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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kleider vollständig durchweicht waren. In dem schwachen Schein des Lichts, das während der Nacht im Waschraum brennen blieb, sah Regis, wie er herumstolperte, seine Kleider von sich warf, hörte das Schwert, das eigentlich an den Wandhaken gehörte, auf den Boden poltern. Dann blieb er einen Moment nackt unter dem Fenster stehen, zögernd, und Regis hätte fast etwas gesagt. Er hätte ihn mit leiser Stimme anreden können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, weil Damon und Julian beide nicht da waren und die anderen sich in beträchtlicher Entfernung befanden. Doch ihn ergriff panische Angst vor einer Zurückweisung. Er hätte einen erneuten Streit nicht ausgehalten. So blieb er still, und Danilo drehte sich nach einer Weile um und stieg in sein Bett.
Regis schlief unruhig und träumte viel und wachte nach einiger Zeit mit einem Ruck wieder auf, weil er wieder dieses Weinen hörte. Dieses Mal war Danilo wach, wenn Regis auch das Schluchzen direkt in seinen Sinnen spürte. Er weinte wirklich, leise, hoffnungslos und verzweifelt. Regis lauschte eine Zeitlang, war unglücklich und zerrissen, wollte sich nicht aufdrängen, war aber nicht in der Lage, diesen Kummer zu ertragen. Schließlich trieben ihn seine freundschaftlichen Gefühle für Dani aus dem Bett.
Er kniete sich neben Danilos Pritsche und flüsterte: „Dani, was ist denn los? Bist du krank? Hast du schlechte Nachrichten von zu Hause? Kann ich irgend etwas für dich tun?” Danilo murmelte traurig, mit abgewandtem Kopf: „Nein, niemand kann etwas für mich tun. Dafür ist es zu spät. Und was … Heiliger Bürdenträger, was wird mein Vater dazu sagen?” Regis flüsterte so leise, daß man es keine drei Schritt weiter vernehmen konnte: „Rede doch nicht so. Nichts ist so schlimm, daß man nicht irgendwie helfen könnte. Ginge es dir denn nicht besser, wenn du es mir erzähltest?”
Danilo wandte sich um. Sein Gesicht war nur wie ein heller Fleck in der Dunkelheit. Er sagte: „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich glaube, ich werde wahnsinnig…” Plötzlich schluchzte er langanhaltend und atemlos. Er sagte: „Ich kann dich nicht sehen… Damon, bist du das?” Regis flüsterte: „Nein, Damon ist auf der Krankenstation mit Julian. Und alle anderen schlafen. Ich glaube, niemand sonst hat dich hereinkommen hören. Ich wollte erst nichts sagen, aber du hast dich so unglücklich angehört…” Er vergaß ihren Streit, vergaß alles andere, außer daß Danilo sein Freund war, der sich in verzweifelten Schwierigkeiten befand, und beugte sich nach vom und legte die Hand auf Danilos nackte Schulter, eine scheue, vorsichtige Berührung. „Kann ich nicht irgend etwas …”
Er fühlte die explodierende Wut und noch etwas anderes -Furcht? Scham? -, das durch die Finger seinen Arm emporrann wie ein elektrischer Schock. Er zog die Hand so heftig fort, als habe er sich verbrannt. Mit einer heftigen Bewegung stieß Danilo Regis von sich. Mit angestrengter Stimme flüsterte er: „Verdammter… schmutziger… Comyn. Geh zum Teufel, geh weg! Nimm deine stinkenden Hände fort, du…” Er sagte ein Wort, das Regis, der an die Grobheit der Kaserne gewöhnt war, laut nach Luft schnappen und zurückweichen ließ. Er zitterte, und ihm wurde fast übel.
„Dani, du bist im Unrecht”, flüsterte er entsetzt, „ich habe doch nur gedacht, du wärest krank oder hättest Schwierigkeiten. Ich habe dir doch nichts getan, oder? Du machst dich doch selber krank, wenn du so weitermachst. Dani, kannst du mir nicht sagen, was geschehen ist?” „Es dir erzählen, Sharras Ketten! Ich würde es lieber einem Wolf zuflüstern, der seine Zähne in meine Kehle gegraben hat!” Er versetzte Regis einen heftigen Stoß und sagte laut: „Komm mir nur wieder zu nah, du schmieriger Ombredin, und ich werde dir den Hals brechen!” Regis stand auf und ging still in sein Bett zurück. Sein Herz pochte noch von dem heftigen Wutausbruch, den er gespürt hatte, als er Danilo berührte, und er zitterte unter der Anschuldigung. Er lauschte auf Danilos Keuchen, war einfach entsetzt, und ihm war von dem Haßausbruch fast so übel wie von seinem eigenen Versagen. Irgendwie hatte er sich vorgestellt, daß ein solches Mißverständnis nicht zwischen zwei Menschen mit Laran geschehen könnte. Er lauschte Danilos Schluchzern, hörte, wie es in leises Weinen und schließlich in einen unruhigen Schlaf überging. Aber Regis schloß in dieser Nacht kaum ein Auge.

10
    (Lew Altons Erzählung)
    Der schwere Regen

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