskieren sie, im fremden Leben stecken zu bleiben, wenn sie des Verstorbenen mit einem Stellvertreterleben gedenken.
Väter und Söhne:
Meine Droge, deine Droge …
Seit ewigen Zeiten benutzen die Menschen Rauschmittel. Fast ebenso lange existiert der Zwist, welches Mittel wohl das bekömmlichste, unschädlichste und sozial verträglichste sei. Eine Kontroverse der besonderen Art fechten die jeweiligen Anhänger von Alkohol und Cannabis aus, und das nicht erst, seitdem Haschisch und Marihuana weltweit eine wachsende Schar von Anhängern finden. Der Meinungsstreit um die beiden Rauschmittel schwelt seit Jahrhunderten, wie der folgende Ausschnitt aus einer arabischen Erzählung beweist:
»Bei Gott, bravo, Haschisch!
Tiefe Bedeutungen ruft es wach.
Hör nicht auf die, die es verdammen!
Nimm Abstand von der Tochter der Reben
und geize nicht mit Haschisch.
Iss es immer trocken und lebe!
Bei Gott, bravo, Haschisch!
Es steht höher als der reine Wein.
Wenn es die Edlen verwenden,
dann iss auch du und sei einverstanden,
mein Junge!
Haschisch macht Tote wieder lebendig.
Bei Gott, bravo, Haschisch!
Den Dummen und Unerfahrenen,
den Abgestumpften schenkt es
die Gewandtheit des freimütigen Weisen.
Ich glaube nicht, dass ich
mich davor retten kann!«
Heutzutage ist das Loblied auf Haschisch ein Bestandteil der immerwährenden Auseinandersetzung zwischen der älteren und jüngeren Generation. Etwas hat sich gegenüber früheren Zeiten freilich verändert: Aufgrund unseres neuzeitlichen Umgangs mit potenziellen Suchtmitteln wohnt einer familiären Dynamik, die nach dem Motto »Meine Droge, deine Droge« verfährt, die Tendenz zur Eskalation inne.
Das Geschehen ist in aller Regel ein geschlechtsspezifisches Muster, das sich zwischen Vätern und Söhnen
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