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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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hält. Dieser rosa Schimmer wirkt obszön auf Rabbit, er kommt ihm genauso obszön vor wie die glatzigen rosa Anspielungen, die bei allem durch schimmern, was Harrison sagt. Aber einen Abend gibt es, an den Rabbit sich gern erinnert: Harrison kam zurück aufs Spielfeld, nachdem er an irgend jemandes Ellenbogen zwei Zähne eingebüßt hatte, und versuchte, sich zu freuen, als er mit Harry zusammentraf. Man war immer zu fünft im Feld, und man bildete eine unzerrüttbare Gemein schaft während der Spielzeit.
    Aber das ist lange her, und mit jeder Sekunde, die Harrison dasteht und grinst, rückt es tiefer in die Vergangenheit. Er trägt einen schmalschultrigen Sommeranzug aus irgendeiner Leinenimitation, und diesen affigen, auffälligen Stoff dauernd am Ohr zu haben erbost Rabbit. Er kommt sich so umzingelt vor. Die Frage ist: wer sitzt wo ? Er und Ruth haben einander gegenüber Platz genommen, das war ein Fehler. Harri son entschließt sich endlich und rutscht auf den Sitz neben Ruth; er bewegt sich ein wenig ungeschickt dabei: immer noch die Folgen sei ner Fußball-Verletzung von damals. Gierig registriert Rabbit die Ma kel an Harrisons Erscheinung. Die Wirkung des College-Anzugs wird total verdorben durch eine schwarze Wollkrawatte, die viel zu verschlampt italienisch aussieht. Und wenn Harrison den Mund auf macht, erkennt man die beiden falschen Zähne, die nicht zu den echten passen.
    «Na, wie spielt das Leben dem großen Meister denn so mit?» fragt er. «Die Kunde geht, daß du es weit gebracht hast.» Er zwinkert anzüglich zu Ruth hin, die dasitzt wie ein Eisklotz, die Hände ums Daiquiriglas gefaltet. Ihre Knöchel sind rot vom Abwaschen. Sie hebt das Glas, um zu trinken, und verzerrt schimmert ihr Kinn durch.
    Margaret zappelt an Rabbits Seite. Sie kommt ihm genauso nervös vor wie Janice. Ihre Gegenwart im äußersten linken Winkel seines Blickfelds fühlt sich wie ein dunkles feuchtes Tuch an, das sich seinem Gesicht nähert.
    «Wo ist Tothero?» fragt er sie.
    «Tother wer?»
    Ruth kichert, der Teufel hol sie! Harrison neigt ihr seinen Kopf zu, seine rosa Schädeldecke wird sichtbar; er flüstert Ruth eine Bemerkung zu. Ihre Lippen kräuseln sich zu einem Lächeln. Es ist genauso wie an dem Abend im chinesischen Lokal: alles, was Rabbit da sagte, hat ihr gefallen; nur ist es heute abend statt seiner Harrison, der ihr gefällt, und er sitzt den beiden gegenüber, an dies Mädchen geschmiedet, das er nicht ausstehen kann. Er ist ganz sicher, daß Harrisons Flüstern ihm gilt, dem . Von dem Augenblick an, da sie zu viert sind, ist ihm klar gewesen, daß er die Zielscheibe des Spotts abgeben würde. Wie Tothero an jenem andern Abend.
    «Sie wissen verdammt gut, wen ich meine», sagt er zu Margaret. «Tothero.»
    «Unser alter Trainer, Harry!» schreit Harrison und langt über den Tisch und berührt Rabbits Fingerspitzen. «Der Mann, der uns unsterb lich gemacht hat!»
    Rabbit krümmt seine Finger von Harrisons Hand weg, und der lehnt sich mit einem befriedigten Grinsen zurück und zieht seine Handfläche über die glatte Tischplatte, daß ein quietschender Ton entsteht.
    «Mich, meinst du», sagt Rabbit. «Du warst eine Null.»
    «Eine Null, das scheint mir ein bißchen happig. Das scheint mir ein bißchen happig, Harry, altes Kaninchen. Rufen wir uns mal einiges ins Gedächtnis zurück. Wenn Tothero einen Kerl außer Gefecht gesetzt haben wollte, wen holte er sich dann? Wenn er so eine Kanone wie dich zum Beispiel abgeschirmt haben wollte, wer war dann sein Mann?» Er schlägt sich auf die Brust. «Du bist immer viel zu damenhaft gewesen, um dir die Hände schmutzig zu machen. Du hast nie irgend jemand angerührt, oder doch? Du hast auch nicht Fußball gespielt und dir nicht das Knie kaputthauen lassen, oder? No Sir, das hat Harry, der Adler, alles nicht getan. Der schwebte immer woanders. Spiel ihm den Ball zu, und er wird treffen.»
    «Ich habe getroffen, wie du vielleicht bemerkt hast.»
    «Manchmal. Manchmal hast du getroffen. Komm, Harry, zieh nicht die Nase kraus. Es ist doch beileibe nicht so, daß wir alle deine Leistun gen nicht würdigen.» Aus der Art, wie er seine Hände agieren läßt, wie er sie mit gekonntem Understatement durch die Luft gleiten läßt, wie er aus dem Spiel seiner Finger eine stille Symphonie macht, in der Ironie und Nachsicht und Eindringlichkeit zusammenklingen, schließt Rabbit, daß er oft Unterhaltungen am runden Tisch führt. Aber ein kaum merkliches

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