Hasturs Erbe - 15
kein Kadett mehr!
5
Als Regis mit den Kadetten auf die Kaserne zuging, nahm er ihr Geschnatter und ihre Spiele kaum wahr. Er hätte Lew Alton kaltblütig ermorden können.
Dann kehrte langsam seine Fairneß zurück. Jeder dort hatte offensichtlich gewußt, was geschehen würde, daher war es augenscheinlich auch etwas, was immer wieder einmal geschah. Er war einfach derjenige gewesen, der in das Fettnäpfchen getreten war. Es hätte auch jeder andere sein können.
Plötzlich fühlte er sich besser. Zum ersten Mal in seinem Leben wurde er ebenso behandelt wie jeder andere auch. Keine Ehrfurcht. Keine Sonderbehandlung. Er atmete auf und begann zu lauschen, was die anderen sagten.
„Wo, zum Teufel, bist du großgeworden, Kadett, daß du nicht auf deinen Namen antwortest?” „Ich bin in Nevarsin erzogen worden”, sagte Regis, was noch mehr Spott und Lachen hervorrief.
„He, wir haben einen Mönch unter uns! Hast du gerade gebetet, als man dich aufrief?” „Nein, es war die Stunde des Großen Schweigens, und die Glocke zum Sprechen war noch nicht ertönt!”
Regis hörte ihnen mit freundlichem, etwas dummem Lächeln zu, was das beste war, was er überhaupt tun konnte. Ein Kadett des dritten Jahres, der sehr überlegen und makellos in seiner grünschwarzen Uniform aussah, führte sie in die Baracke am anderen Ende des Hofes. „Die ersten Jahrgänge bitte hierher!”
„He”, sagte einer. „Was geschah dem Kommandeur?”
Der Junioroffizier sagte: „Wasch dir nächstes Mal die Ohren. Er hat sich bei einem Sturz ein paar Knochen gebrochen. Wir alle haben es gehört!”
Jemand sagte, vorsichtigerweise nicht so laut, daß der Offizier es hören konnte: „Werden wir die ganze Saison mit diesem Bastard zu tun haben?”
„Halt den Mund”, sagte Julian MacAran. „Montray-Alton ist nicht der schlechteste. Er hat ein ganz schönes Temperament, wenn man ihn angreift, aber das ist nichts gegen den alten Herrn, wenn er wütend ist. Es könnte jedenfalls schlimmer sein”, fügte er noch mit einem vorsichtigen Blick auf den Offizier, der im Moment außer Hörweite war, hinzu. „Lew ist fair, und ihm rutscht auch nicht die Hand aus, und das kann man nicht von jedermann behaupten.” Danilo fragte: „Wer wird denn nun Kadettenmeister? Di Astu-rien ist doch schon seit Jahren nicht mehr aktiv. Er hat schon unter meinem Großvater gedient!”
Damon MacAnndra sagte mit einem vorsichtigen Blick zu dem Offizier: „Ich habe gehört, es wird dieser, du weißt schon, Kapitän Ardais.”
Julian meinte: „Ich hoffe, das ist ein Scherz. Gestern abend war ich in der Waffenkammer und…” Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. Regis war zu weit entfernt, doch die Jungen um ihn her reagierten mit nervösem, schrillem Gekicher. Damon sagte: „Das ist doch gar nichts. Hört mal, habt ihr von meinem Vetter Octavien Vallonde gehört? Letztes Jahr…”
„Hör auf”, sagte ein fremder Kadett, gerade laut genug, damit Regis es hören konnte. „Du weißt, was mit ihm passiert ist, weil er über einen Comyn-Erben getratscht hat. Hast du vergessen, daß wir jetzt auch einen in der Baracke haben?”
Abrupt trat Stille zwischen den Kadetten ein. Sie trennten sich und begannen, durch den Raum zu gehen. Auf Regis wirkte dies wie ein Schlag ins Gesicht. In der einen Minute lachten und scherzten sie und bezogen ihn in ihre Spaße ein, in der nächsten war er der Außenseiter, eine Bedrohung. Es war noch schlimmer, weil er den Verlauf des Gesprächs nicht richtig mitbekommen hatte.
Er ging auf Danilo zu, der ihm wenigstens etwas vertraut war, „Was geschieht nun?” „Ich denke, wir warten auf jemanden, der es uns sagt. Ich wollte nicht Aufmerksamkeit erregen und Euch Probleme bereiten, Lord Regis.”
„Du auch, Dani?” Das formelle Lord Regis schien wie ein Symbol der Distanz zu sein, die man ihm gegenüber hielt. Ihm gelang ein Lachen. „Hast du nicht gerade gehört, wie mich Lew Alton nachdrücklich erinnert hat, daß mich hier niemand so nennen würde?” Dani schenkte ihm ein schnelles, spontanes Lächeln. „Stimmt.” Er blickte sich in der Baracke um. Es war ein kahler, kalter, trostloser Raum. In zwei Reihen standen entlang den Wänden ein Dutzend harter, schmaler Pritschen. Alle außer einer waren mit Sachen belegt. Danilo wies auf die unbesetzte Pritsche hin und sagte: „Die meisten von uns waren gestern abend schon hier und haben sich Betten ausgesucht. Ich denke, das da wird deines sein. Es steht übrigens neben
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