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Hasstament

Hasstament

Titel: Hasstament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serdar Somuncu
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Kto 9082272 – BLZ 300 700 24 – Stichwort: ›Welteroberung‹.«
    Serdar: »Wenn wir in unseren Träumen Gott vertrauen, damit er uns in seiner Nähe hält, dann liegt im Hass seine wahre Begierde. Denn nicht nur Liebe ist der Tugend Zierde, im Hass ist Wille, Kraft und Glaube verborgen, denn nur wer hassen kann, verliert auch vor der Gleichheit seine Sorgen.«

    SHN, Kapitel 34.1: MANIFEST
    Serdar mit Turban und Sonnenbrille: »Hassisten, ich spreche heute zu euch aus dem Untergrund, denn hierhin haben mich vor allem diejenigen verbannt, die es nicht ertragen, dass der Mensch als Individuum wehrhaft bleibt. Diejenigen, die sich für ihre unlauteren Ziele schon längst mit der Lüge verbündet haben und über die Leichen ihrer Freunde gehen, wenn es ihre Bahnen pflastert, und diejenigen, die in den unsichtbaren Meinungsdiktaturen, die sie errichtet haben, zu Handlangern der Verdummung und der Unempfindlichkeit geworden sind und lieber die Kraft der entfesselten Idiotie und der sich ständig wiederholenden Anspruchslosigkeit am Leben halten, als sich dem entgegenzustellen, was den Menschen zur Bestie macht und seine Moral zur Machtlosigkeit verkommen lässt.
    Hurensöhne und Verräter werden so belohnt, Clowns und Aufschneider hofiert, Barbaren und Betrüger ausgezeichnet und gelobt für Taten und Leistungen, die nichts anderes sind als Kaufanreiz, verwandeltes Untalent und zielgruppenorientiertes Phrasenblendwerk, während auf der anderen Seite Ehrenmänner bestraft werden für ihren Glauben an die Wahrhaftigkeit der Kunst und die bereichernde Kraft ihrer Nachdenklichkeit, ihrer Haltung loyal zu sein, Ungerechtigkeit nicht hinzunehmen und für Ideale einzutreten, die mehr sind als ein zufälliges Gelingen und Abfangen von unmittelbaren Bedürfnissen nach Zerstreuung. Es gäbe vieles, worüber wir nachzudenken hätten. Der Wettbewerb, auf den wir uns so eingelassen haben, zerrt an unserer Kraft und die Jagd nach Erfolg zermürbt unsere Hoffnung auf eine Erlösung. Ein Innehalten, eine Atempause, ein Augenblick der Reflektion wäre von Nöten. Stattdessen amüsieren wir uns weiter, das Rad dreht sich immer schneller, wir werden getriebener und unvorsichtiger und nur für kurze Momente, in denen wir wach werden, erschrecken wir, dann nämlich, wenn die Einschläge in unserer unmittelbaren Nähe stattfinden und für Augenblicke sichtbar und somit real werden.
    Es ist eine verkehrte Welt, in der wir leben. Die Macht, über unseren Geschmack zu entscheiden, ist denen überlassen, deren Motive unehrlich und schlecht sind, und unsere Kraft, sich dieser unsichtbaren Bestie entgegenzusetzen, ist solange wirkungslos, wie sie im Banne der eigenen Angst vor Existenz, Ansehens- und Liebesverlust verharrt. Aber wie konnte es erst überhaupt so weit kommen und was hat meine Überzeugung zur unbändigen Wut über das werden lassen, was uns das Denken verbietet und das Wegschauen erlaubt?
    Auch ich war einst nämlich auf dem Weg, der einzig den persönlichen Vorteil zur obersten Maxime machte, die Ignoranz zur Immunität gegen Misserfolg stilisierte und die Angst vor Verlust und Versagen zur Feigheit erklärte.
    Auch ich habe daran geglaubt, dass ich mehr wert bin, wenn andere mich mehr wert machen und mir den Zuspruch und die Anerkennung geben, die ich mir selbst zu geben nicht imstande war.
    So habe ich den Pakt mit den Teufeln geschlossen, die mich heute verfolgen.
    Ich habe mein gesamtes Verhalten und Denken nach ihnen ausgerichtet. Ich habe nach ihren Vorgaben gedacht und nach ihren Pointen gelacht. Ich habe befürchtet und geschwiegen, abgewägt und gehadert, ich habe gezweifelt und bin daran immer mehr verzweifelt, denn mit jeder Injektion des Gifts, auch Erfolg genannt, wurde ich süchtiger danach, je mehr ich mich an das gebunden habe, was ich für meine künstliche Aufwertung brauchte, desto gebundener und verhafteter wurde auch mein Denken und desto abhängiger wurde auch mein Handeln.
    Ich entfernte mich mehr und mehr von mir selbst und wurde zum willfährigen Handlanger einer Diktatur, deren wahre Ideologie ich noch nicht einmal kannte. Nur ihre Stellvertreter habe ich gesehen. Die Stellvertreter dieser unsichtbaren Macht sind weder Freund noch Wohltäter, sie sind kaltblütige Menschen, deren Rückgrat auch einst gebrochen werden musste, damit sie ihr Gewissen verlieren. Oft sind sie sogar in Nadelstreifen unterwegs und fangen streunende Existenzen auf ihrem verirrten Weg in die Freiheit ab, geben ihnen eine

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