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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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das leise Muhen einer Viehherde hören, und als wir absaßen, sahen wir eine der Frauen barfuß durch den Schnee kommen. Das Haar hing ihr lang und zerzaust um das Gesicht. Sie trug einen zerfetzten Lederrock. Marjorie dagegen wirkte zufrieden.
„Wir haben Glück, Lew. Ihre Mutter war eine Frau vom Stamm meiner Mutter.” Leise rief sie: „Mhari!”
Die Frau drehte sich um. Ihr Gesicht hellte sich auf. „Domny Marguerida!” Sie sprach einen uralten Dialekt, dem ich nicht folgen konnte. Marjorie antwortete ihr leise in der gleichen Sprache. Mhari grinste breit und führte uns in die Hütte.
Den Großteil des Innenraums nahmen ein paar schmutzige Strohsäcke ein, auf denen eine ältere Frau mit einem halben Dutzend kleiner Kinder und ein paar jungen Hunden lag. Das einzige Möbelstück war eine Holzbank. Mhari bedeutete uns, uns dort hinzusetzen und gab uns jedem eine Schüssel mit heißem, grobem Nußbrei. Marjorie brach auf der Bank fast zusammen. Mhari zog ihr die Stiefel aus.
„Was hat sie zu dir gesagt, Marjorie? Was hast du ihr erzählt?”
„Die Wahrheit. Daß Kermiac tot ist, er mich auf dem Totenbett dir versprochen hat und du dich mit Beltran zerstritten hast, so daß wir in die Ebene hinabgehen, um zu heiraten. Sie hat versprochen, weder sie noch ihre Freundin, noch die Kinder hier werden ein Wort davon weitertragen, daß wir hier waren.” Marjorie nahm noch einen Löffel von ihrem Brei. Sie war fast zu erschöpft, ihn zum Mund zu führen. Ich war froh, das Mahl herunterzubekommen, mein Schwert und die Stiefel abstreifen und mich später, als das Bündel aus Kindern und Hunden die Matratze verlassen hatten, in meinen Kleidern neben Marjorie hinlegen zu können.
„Sie hätten schon vor Tagen hinabgehen sollen”, sagte Marjorie-, „aber Cailleans Mann ist nicht gekommen. Sie sagt, sie sind den ganzen Tag bei den Tieren draußen, und wir können ruhig hier schlafen.” Und wirklich war binnen kurzem die schreiende Kinder und Hundemeute mit dem restlichen Brei abgefüttert und nach draußen gescheucht worden. Ich zog Marjorie in meinen Arm und merkte, daß sie trotz des Lärms von den Kindern und Hunden bereits tief und fest eingeschlafen war. Das Stroh roch nach Hunden und Schmutz, doch ich war zu müde, um noch wählerisch zu sein. Mit Marjorie im Arm schlief ich ein. Das nächste, was ich wußte, war, daß es Abend geworden und der Raum wieder voller Leben war. Wir standen auf und aßen jeder eine große Schüssel mit heißer Gemüsesuppe, die den ganzen Tag auf dem Feuer vor sich hingekocht hatte. Dann war es Zeit, die Stiefel anzuziehen und zu gehen. Die Frauen hatten von ihrem günstigen Punkt hoch oben auf dem Hügel keine Reiter gesehen, so daß wir wohl nicht verfolgt wurden. Marjorie küßte Mhari und das kleinste der Kinder und warnte mich, ihnen ja kein Geld anzubieten. Mhari und ihre Freundin bestanden darauf, daß wir noch einen Beutel Nüsse und ein oder zwei Laibe des hartkrustigen Brotes mitnahmen, und meinten, sie hätten ohnehin zuviel Gepäck für die Tiere auf ihrem Weg ins Tal hinab. Ich glaubte ihnen kein Wort, doch wir konnten es nicht ablehnen. Die nächsten zwei oder drei Nächte waren ähnlich dieser ersten. Wir hatten Glück mit dem Wetter, und es gab kein Zeichen einer Verfolgung. Wir schliefen am Tage in Hirtenhütten verborgen, doch sie waren alle verlassen. Wir hatten genug zu essen, wenn wir auch fast immer froren. Marjorie beklagte sich nicht ein einziges Mal, doch war ich in schrecklicher Sorge um sie. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß jemals zuvor eine Frau eine solche Reise überstanden hatte. Als ich Marjorie dies sagte, lachte sie nur.
„Ich bin keine verzärtelte Dame aus dem Tal, Lew, ich bin an rauhes Wetter gewöhnt und kann alles tun, wenn ich muß, selbst mitten im Winter reisen. Thyra wäre natürlich noch eine bessere Gefährtin. Sie ist an lange Reisen mit Bob gewöhnt, ob im Winter oder Sommer…” Sie verstummte und wandte rasch das Gesicht ab. Auch ich blieb stumm. Ich wußte, wie nahe sie ihrer Schwester gestanden hatte und wie sie diesen Abschied empfand. Es war das erste Mal, daß sie über ihr Leben auf Burg Aldaran gesprochen hatte. Es war auch das letzte Mal. Am vierten oder fünften Morgen mußten wir bis weit in den Vormittag reisen, um Unterschlupf zu finden. Wir befanden uns nun im wildesten Teil des Gebirges, und aus den Straßen waren einfache Pfade geworden. Marjorie war vor Erschöpfung zusammengesackt. Ich hatte mich schon fast

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