Hasturs Erbe - 15
davon und ging zögernd um das Gebäude herum zur Rückseite. Regis folgte ihm und fand dort einen alten Brunnen, der gegen den Schnee abgedeckt war. Er hatte einen funktionierenden, wenn auch quietschenden Seilzug für den Eimer. Er tränkte das Pony, bediente sich selbst und schälte sich daraufhin zitternd aus den Kleidern. Er war für die strenge Disziplin auf Nevarsin dankbar, die es ihm nun ermöglichte, sich in dem eiskalten Brunnenwasser zu waschen. Seine Kleider rochen nach Schweiß und Erbrochenem. Er zog frische Sachen aus seinem Bündel. Zitternd, aber mit einem erheblich besseren Gefühl setzte er sich auf den Brunnenrand und kaute ein paar Trockenfrüchte. Ihm war kalt, und das Scheuneninnere schien noch seine Alpträume auszustrahlen und von den Stimmen zu hallen, die er im Delirium gehört hatte, wenn es ein Delirium gewesen war. Was sonst hätte es sein können?
Mit langsamen Bewegungen, bis er sicher war, daß sein Körper ihm wieder gehorchte, sattelte er das Pferd und suchte seine Sachen zusammen. Er war bestimmt schon in der Nähe der Ländereien der Herren von Aldaran, und er hatte keine Zeit zu verlieren.
Der Schnee hatte den Brandgeruch gedämpft, und er war froh darüber. Regis war erst eine oder zwei Stunden weit geritten, als er Pferde herannahen hörte. Er wich aus, um die Reiter vorbeizulassen, doch sie ritten geradewegs auf ihn zu, blockierten die Straße und fragten ihn nach Namen und Ziel.
Er sagte: „Ich bin Regis-Rafael Hastur, und ich befinde mich auf dem Weg nach Burg Aldaran.”
„Und ich”, sagte der dunkle Gebirgler mit spöttischer Stimme, die Regis sorgfältigen CastaAkzent nachzuahmen schien, „bin der terranische Legat von Port Chicago. Nun, wer immer du auch bist, du kommst nach Aldaran, und zwar schnell.”
Es war offensichtlich näher, als Regis gedacht hatte. Als sie den Gipfel des nächsten Berges erreichten, sah Regis die Burg und unterhalb davon die Stadt Caer Donn mit weißen terranischen Häusern.
Jetzt, da Aldaran direkt vor ihm lag, beschlich ihn wieder die alte Furcht. Niemand wußte, warum man Aldaran aus den Sieben Domänen ausgeschlossen hatte - oder man wußte es, und es war das bestgehütete Geheimnis Darkovers.
So schlecht konnten sie doch nicht sein, dachte Regis. Kennard hatte hier eingeheiratet. Und wenn sie einmal zu den Sieben Domänen gehört hatten, dann mußten sie zu den heiligen Stämmen von Hastur und Cassilda gehören. Und warum sollte ein Hastur Angst vor seinen Stammesbrüdern haben? Dies fragte er sich, während er durch die großen Tore ritt. Doch er hatte immer noch Angst.
Gebirgler in merkwürdig geschnittenen Lederumhängen nahmen die Pferde entgegen. Eine der Wachen führte Regis in eine Halle, wo er längere Zeit mit einem anderen Soldaten redete und schließlich sagte: „Wir bringen dich zu Lord Aldaran, aber wenn du nicht der bist, der du vorgibst zu sein, dann bereite dich besser darauf vor, den Rest des Tages im Kerker zu verbringen. Der alte Lord ist krank, und keiner von uns nimmt es gern auf sich, ihn mit einem Betrüger zu belästigen!”
Sie führten ihn durch lange steinerne Flure und Treppenhäuser und hielten schließlich vor einer großen Tür an. Man konnte von drinnen Stimmen hören, die eine leise und kaum vernehmbar, die andere grob, von einem alten Mann, der wütend protestierte: „Zandrus Hölle! Kirian in meinem Alter! Als wäre ich ein Schuljunge. Aber was du tust, ist gefährlich, wenn es derartige Nebeneffekte hat, und ich möchte mehr wissen, viel mehr, bevor ich euch weitermachen lasse!”
Die Wachen tauschten über Regis Kopf hinweg Blicke aus. Einer der beiden klopfte leise an, und jemand befahl ihnen hereinzukommen.
Es war ein großes Steinzimmer mit Bogendecke, das im eindringenden Licht grau wirkte. An der gegenüberliegenden Wand lag in einem erhöhten Bett, von vielen Kissen abgestützt, ein dünner alter Mann. Er starrte sie wütend und fragend an: „Was soll das? Was ist das denn schon wieder?”
„Ein Eindringling von der Grenze, Lord Aldaran, vielleicht ein Spion aus den Domänen.” „Aber das ist doch noch ein Junge”, sagte der Alte. „Komm her, Kind.” Die Wachen stießen Regis nach vorn, und die alten, habichtsscharfen Augen musterten ihn. Dann lächelte er ein sonderbar belustigtes Lächeln.
„Hmm! Nach Eurem Namen brauche ich nicht zu fragen. Wenn je ein Mann so aussah wie seine Sippe, dann Ihr! Ihr könntet Rafaels Sohn sein. Ich hatte gedacht, sein Erbe drücke noch die
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