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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Formalitäten. Das kann ich verstehen. Wir haben deinen Vater sehr jung an eine Frau verheiratet, die der Rat für geeignet hielt, und man hat mir gesagt, sie hätten über Jahre hinweg in völliger Harmonie, aber totaler Gleichgültigkeit miteinander gelebt. Aber ich will auch nicht warten, bis du dich auf eine unpassende Frau versteifst. Dein Vater hat so geheiratet, wie es ihm gefallen hat, und - verzeih, Lew - Marius und du, ihr habt euer Leben lang dafür bezahlen müssen. Ich bin sicher, deinen eigenen Söhnen möchtest du das ersparen.”
„Könnt Ihr nicht warten, bis ich Söhne habe? Werdet Ihr es niemals überdrüssig, die Leben anderer in die Hand zu nehmen?”
Seine Augen blitzten mich an. „Ich bin es schon seit dreißig Jahren überdrüssig, aber irgend jemand muß es schließlich tun! Ich bin alt genug, mich hinzusetzen und über die Vergangenheit nachzudenken, anstatt die Bürde der Zukunft weiterhin zu tragen, aber mir scheint nichts anderes übrigzubleiben. Was tust du denn, um dein Leben anständig einzurichten und mir diese Mühen zu ersparen?” Er nahm noch eine Gabel voll von dem Salat und kaute zornig darauf herum.
„Was kennst du von der Geschichte der Comyn, Lew? In den alten Zeiten hat man uns die Macht und die Privilegien gegeben,
weil wir den Leuten dienten, nicht weil wir sie beherrschten. Dann begannen wir zu glauben, wir hätten die Macht und die Privilegien, weil wir uns für natürlich überlegen hielten, als hätte uns Laran zu besseren Menschen gemacht, damit wir tun und lassen konnten, was uns beliebte. Unsere Privilegien werden heute nicht dazu benutzt, uns für all das zu entschädigen, was wir in den Dienst des Volkes gestellt haben, sondern um unsere Macht zu stabilisieren. Du beklagst dich, dein Leben gehöre nicht dir, Lew. Nun, das tut es auch nicht, und das soll auch nicht anders sein. Du hast gewisse Privilegien…”
„Privilegien”, sagte ich bitter. „Das meiste sind Pflichten, die ich nicht will, und Verantwortlichkeiten, mit denen ich nicht fertig werde.”
„Privilegien”, wiederholte er, „die du dir verdienen mußt, indem du deinem Volk dienst.” Er streckte die Hand aus und berührte leicht das Zeichen der Comyn, das kurz über meinem Handgelenk tief ins Fleisch eingegraben war. Sein eigener Arm trug das gleiche Zeichen, und es war im Alter hell geworden. Er sagte: „Eine der Verpflichtungen, die damit einhergehen, ist eine heilige Verpflichtung, nämlich sicherzustellen, daß deine Gabe nicht ausstirbt, indem du Söhne und Töchter zeugst, die es von dir ererben, um wiederum dem Volk der Darkover zu dienen.”
Gegen meinen Willen rührten mich diese Worte. Ich hatte während meiner Reise in die Außenregionen das gleiche gedacht, nämlich, daß meine Stellung als Erbe der Comyn eine ernste, heilige Sache und ich ein Glied in einer endlosen Kette sei. Einen Moment spürte ich, daß der alte Mann meinen Gedanken folgte, als er die Hand wieder auf die Narbe an meinem Handgelenk legte. Er sagte:
„Ich weiß, was dich das kostet, Lew. Du hast diese Gabe bei Einsatz deines Lebens gewonnen. Du hattest einen guten Anfang gemacht, indem du auf Arilinn dientest. Das wenige, was von unserer alten Wissenschaft übriggeblieben ist, wird dort bis zu dem Tag aufbewahrt, an dem man es vollständig entdeckt oder wiederentdeckt. Glaubst du, ich weiß nicht, daß ihr jungen Leute euer Privatleben aufgebt und viele Dinge, die ein junger Mann oder eine junge Frau gern hat? Ich hatte niemals diese Wahl, Lew. Ich wurde mit einem winzigen Restchen Laran geboren. Daher tue ich, was ich kann, mit den säkularen Kräften, um die Bürde für euch andere zu erleichtem, an der ihr schwer zu tragen habt. So weit ich weiß, hast du deine Kräfte niemals mißbraucht. Und du gehörst auch nicht zu jenen frivolen jungen Leuten, die ihre Privilegien von Rang ausnutzen und ein Leben in Vergnügungen und Lust verbringen wollen. Warum weichst du also vor deiner Pflicht gegenüber deinem Clan zurück?”
Ich wünschte mir plötzlich, ich könnte meine Ängste und mein Mißtrauen ihm gegenüber abschütteln. An der persönlichen Integrität des Alten war nicht zu zweifeln. Doch war er so vollständig in seinem einsamen Kampf um politische Ziele Darkovers verstrickt, daß ich ihm dennoch mißtraute. Ich wollte mich nicht von ihm manipulieren lassen, wollte nicht jenen Zielen dienen. Ich fühlte mich verwirrt, halb überzeugt, halb ablehnend wie zuvor. Ich wich davor zurück. Telepathen

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