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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ausreichend.
Wir benötigten einen Katalysatortelepathen. Oder anders ausgedrückt: Weiter konnte ich nicht gehen.
Rafes Versuche, das Feuer niederzuhalten, und unsere Experimente mit den Wassertropfen hatten das Feuer zum Qualmen gebracht. Marjorie begann zu husten. Jeder von uns hätte es wieder zum Lodern bringen können, doch ich begrüßte die Gelegenheit, mich aus dem Zimmer zu entfemen. Ich sagte: „Gehen wir in den Garten.”
Die Nachmittagssonne schien hell und brachte den Schnee zum Schmelzen. Die Pflanzen, die am Morgen erst ihre Spitzen aus dem Schnee gestreckt hatten, begannen bereits zu knospen. Ich fragte:
„Wird Kermiac wütend, wenn wir ein paar seiner Blumen nehmen?”
„Blumen? Nein, nimm, was du brauchst. Was hast du mit ihnen vor?”
„Blumen sind ein ideales Testmaterial”, antwortete ich. „Es ist gefährlich, mit den meisten lebenden Geweben zu experimentieren, aber mit Blumen kann man die Feinkontrolle sehr gut lernen, und sie leben nur kurze Zeit, so daß man nicht unnötig hart in die Natur eingreift. Zum Beispiel so.” Ich hielt die Matrix in der hohlen Hand und konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf eine vollentwickelte Blüte, die sich allerdings noch nicht geöffnet hatte, und übte den leichtesten mentalen Druck aus. Langsam entfaltete sich die Blüte und streckte die zarten Griffel aus, während ich den Atem anhielt.
Eines nach dem anderen entfalteten sich die Blätter, bis sie in voller Blüte vor uns stand. Marjorie holte leise, überrascht und aufgeregt Luft.
„Aber du hast sie nicht zerstört!”
„Irgendwie schon. Die Blüte ist nicht voll ausgereift und wird vielleicht niemals ausreifen, um befruchtet zu werden. Ich habe es nicht versucht. Eine Pflanze zum Reifen zu bringen, bedarf intensiver Kontrolle. Ich habe lediglich die Blütenblätter manipuliert.” Ich setzte mich mit Marjorie in Kontakt. Versuch es mit mir zusammen. Versuch zuerst, tief in die Zellstruktur hineinzusehen, um genau zu erkennen, wie jede Schicht der Blätter aussieht. Beim ersten Mal verlor sie die Kontrolle, und die Blütenblätter verschmolzen zu einer amorphen, farblosen Masse. Beim zweiten Mal gelang es ihr fast ebenso perfekt wie mir. Auch Thyra beherrschte den Trick schnell, ebenso Rafe nach einigen Versuchen. Beltran hatte Mühe, die erforderliche Feinkontrolle zu erlangen, doch es gelang ihm. Vielleicht würde er ein ordentlicher Psi-Monitor. Auch Nontelepathen schaffen dies manchmal ganz gut. Ich sah Thyra beim Wasserfäll stehen und auf ihre Matrix blicken. Ich redete sie nicht an, weil ich neugierig war, was sie ohne Hilfe zustande bringen würde. Es wurde schon spät - wir hatten einige Zeit bei den Blumen verbracht -, und die Dämmerung setzte ein. Hier und dort blitzten in der Stadt unter uns Lichter auf. Thyra stand so still, daß sie kaum zu atmen schien. Plötzlich schien der tosende, schäumende Wasserfall neben ihr in Reglosigkeit zu erstarren, wie mitten im Fall aufgehalten. Lediglich ein paar Tröpfchen fielen noch herab. Alles andere hing absolut reglos, gebannt, gefroren, als hätte die Zeit selbst die Bewegung eingestellt. Dann begann das Wasser zögernd bergan zu laufen.
Unter uns gingen, eines nach dem anderen, die Lichter von Caer Donn aus.
Rafe schnappte laut nach Luft. In der gespenstischen Stille brachte mich dieser leise Ton zurück in die Realität. Scharf sagte ich: „Thyra!” Sie zuckte zusammen. Die Konzentration brach ab, und mit einem Donnern stürzte der Wasserfall wieder in die Tiefe.
Thyra wandte sich mir mit wütendem Blick zu. Ich nahm sie bei der Schulter und zog sie vom Rand zurück, wo wir bei dem Tosen nichts hätten verstehen können.
„Wer hat dir erlaubt, dich einzumischen …!”
Ich versuchte, meine aufkeimende Wut zu beherrschen. Ich trug nun für alle die Verantwortung, und Thyras Gabe, mich in Wut zu bringen, war etwas, was ich unter Kontrolle bringen mußte. „Tut mir leid, Thyra. Hat man dir nie gesagt, daß dies gefährlich ist?”
„Gefahr! Immer nur Gefahren! Bist du ein solcher Feigling?”
Ich schüttelte den Kopf. „Ich stehe darüber, immer meinen Mut beweisen zu müssen, Kind.” Thyra war älter als ich, aber ich redete sie an wie ein mutwilliges, dickköpfiges Kind. „Es war eine erstaunliche Vorstellung, aber es gibt klügere Methoden, deine Fähigkeiten zu beweisen.” Ich machte eine Handbewegung. „Sieh doch, du hast ihnen die Lichter ausgelöscht. Die Reparaturkolonnen werden einige Zeit brauchen, bis sie die

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