Hasturs Erbe - 15
Kadett des zweiten Jahrgangs mit umfangreichen Listen in der Hand, ein anderer Offizier, der an einem Tisch etwas schrieb und Dyan Ardais hinter einem alten, wurmstichigen Sekretär. Da der Nachmittag sehr warm geworden war, stand sein Kragen offen, und sein drahtiges, dunkles Haar klebte verschwitzt auf der Stirn, und Regis meinte, daß Dyan mit einem schnellen, feindseligen Blick alles an ihm erkannt hatte, was er wissen wollte.
„Kadett Hastur. Alles in Ordnung?”
„Jawohl, Lord Dyan.”
„In der Wachhalle einfach Kapitän Ardais, Regis.” Dyan blickte wieder an ihm herab, mit einem langsamen, abschätzenden Blick, unter dem sich Regis unbehaglich fühlte. „Immerhin haben sie dir in Nevarsin beigebracht geradezustehen. Du solltest dir einmal ansehen, wie einige der Burschen sich halten!” Er betrachtete eingehend ein Blatt auf seinem Schreibtisch. „Regis-Rafael Felix Alar Hastur-Elhalyn. Bist du mit Regis-Rafael einverstanden?” „Einfach Regis, Sir.”
„Wie du willst. Wenn es auch schade ist, wenn der Name Rafael Hastur verlorengeht. Es ist ein ehrenwerter Name.”
Verdammt, dachte Regis, ich weiß, daß ich nicht mein Vater bin! Er wußte, daß es kurz angebunden und fast unhöflich klang, als er sagte: „Der Sohn meiner Schwester heißt Rafael, Kapitän. Ich möchte lieber nicht den Ruhm meines Vaters teilen, bevor ich es verdiene.” „Ein bewundernswertes Ziel”, sagte Dyan langsam. „Ich glaube, jeder möchte einen eigenen Namen haben, anstatt sich auf der Vergangenheit auszuruhen. Ich kann das verstehen, Regis.” Nach einem Augenblick mit einem merkwürdig impulsiven Lächeln sagte er: „Es muß angenehm sein, einen ruhmreichen Vater zu haben, der seinen Moment des Ruhms nicht überlebt hat. Du weißt wahrscheinlich, daß mein Vater seit zwanzig Jahren wahnsinnig ist und nicht einmal Verstand genug hat, das Gesicht seines eigenen Sohnes zu erkennen?” Regis hatte lediglich Gerüchte über den alten Kyril Ardais gehört, den kaum jemand jemals außerhalb von Burg Ardais gesehen hatte, so daß die meisten Menschen der Domäne seine Existenz seit langem vergessen hatten, ebenso, daß Dyan nicht Lord Ardais war, sondern nur Lord Dyan. Abrupt sprach Dyan mit völlig veränderter Stimme weiter.
„Wie groß bist du?’
„Eins achtundsiebzig.”
Belustigt und fragend zog er die Augenbrauen hoch: „So groß? Ja, ich glaube, es ist soviel. Trinkst du?”
„Nur beim Essen, Sir.”
„Nun, dann fang’s auch nicht an. Es gibt schon zu viele jugendliche Trinker. Kommst du betrunken zum Dienst, wirst du ohne Kommentar rausgeworfen. Man akzeptiert keinerlei Erklärung oder Entschuldigung. Es ist ebenfalls verboten zu spielen. Ich meine natürlich nicht das Wetten um Pfennige, wetten bei Kartenspielen oder beim Würfeln, aber das Spielen um erhebliche Summen ist verboten. Hat man dir das Waffenbuch gegeben? Gut. Lies es heute abend. Ab übermorgen bist du für alles verantwortlich, was darin steht. Noch etwas. Duelle sind absolut verboten, und wenn du dein Schwert oder ein Messer gegen einen anderen Wachsoldaten ziehst, bedeutet es dein Ende. Also beherrsche dich, was immer auch passiert. Du bist nicht verheiratet, vermute ich. Oder bist du schon jemand versprochen?” „Nicht daß ich wüßte, Sir.”
Dyan stieß einen merkwürdig spöttischen Ton aus. „Nun, genieße es. Vermutlich wird dich dein Großvater verheiratet haben, noch ehe das Jahr um ist. Laß mich mal sehen. Was du in deiner Freizeit machst, ist deine Sache, aber sieh zu, daß man nicht über dich redet. Es gibt eine Regel über die Verursachung skandalösen Geredes durch skandalöses Betragen. Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, daß von einem Erben einer Domäne erwartet wird, daß er ein Beispiel setzt, oder?”
„Nein, Kapitän, das brauchen Sie mir nicht zu sagen.” Man hatte es Regis sein ganzes Leben lang unter die Nase gerieben und Dyan vermutlich ebenfalls.
Dyan sah ihn wieder an, amüsiert und mitleidig. „Es ist unfair, Vetter, nicht wahr? Man erlaubt einem nicht, ein Comyn-Privileg für sich in Anspruch zu nehmen, erwartet aber immer, daß man ein Beispiel dessen gibt, was man ist.” Mit einem erneuten raschen Wechsel der Tonlage war er wieder der distanzierte Offizier. „Bleibe in jedem Fall bei deinen… Vergnügungen der terranischen Enklave fern.”
Regis dachte an den jungen terranischen Offizier, der ihm angeboten hatte, ihm mehr von dem Raumhafen zu zeigen, wenn er wollte. „Ist es generell verboten, den
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