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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Verwandte meines Vaters und des männlichen Oberhauptes der Aillard-Linie, wurde als nächste weibliche Nachfolgerin zur Comynara gewählt. Linnell war als Pflegekind zu meinem Vater nach Armida gekommen und als meine Schwester erzogen.
Linnell war eine ausgezeichnete Tänzerin, und es machte mir Freude, mit ihr zu tanzen. Ich interessiere mich nicht für weibliche Künste, doch Linnell hatte mir die Feinheiten dieser Dinge beigebracht, so daß ich ihr Kleid und ihren Schmuck höflich bewunderte. Als der Tanz zu Ende war, führte ich Linnell an den Rand der Tanzfläche und fragte sie, ob sie an meiner Stelle Callina auffordern würde. Auch Callina war nach dem Brauch der Comyn für unverheiratete Frauen verpflichtet, nur mit Verwandten zu tanzen, von Maskenbällen mal abgesehen.
„Ich weiß nicht, ob Callina gern tanzt”, sagte Linnell. „Sie ist sehr schüchtern. Aber du solltest sie fragen. Ich bin sicher, sie sagt es, wenn sie lieber nicht will. Oh, da ist Javanne Hastur! Jedes Mal, wenn ich sie in den letzten neun Jahren gesehen habe, schien sie schwanger zu sein. Aber sie ist sehr hübsch, findest du nicht?”
Javanne tanzte mit Gabriel. Ihre Wangen leuchteten, und sie sah aus, als ob es ihr Freude mache. Ich glaube, jede junge Mutter freut sich, nach vier aufeinanderfolgenden Schwangerschaften wieder in Gesellschaft zu sein. Javanne war sehr groß und schlank, ein dunkelhaariges Mädchen in einem grüngoldenen Kleid. Ich fand sie nicht sehr hübsch, doch sie sah ohne Zweifel gut aus.
Ich geleitete Linnell zu Callina, doch bevor ich mit ihr reden konnte, sprach mich mein Vater an.
„Komm bitte mit, Lew”, sagte er in einem Ton, den ich zu respektieren gelernt hatte, denn wie höflich es auch klingen mochte, so war es doch ein Befehl. „Du solltest Javanne deinen Respekt erweisen.”
Ich starrte ihn an. Javanne? Sie hatte mich nie gemocht, schon damals nicht, als wir zusammen zu den Kinderfesten gingen. Einmal wurden wir beide unbarmherzig geschlagen, weil wir uns getreten und gekratzt hatten, als wir sieben Jahre alt waren, und später, ungefähr mit elf, hatte sie es grob abgelehnt, mit mir zu tanzen, und gesagt, ich träte ihr auf die Füße. Das habe ich wahrscheinlich auch getan, doch ich war bereits als Telepath gut genug, um zu erkennen, daß dies nicht der eigentliche Grund war. „Vater”, sagte ich geduldig, „ich bin ziemlich sicher, Lady Javanne kann auch ohne Komplimente von mir auskommen.” Hatte er den Verstand verloren?
Javanne stand in einem Kreis jüngerer Frauen und nippte an einem Glas Wein. Die Stimme meines Vaters klang bestimmter als gewöhnlich, als er mich vorstellte.
„Ich wünsche Euch ein fröhliches Fest, Vetter”, sagte sie mit einer höflichen Verbeugung. Nun, Gabriel und ich waren recht gut miteinander befreundet, und vielleicht hatte sie von ihrem Mann und ihrem Bruder erfahren, daß ich doch nicht so schlimm war. Zumindest redete sie zum ersten Mal mit mir wie mit einem menschlichen Wesen. Sie wandte sich einem der jüngeren Mädchen in ihrem Kreis zu. „Ich möchte dir eine deiner Verwandten vorstellen, Lew, Linnea Storn-Lanart.”
Linnea Storn-Lanart war sehr jung, gewiß nicht älter als Linnell, mit rötlichem Haar, das in weichen Locken um ein herzförmiges Gesicht fiel. Die Storns waren aus altem Bergadel in der Nähe von Aldaran, die sich vor Jahren mit den Lanarts und Leyniers verschwägert hatten. Was tat ein so junges Mädchen allein in Thendara?
Linnea schien zwar recht scheu zu sein, doch hob sie den Blick mit offener Neugier zu mir empor. Mädchen aus den Bergen, hatte mein Vater mir erzählt, pflegten nicht den übertriebenen Brauch der Ebene, wo ein direkter Blick ins Gesicht eines Fremden unmoralisch ist; daher betrachtet man in den Domänen diese Mädchen als zu herausfordernd. Sie sah mich einen Augenblick direkt an, lächelte, fing dann Javannes Blick auf, errötete tief und sah rasch hinab auf ihre Schuhspitzen. Ich vermute, Javanne hatte ihr ein paar Lektionen für anständiges Benehmen in den Domänen erteilt, und sie wollte nicht, daß man sie für eine Landpomeranze hielt.
Ich wußte nicht, was ich zu ihr sagen konnte. Sie war meine Verwandte oder wurde mir zumindest so vorgestellt, wenn auch die Verwandtschaft keine enge sein konnte. Vielleicht war es das Javanne wollte hier tanzen und sich nicht um jüngere Verwandte kümmern, die noch nicht mit Fremden tanzen durften. Ich sagte:
„Würdet Ihr mir die Ehre geben, mit Euch tanzen zu dürfen,

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