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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Ballsaal, umgeben von Damen in bunten Kleidern, gelangweilten Edelmännern und Stadtleuten.
Doch selbst die eleganten Damen und Edlen verstummten und waren durch den strengen Ernst jenes alten Tanzes beeindruckt. Und - das mußte ich zugestehen - durch Dyans Vorstellung. Denn zum ersten Mal sah er ernst und beherrscht aus, legte nicht diese schnippische und zynische Haltung an den Tag, die ich so sehr verachtete. Er war vollständig auf die alten Schritte konzentriert, die sich kompliziert und vorsichtig ineinander verwoben. Der Tanz trägt eine stolze, fast tigerhafte Maskulinität zur Schau, und Dyan verlieh ihm gezügelte Leidenschaft. Als er im letzten Bild die Schwerter aufhob und sie gekreuzt über dem Kopf hielt, hörte man keinen Laut in dem Ballsaal. Weil ich gegen meinen Willen beeindruckt war, versuchte ich absichtlich, den Bann zu brechen.
Laut sagte ich zu Danilo: „Ich frage mich, für wen er es dieses Mal vorführt. Schade, daß Dyan keine Frauen mag. Hiernach würde er sich ihrer sonst mit einer Mistgabel erwehren müssen.”
Ich merkte, daß ich jede Frau - oder auch jeden Mann - bemitleidete, die oder der es sich gestattete, sich von Dyan bezaubern zu lassen. Um seiner selbst willen hoffte ich für Dani, daß er nicht dazugehörte. Es ist nur zu natürlich für Jungen seines Alters, sich von einem derart starken Charakter betören zu lassen, und ein Kadettenmeister ist das natürliche Objekt für eine solche romantische Identifikation. Wenn der Ältere ein ehrenwerter und freundlicher Mann ist, schadet es nichts und vergeht nach kurzer Zeit wieder. Ich habe diese kindliche Art von Zuneigung lange hinter mir gelassen, und wenn ich auch ein- oder zweimal der Geschätzte gewesen bin, sorgte ich doch dafür, daß es über ein gegenseitiges Anlächeln niemals hinausging.
Nun, ich war nicht Danilos Vormund, und mir war bedeutet worden, daß sich Dyan außerhalb meiner Kritik befand. Außerdem hatte ich genug eigene Sorgen.
Dyan ging auf das Büffet zu. Ich sah, wie er auf ein Glas Wein stehenblieb und mit aufgesetzter Freundlichkeit mit einer der Wachen redete. Kurz blickten wir uns an. Mit dem Entschluß, daß, sollte es Unhöflichkeiten zwischen den Comyn geben, ich nicht der Auslöser sein wollte, gab ich einen höflichen Kommentar zu seinem Tanz ab. Er antwortete mit ebenso bedeutungsloser Höflichkeit, und seine Augen wanderten an mir vorbei. Ich fragte mich, nach wem er Ausschau hielt, und empfing - meine Barrieren standen wohl niedrig - eine Welle heftiger Wut. Vielleicht wird dieser querköpfge Bastard sich von heute abend an um seine eigenen Angelegenheiten kümmern und weniger Zeit haben, sich um meine zu sorgen.
    Ich machte eine Verbeugung, die so knapp wie nur möglich ausfiel, und machte mich auf den Weg zu dem Tanz, den ich Linnell versprochen hatte. Die Tanzfläche füllte sich rasch. Ich ergriff Linnells Fingerspitzen und führte sie hinab.
Linnell ist ein hübsches Kind mit weichem, bronzebraunem Haar und blauen Augen, die von langen, dunklen Wimpern eingerahmt sind, daß sie beinahe unwirklich erscheinen. Sie war, dachte ich, viel hübscher als ihre Verwandte Callina, die gestern im Rat so ernst und streng ausgesehen hatte.
Die Aillard-Domäne ist die einzige, in der sich das Laran und das Recht auf den Sitz im Rat nicht in der männlichen Linie vererben;
Männern ist die volle Teilnahme am Rat verwehrt. Die letzte Comynara in direkter Linie war Cleidori gewesen, die letzte Bewahrerin, die vollständig in der alten, klösterlichen, jungfräulichen Zucht aufgewachsen war. Als sie noch sehr jung war, hatte sie den Turm verlassen und gegen den alten Aberglauben rebelliert, der die Matrixzirkel umgab, besonders gegen die Bewahrerinnen, und hatte in Verachtung aller Tradition und Glauben einen Mann genommen und ein Kind bekommen, während sie die Kräfte, die zu beherrschen man ihr beigebracht hatte, weiterhin einsetzte. Sie wurde auf schreckliche Weise von Fanatikern umgebracht, die glaubten, die Jungfräulichkeit der Bewahrerin sei wichtiger als ihre Kräfte. Doch sie hatte eine Bresche geschlagen, den Aberglauben bekämpft und einen neuen wissenschaftlichen Zugang zu dem bewirkt, das man heute als Matrixtechnik bezeichnet. Jahrelang wurde ihr Name mit Renegatentum gleichgesetzt. Doch heute wurde ihre Erinnerung von jedem Psi-Techniker auf Darkover gepflegt.
Aber sie hatte keine Töchter hinterlassen. Die alte Aillard-Linie war damit ausgestorben, und Callina Lindir-Aillard, eine entfernte

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