Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
war weniger unangenehm. Nach einer Weile wühlte er aus seinem Bündel etwas Hafer für das Pferd. Der Weg war nun gut begehbar. Nicht weit entfernt mußte ein Dorf liegen. Doch die Stille war beunruhigend. Kein Hund war zu hören, kein Vogel oder anderes Tier. Es gab kein anderes Geräusch außer seinen eigenen Schritten und dem unregelmäßigen Rhythmus der Ponyhufe. Und hoch über ihm stöhnte der immerwährende Wind durch die kahlen, verdorrten Äste des toten Waldes. Die Einsamkeit war zu groß. Selbst ein Leibwächter wäre ihm Jetzt eine willkommene Begleitung gewesen, vielleicht auch zwei, die über die schlechten Wegmöglichkeiten plauderten. Er erinnerte sich, wie er mit Lew um Armida herumgeritten war, auf der Jagd oder um die Hüter der Pferdeherden im offenen Hochland zu besuchen. Plötzlich, als habe ihn dieser Gedanke wieder zu Sinnen gebracht, stand Lews Gesicht vor ihm, erhellt durch ein Schimmern - aber es war kein Feuerglanz! Es glühte, schimmerte in blauem Licht, verzerrte den Raum, fuhr ihm in die Eingeweide. Der Schimmer einer Matrix! Unter seinen Füßen wankte und drehte sich der Boden, doch einen Moment lang, auch als Regis die Zügel fallen ließ und die Hände vor die gequälten Augen schlug, sah er eine große Gestalt auf der Innenseite seiner Lider, direkt in seinem Gehim, Form annehmen.
… eine Frau, eine goldene Göttin, Flammenkleider, Flammenkrone, goldene Ketten, brennend, glühend, flammend, verzehrend…
Dann verlor er das Bewußtsein. Über seinem Kopf blickte das Bergpony vorsichtig umher und beschnupperte unruhig den bewußtlosen Jungen. Das Schnauben des Tieres weckte ihn einige Zeit später wieder auf. Der Himmel war dunkler geworden, und es schneite so heftig, daß eine Schneewolke von ihm abfiel, als er sich steifbeinig wieder erhob. Ein schwacher, ekelhafter Geruch bedeutete ihm, daß er sich in der Ohnmacht übergeben hatte. Was in Zandrus Hölle ist mit mir geschehen?
Er zog die Wasserflasche aus der Satteltasche und spülte sich den Mund aus. Ihm war allerdings immer noch zu übel, um die Flüssigkeit hinunterzuschlucken.
Es schneite so heftig, daß er sofort einen Unterschlupf finden mußte. Man hatte ihm in Nevarsin beigebracht, wie man an unwirtlichen Orten Schutz suchen konnte. Selbst ein dichtes Unterholz würde ausreichen, doch an einem Weg, der offenbar viel begangen wurde, gab es sicher Hütten. Er hatte recht. Ein paar hundert Schritte weiter bildete der Umriß einer großen Steinscheune ein schwarzes Quadrat in der wirbelnden Weiße. Die Mauern waren durch das Feuer, das darüber hinweggefegt war, geschwärzt. Einige Ziegel waren eingestürzt, doch jemand hatte die Tür grob mit Brettern repariert. Eis und Schneewehen vom letzten Sturm türmten sich am Eingang auf, doch er wußte, daß man in den Bergen die Türen in Erwartung solcher Notfälle gewöhnlich unverschlossen ließ. Nach einiger Mühe gelang es Regis, sich und das Pony durch die grobe, halbgeöffnete Tür hindurchzuzwängen, in düstere und stickige Finsternis hinein. Es war einmal eine Futterscheune gewesen. Ein paar verfaulte, von Mäusen angenagte Rüben lagen noch an einer Wand aufgehäuft. Es war bitterkalt, doch immerhin war er hier vor dem Wind geschützt. Regis sattelte das Pony ab, fütterte es und pflockte es locker in einer Ecke der Scheune an. Dann harkte er einiges von dem verschimmelten Futter zusammen, legte seine Decke darauf, kroch hinein und überließ sich wieder dem Schlaf.
Dieser lange Schlaf war eher wie eine Ohnmacht oder eine Art von Tiefschlaf als ein normaler Schlaf. Regis konnte nicht wissen, daß dies bei Telepathen die geistige und körperliche Reaktion auf Krisen war. Es schien ihm nur, daß er in endlosen Alpträumen Ewigkeiten lang umherwanderte - sicher aber einige Tage lang. Manchmal schien er seinen schmerzenden Körper abzustreifen und in grauer, formloser Gestalt zu wandeln. Er stieß hilflose Rufe aus und wußte, daß er keine Stimme hatte. Ein- oder zweimal wurde er beinahe wach und spürte, daß sein Gesicht naß war, wußte, daß er im Schlaf geweint hatte. Die Zeit versank. Er wandelte, nur vage ahnend, was es war, in Vergangenheit und Zukunft: Erst im Schlafsaal von Nevarsin, wo ihn die Erinnerung an Kälte, Einsamkeit und schmerzhafte Frustration wachrüttelte, ängstlich, ohne Freunde, dann am Feuer auf Armida, darauf zusammen mit Lew und einer unbekannten blonden Frau über das Bett eines offensichtlich sterbenden Kindes gebeugt, dann wiederum auf der

Weitere Kostenlose Bücher