Hasturs Erbe - 15
Kennards Stiefel abzuwischen. Wenn du noch einmal etwas gegen ihn sagst…” „Nun, es scheint, wir haben hier ein ganzes Mönchskloster beisammen”, sagte Julian und stimmte in das Lachen ein. „Rezitierst du das Gelöbnis der Keuschheit, wenn du in die Schlacht reitest, Dani?”
„Es würde keinem eurer schmutzigen Mäuler schaden, wenn ihr mal etwas Anständiges von euch geben würdet”, sagte Dani, wandte ihnen den Rücken zu und vertiefte sich in das Waffenhandbuch.
Auch Regis war schockiert durch ihre Anschuldigungen und ihre Sprache. Aber er merkte, daß er nicht erwarten konnte, daß sich normale junge Männer wie Novizen verhielten und redeten, und er wußte auch, daß sein Leben bald für ihn unerträglich würde, wenn er irgendein Zeichen der Verachtung von sich gab. Er hielt also den Mund. Diese Dinge waren hier wohl so sehr an der Tagesordnung, um als Scherz gelten zu können.
Und dennoch hatte es in der terranischen Enklave einen Mord und beinahe einen Aufstand verursacht. Konnten erwachsene Männer derlei wirklich so ernst nehmen, daß sie einen Mord begingen? Terraner vielleicht. Sie mußten sehr merkwürdige Gebräuche haben, wenn sie noch rigoroser als die Cristoforos waren.
Plötzlich fiel ihm wieder ein - wie etwas, das vor Jahren geschehen war -, wie er heute morgen neben dem jungen Lawton in der terranischen Zone gestanden und das Raumschiff beobachtet hatte, das sich von dem Planeten löste und auf den Weg zu den Sternen begab. Er fragte sich, ob Dan Lawton wußte, an welchem Ende man ein Schwert anzufassen hatte und ob ihm das wichtig erschien. Er verspürte ein merkwürdiges Gefühl, als pendele er rasch und schmerzhaft zwischen zwei Welten hin und her.
Drei Jahre. Drei Jahre, um Schwertkampf zu üben, während nur einen Bogenschuß entfernt die terranischen Raumschiffe kamen und gingen.
War es dieses Bewußtsein, das sein Großvater Tag und Nacht mit sich herumschleppte, eine stetige Erinnerung, daß hier zwei Welten Schulter an Schulter standen, die eine völlig entgegengesetzte Geschichte sowie völlig entgegengesetzte Gewohnheiten, Sitten und Moralauffassungen hatten? Wie konnte Hastur mit einem solchen Kontrast leben? Der Tag nahm seinen Lauf. Man schickte nach ihm und nahm penibel Maß für seine Uniform. Als die Sonne hoch am Himmel stand, kam ein Junioroffizier und zeigte ihnen den Weg zur Messe, wo die Kadetten an abgesonderten Tischen aßen. Das Essen war grob und einfach, aber Regis hatte in Nevarsin schlechteres gegessen, und er langte tüchtig zu, wenn auch einige der Kadetten laut über die Speisen murrten.
„Es ist nicht so schlecht”, sagte er leise zu Danilo, und die Augen des Jüngeren funkelten schalkhaft. „Vielleicht wollen sie herausfinden, ob wir wissen, daß sie an etwas Besseres gewöhnt sind. Selbst wenn wir es nicht sind.”
Regis sah Danilos auf dem Rücken geflicktes Hemd an und erinnerte sich, wie verzweifelt arm die Familie des Jungen sein mußte. Doch sie hatte ihm die gute Erziehung in Nevarsin zukommen lassen. „Ich dachte, du würdest Mönch werden, Dani.”
„Das konnte ich nicht”, sagte Dani. „Ich bin nur der einzige Sohn meines Vaters, und es wäre ungesetzlich. Mein Halbbruder wurde vor fünfzehn Jahren getötet, bevor ich geboren wurde.” Als sie die Messe verließen, fügte er hinzu: „Vater hat mir Lesen und Schreiben und Rechnen beigebracht, so daß ich eines Tages das Anwesen verwalten kann. Er wird langsam zu alt, um Syrtis allein zu bewirtschaften. Er wollte nicht, daß ich in der Wache diene, aber als Lord Alton das freundliche Angebot machte, konnte er es nicht ablehnen. Ich hasse es, wenn sie über ihn klatschen”, sagte er heftig. „Er ist nicht so, wie sie sagen! Er ist gut und freundlich und anständig.”
„Ich bin sicher, er würde es überhören”, sagte Regis. „Ich habe ja auch in seinem Haus gewohnt, du weißt es. Und eines seiner Lieblingssprichwörter war: Wenn man zu sehr auf das Bellen der Hunde hört, wird man taub, ohne etwas zu lernen. Sind die Syrtis-Leute in der Alton-Domäne, Danilo?”
„Nein, wir waren immer den Hasturs unterstellt. Mein Vater war bei deinem Vater Falkner und mein Halbbruder sein Waffenbruder.”
Und Regis fiel etwas wieder ein, eine alte Geschichte, die er immer schon gekannt hatte, die Teil seiner Kindheit gewesen war, doch die er nie mit lebenden Menschen in Verbindung gebracht hatte. Er sagte aufgeregt: „Dani! Dein Bruder… hieß er Rafael-Felix Syrtis von Syrtis?”
„Ja, das
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