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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Gesicht gesehen hatte in meinem letzten Jahr auf dem Arilinn. Sie hatte gewußt, daß ich sie liebte, sie begehrte. Es schmerzte, aber ich fühlte mich auch erleichtert. Marjorie sagte ruhig: „Ich verstehe, Lew. Geh schlafen, mein Liebling.” Sie wandte sich um und ging die lange Treppe hinauf. Und ich ging blind vor Schmerz fort.
Ich kam an der geschlossenen Tür vorbei, hinter der man Regis und Danilo untergebracht hatte. Ich wußte, ich sollte mit Regis reden. Er war krank und erschöpft. Doch mein eigenes Elend ließ mich vor dieser Aufgabe zurückweichen. Er hatte mir deutlich zu erkennen gegeben, daß er meine Sorgen nicht wollte. Er war wieder mit seinem Freund zusammen. Warum sollte ich die beiden stören? Er würde auch schon schlafen, hoffte ich, sich nach dieser entsetzlichen Reise allein durch die Hellers ausruhen.
Ich ging in mein Zimmer und warf mich, ohne mich auszukleiden, aufs Bett.
Irgend etwas lief falsch. Irgend etwas lief entsetzlich falsch.
Ich hatte eine derartige Unterbrechung einmal gespürt, eine Schlange aus Wut, Lust, Raserei und Zerstörung, die sich in uns allen erhob. So sollte es nicht sein. Es konnte nicht so sein! Normalerweise ließ die Arbeit mit der Matrix die Teilnehmer erschöpft, ausgelaugt, ohne jegliche Energien für heftige Gefühle zurück. Außerdem hatte ich mich bereits daran gewöhnt, daß für so etwas wie Sexualität nichts übrigblieb. So war es diesmal nicht. Zuerst war ich auf Thyra wütend gewesen, nicht erregt von ihr. Ich war wütend, als sie offensichtlich Marjorie verspottete, und dann plötzlich hatte mich mein Trieb so überwältigt, daß ich sie leicht nehmen, ihr die Kleider vom Leib reißen und sie vor dem Feuer hätte lieben können!
Und Marjorie. Eine Bewahrerin. Ich sollte nicht einmal fähig sein, so über sie zu denken. Und dennoch hatte ich es getan. Ich’ sehnte mich immer noch schmerzlich nach ihr. Weinte sie jetzt allein in ihrem Zimmer, weinte die Tränen, die sie aus Stolz vor mir verborgen hatte? Hätte ich es riskieren sollen? Verstand, Klugheit und lange Gewohnheit sagten mir: nein. Nein, ich hatte das einzig Richtige und Sichere getan.
Flüchtig blickte ich auf das eingehüllte Bündel mit der Matrix und spürte einen schwachen Impuls an den Nervenenden. Isoliert wie jetzt sollte sie ruhen. Verdammt, ich war auf dem Arilinn ausgebildet, und jeder Telepath im ersten Jahr lernt, wie man eine Matrix isoliert! Was ich isoliere, bleibt auch isoliert! Ich mußte träumen, Halluzinationen haben. Ich brauchte meine Nerven, und nun lagen sie bloß und waren hypersensitiv!
Dieses verdammte Ding war für alle unsere Probleme verantwortlich. Ich hätte die Matrix am liebsten aus dem Fenster geschleudert oder sie mit einer terranischen Rakete ins All hinausgeschickt und sie ihr Unheil im kosmischen Staub oder anderswo ausbreiten lassen. Ich wünschte von Herzen, Beltran und die Sharra-Matrix und Kadarin und die alte Desideria mit ihrem Schmiedevolk würden zusammen in einer ihrer eigenen Schmiedeessen geröstet. Ich war immer noch von Beltrans Traum überzeugt, doch zwischen uns und der Verwirklichung dieses Traums stand diese alptraumartige Heimsuchung von Sharra. Ich wußte, wußte in meinem tiefsten Inneren, daß ich sie nicht kontrollieren konnte, daß Marjorie sie nicht kontrollieren konnte und daß kein menschliches Wesen es jemals können würde. Wir hatten nur die Oberfläche dieser Matrix angerührt. Wenn man sie gänzlich erweckte, könnte man sie vielleicht nie wieder unter Kontrolle bringen - und morgen würde ich Beltran dies mitteilen.
Mit diesem jetzt gefaßten Entschluß fiel ich in einen unruhigen Schlaf.
Eine lange Zeit wanderte ich in wirren Alpträumen durch die Flure von Schloß Comyn. Wann immer ich jemanden traf, war dessen Gesicht verschleiert oder in Verachtung oder Ablehnung abgewandt. Javanne Hastur, die sich auf einem Kinderfest geweigert hatte, mit mir zu tanzen. Der alte Domenic di Asturien mit hochgezogenen Brauen. Mein Vater, der mir über einen tiefen Abgrund hinweg die Hand reichte. Callina Aillard, die sich abwandte und mich allein auf einem regenfeuchten Balkon stehenließ. Es schien, als wandere ich stundenlang durch diese Hallen, und kein einziges menschliches Gesicht wandte sich mir besorgt oder mitleidig zu.
Und dann veränderte sich der Traum. Ich stand auf dem Balkon des Arilinn-Turms, sah den Sonnenaufgang, und Janna Lindir stand neben mir. Ich war wieder dort, wo ich glücklich gewesen war, wo man mich

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