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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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aufzustehen. Aber er war auf seine makellosen Akten stolz; er war der einzige Kadett, dem noch nie eine Strafe aufgebrummt worden war, weil er die Weckglocke überhört und zu spät und schläfrig hereingetaumelt war. Nevarsin hatte ihm also doch gutgetan.
Er schlüpfte auf seinen Platz zwischen Danilo und Gareth Lindir. Ein Adjutant schleppte angestoßene Tabletts vor ihnen her: dicke Steingutschalen, darin Haferschleim mit Nüssen, und schwere Krüge mit dem sauren Landbier, das Regis haßte und niemals anrührte. Angeekelt stieß er den Löffel in den Haferschleim.
„Wird das Essen wirklich jeden Morgen schlechter, oder kommt mir das nur so vor?” fragte Damon MacAnndra.
„Es wird schlechter”, antwortete Danilo. „Wer könnte sich auch in einer solchen gottverlassenen frühen Stunde etwas anderes ausdenken? Was ist das denn?” An der Tür gab es eine Bewegung. Regis Kopf zuckte hoch. Nach einem kurzen Kampf wurde ein Kadett auf die Füße geschleudert und taumelte durch den Raum, donnerte mit dem Kopf auf einen Tisch und blieb liegen. Dyan Ardais stand im Eingang und wartete, daß sich der Unglückliche erhob. Als er sich nicht rührte, wies er einen der Helfer an, ihn aufzuheben. Damon sagte: „Zandrus Hölle, es ist Julian!” Er stand von seinem Platz auf und eilte an die Seite seines Freundes. Dyan stand mit grimmiger Miene über ihm.
„Zurück auf deinen Platz, Kadett. Beende dein Essen!”
„Er ist mein Freund. Ich will nachsehen, ob er verletzt ist.” Damon ignorierte Dyans starren Blick und kniete sich neben den gestürzten Kadetten. Die anderen Kadetten, die die Hälse reckten, konnten dort einen leuchtenden Blutfleck sehen, wo Julians Kopf auf den Tisch aufgeschlagen war. „Er blutet! Ihr habt ihn umgebracht!” sagte Damon mit schriller Stimme. „Unsinn!” schnappte Dyan. „Tote bluten nicht so!” Er kniete nieder, glitt mit den Fingerspitzen über den Kopf des Jungen und winkte zwei Kadetten des dritten Jahrgangs herbei. „Bringt ihn ins Stabsbüro und holt Meister Raimon, damit er nach ihm sieht.” Als man Julian heraustrug, murmelte Gabriel Vyandal über den Tisch hinweg: „Es ist nicht fair, uns zu einer so frühen Stunde zu kontrollieren, wenn wir noch halb schlafen.” Es war so still in der Messe, daß man ihn gut hören konnte. Dyan schritt durch den Raum, sah ihn mit gekräuselten Lippen an. „Das ist die Zeit, in der ihr am meisten auf der Hut sein müßt, Kadett. Glaubst du, daß Straßenräuber in der Stadt, Taschendiebe oder Banditen an der Grenze sich eine euch genehme Stunde heraussuchen, um euch anzugreifen? Es ist Teil eurer Ausbildung, daß ihr praktisch jeden Moment auf der Hut seid, Kadetten.” Damit wandte er ihnen den Rücken zu und ging hinaus.
Gareth murmelte: „Eines Tages wird er uns umbringen. Ich frage mich, was er dann zu sagen hat.”
Damon kehrte auf seinen Platz zurück und sah sehr blaß aus. „Er hat mich nicht einmal mitgehen lassen, damit ich seinen Kopf halten konnte.”
Gabriel legte ihm tröstend die Hand auf den Arm. Er sagte:
„Mach dir keine Sorgen. Meister Raimon wird sich gut um ihn kümmern.”
Regis hatte das Blut erschüttert, doch ein Gefühl ausgeprägter Fairneß ließ ihn sagen: „Lord Dyan ist schon in Ordnung, wißt ihr. Wenn wir wirklich im Feld sind, kann uns ein Moment der Unaufmerksamkeit töten, nicht nur verletzen.”
Damon starrte Regis an. „Du hast ja gut reden, Hastur. Mir fallt auf, daß er an dir nie herumnörgelt.”
Regis, dessen Rippen ständig grün und blau waren von den Schlägen Dyans, wenn sie ihre Fechtübungen abhielten, sagte: „Ich glaube, er weiß, daß ich beim Waffentraining genug Schläge von ihm abbekomme.” Ihm kam in den Sinn, daß auch darin etwas Grausames lag. Kennard Alton hatte ihm beigebracht, mit dem Schwert umzugehen, als er noch als der beste Fechter der Domäne galt. Doch bei täglicher Übung entweder mit Kennard oder mit Lew über zwei Jahre hinweg hatte er weniger Verletzungen eingesteckt als von Dyan in wenigen Wochen.
Einer aus dem zweiten Jahrgang sagte deutlich hörbar: „Was erwartet ihr denn von einem Comyn. Die stecken doch alle unter einer Decke.”
Regis beugte den Kopfüber den kalten Haferschleim. Was sollte es, dachte er. Er konnte seine Verletzungen nicht jedem zeigen - er hätte den Mund halten sollen. Danilo versuchte mit zitternden Fingern zu essen. Dieser Anblick erfüllte Regis mit Kummer, doch er wußte nicht, was er sagen wollte, ohne sich ihm

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