Hasstament
trügerische Wärme, deren Quelle sie allerdings anfeuern und schüren wie und wann sie es möchten. Sie steuern so ein ganzes Heer von Verzweifelten und es bereitet ihnen Lust und Freude, ihre Macht an Hilflosen auszuspielen.
Heute weiß ich, diese Diktatur, die uns regiert, heißt Angst, und nur der, der sie beherrscht, ist unser Verführer und in der Lage dazu, uns dorthin zu steuern, wo er uns haben will. Er hinterfragt unsere Meinung, die nichts anderes ist als ein Schlüssel in unser Gewissen, und dann lenkt er uns in seine verhängnisvollen Richtungen, in seine Geschäfte, in seine Ketten und in seinen Bann, in seine Foren, auf denen wir uns in der Suche nach Geborgenheit so lange verlieren und verirren, bis wir so immer mehr vereinsamen und uns isolieren und die reale mit der virtuellen Welt gleichsetzen und eines Tages an unserer Sucht nach Unterhaltung und Anerkennung zugrunde gehen.
Wir werden so also bis an die Grenze unserer Verfügbarkeit getrieben, wir verschulden und verschreiben unser ganzes Kapital, unser individuelles Urteilsvermögen, die Kraft zur Freiheit und zum Widerstand den Prokuristen der Einfältigkeit, und erst an dem Tag, an dem es zur Abrechnung kommt, an dem wir uns dessen bewusst werden, worauf wir uns in diesem Wahnsinn eingelassen haben, merken wir, dass unser teuerstes Talent, nämlich die Treue zu uns selbst und die damit verbundene Empathie zu denen, die mit uns leiden, verloren gegangen ist für ein Ziel, das nichts anderes ist als die pure und dümmliche Gier nach Bestätigung.
Wenn wir also nun die Verantwortung, die wir einst abgegeben haben, zurückerlangen wollen, müssen wir das Konstrukt unserer Gegner von innen zerstören, vor allem müssen wir die Herrschaft über unsere Ängste zurückerlangen. Wir müssen misstrauischer werden und zugleich beweglicher im Geiste sein. Wir müssen Fragen stellen und nicht jede Antwort hinnehmen, die man uns gibt. Wir müssen die gemeinsamen Ziele vor die Ansprüche des Einzelnen stellen und den Wunsch des Einzelnen respektieren, ohne die Ziele des Gemeinsamen aus den Augen zu verlieren.
Dafür ist es nicht zu spät. Noch sind unsere Gedanken nicht ausreichend verseucht und unsere Sinne nicht vollends betäubt. Wenn wir uns befreien wollen von der Macht der quotierten Wahrheit, von dem Anspruch derer, die an ihren eigenen Anspruchslosigkeiten verzweifeln und deshalb ihr Leid auf andere übertragen, müssen wir uns wehren, indem wir uns verbinden und zu einer unberechenbaren Kraft heranwachsen, die im Hintergrund des Geschehens lauert, einer Instanz, die jederzeit dazu bereit ist zuzuschlagen, wenn es unsere Feinde nicht erwarten, weil sie sich in Sicherheit wähnen!
Es liegt vollkommen in unserer Macht, diese Kraft zu nutzen.
Wir brauchen dafür keine Häresie, keine blindwütige Gefolgsamkeit, keine Gewalt und keinen Kampf, sondern nur Aufmerksamkeit, Geduld, Ausdauer, festen Willen und die Überzeugung, dass es eines Tages eine Welt geben wird, in der die Menschen eines Besseren belehrt, abwägen, bevor sie handeln, in der sie nicht nur sich und ihrer eigenen Bedürfnisse gewahr sind, sondern auch die der anderen respektieren, nicht nur gegen Ungerechtigkeit kämpfen, die ihnen widerfährt, nicht nur für ihre eigene Freiheit eintreten, nicht nur solidarisch sind, weil sie Angst davor haben, dass andere nicht solidarisch mit ihnen sein könnten, sondern aus Selbstlosigkeit den Idealen von Menschlichkeit und Barmherzigkeit zur Seite stehen und sei es auch zu ihrem eigenen Schaden.
Lasst uns also für diese neue Welt kämpfen, in der wir das tun, was man nicht erwartet. In der wir über die lachen, die uns zum Lachen bringen wollen in der wir uns vor uns selbst bewahren, um den anderen in Schutz zu nehmen, und vor allem Freude daran haben, wie wir beobachten, dass die Grundfesten der Diktaturen und faschistoiden Systeme samt ihrer feigen Handlanger und Dienstleister ins Wanken geraten, wenn man ihnen die Gefolgschaft verweigert und seinen persönlichen Anspruch und Mut vor die unsichtbaren Befehle derer setzt, die aus uns nichts anderes machen wollen als ein Rädchen in einer Maschinerie, deren Kraft sich einzig und allein gegen sich selbst richtet und eines Tages, so hoffen wir, in den Abgrund ihrer verzweifelten Orientierungslosigkeit stürzen wird.«
SHN, Kapitel 35: To B or not to B
Serdar im Auto: »Mir ist mal aufgefallen, dass Frauen, wenn man mit ihnen Schluss macht oder gezwungen ist, sie zu verlassen, dazu neigen, den
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