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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Feinkostgeschäft, um Ingwerbier zu holen, oder wenn sie abends manchmal ins Kino gingen. Aber so was wie heute – nein. An dem ersten Abend damals hat er den Daiquiri gebrauchen können, aber seither hat er nie wieder Lust drauf gehabt, und er hat gehofft, daß es ihr ebenso gehe. Eine ganze Weile war es auch so, aber seit kurzem stimmt irgendwas nicht mit ihr; sie ist schwer im Bett, und manchmal sieht sie ihn an, als ob er ein Schwein wäre oder so was. Er weiß nicht, was an seinem Verhalten anders geworden sein sollte, aber er weiß, daß die Unbefan genheit, die Leichtigkeit zwischen ihnen gestorben ist. Heute abend hat ihre sogenannte Freundin Margaret angerufen. Es fährt ihm jedesmal durch Mark und Bein, wenn das Telefon läutet. Seit einiger Zeit plagt ihn die Vorstellung, daß es die Polizei sein könnte oder seine Mutter oder sonstwer. Er hat das Gefühl, daß sich da drüben, auf der andern Seite des Bergs, etwas zusammenbraut. In der ersten Zeit, nachdem er bei ihr eingezogen ist, hat ein paarmal das Telefon geklingelt, und dann war eine fette Männerstimme am Apparat «Ruth?», oder es wurde kurzerhand wieder aufgelegt – wahrscheinlich vor Überraschung, daß ganz jemand anders sich meldete. Wenn aber ein Gespräch mit Ruth zustande kam, sagte sie lediglich eine Unzahl von Neins in die Muschel, und niemand belästigte sie mehr daraufhin. Sie wußte, wie man sie behandeln mußte, und außerdem waren es sowieso nicht mehr als fünf, die angerufen haben. Als sei die Vergangenheit ein Weinstock, der nur aus diesen fünf an der Eroberfläche sich krümmenden Wurzeln lebte, und als sei er nun, da sie ausgerissen worden waren, verkümmert und von ihr abgefallen, so bleibt sie zurück: rein und blau und unbeschrieben. Aber heute abend ist Margaret aus dieser Vergangenheit aufgetaucht, sie will, daß Ruth und er in die Kastagnette kommen, und Ruth möchte gern, und also willigt er ein. Vielleicht ist es eine kleine Ab wechslung. Er langweilt sich.
    «Was möchtest du?» fragt er sie.
    «Einen Daiquiri.»
    «Wirklich? Bist du sicher, daß dir nicht schlecht wird danach?» Ihm ist aufgefallen, daß ihr hin und wieder ein bißchen übel wird und sie nichts essen mag, und daß sie zu andern Zeiten die Wohnung leer ißt.
    «Nein, ich bin nicht sicher, aber warum zum Teufel soll mir nicht schlecht werden?»
    «Ja, ich weiß auch nicht, warum eigentlich nicht. Warum soll einem nicht schlecht werden?»
    «Komm, laß dies eine Mal deine Philosophiererei und bestell mir was zu trinken.»
    Ein farbiges Mädchen in orangerotem Kleid, das südamerikanisch aussehen soll, den Volants nach zu urteilen, kommt an den Tisch, und er bestellt zwei Daiquiris. Sie klappt ihren Notizblock zu und geht davon, und Rabbit sieht, daß ihr Kleid am Rücken offensteht und die halbe Wirbelsäule freilegt. Ein Stückchen von einem schwarzen Büstenhalter spitzt hervor. Verglichen dazu ist ihre Haut nicht eine Spur schwarz, sie hat lediglich eine hübsche, kräftige, weiche Tönung, die etwas Reelles darstellt in dieser Umgebung. Violette Schatten spielen auf den Ebenen dieses Rückens, wo immer das Licht auftritt. Mit einwärts gekehrten Füßen, wie eine Taube, schlendert das Mädchen, und die orangeroten Volants wippen. Er ist ihr gleichgültig, und das gefällt ihm: daß er ihr gleichgültig ist. Ruth versucht seit geraumer Zeit, ihm ein Schuldgefühl wegen irgendwas einzureden.
    «Fall ihr bloß nicht in den Ausschnitt», sagt sie.
    «Ich tu doch überhaupt nichts.»
    «Das ist wahr, du tust überhaupt nichts.»
    Soll das eine Drohung sein? Er liebt Drohungen nicht.
    Margaret kommt, und der Mann in ihrer Begleitung – Rabbit freut sich nicht gerade darüber – ist Ronnie Harrison.
    «Hallo, Sie», sagt Margaret, «sind Sie immer noch im Lande?»
    «Na so was!» sagt Harrison, «der große Angstrom.» Als trachte er danach, Totheros Rolle in jeder Hinsicht zu übernehmen. «Ich hab viel von dir gehört.»
    «So, was denn?»
    «Ach, eine ganze Menge.»
    Harrison hat nie zu Rabbits Freunden gehört, und das wird sich auch nicht ändern. Im Umkleideraum hat er immer große Töne gespuckt, wie fabelhaft er wieder war, und dabei hat er sich ständig mit sich selbst beschäftigt unter seinem kleinen, runden, behaarten Bauch. Und dieser Bauch ist noch runder geworden. Harrison ist fett. Fett und ziemlich kahl. Sein filziges, messingfarbenes Haar ist sehr schütter geworden, und die Schädelhaut schimmert durch, je nachdem wie er den Kopf

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