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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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vibrierend durch den dichten Nebel dringen. Mit wildem Sehnen dachte er an die abziehenden Raumschiffe, unsichtbar hinter der Regen- und Hagelwand, die Symbole der Freiheit, die er sich herbeiwünschte.
    Er ließ sich von dem zunehmenden Sturm peitschen, und es kümmerte ihn nicht. Er begrüßte den eisigen Wind, den Hagel, der sich in dicken Schichten auf seinen schweren Reitumhang, seine Wimpern und Haare legte. Er bewahrte ihn davor, zurück in jenen sonderbaren, hypersensitiven, halluzinatorischen Zustand zurückzugleiten.
    Was soll ich Großvater sagen?
    Wie konnte er dem Regenten der Comyn gegenübertreten und ihm mitteilen, daß sein vertrautester Berater korrupt war, ein perverser Sadist, der seine telepathischen Kräfte dazu benutzte, sich in ein ihm anvertrautes Bewußtsein einzumischen?
    Wie sagt man dem Kommandeur der Wache, seinem eigenen kommandierenden Offizier, daß sein vertrautester Freund, der den verantwortlichsten und vertrauenswürdigsten der Posten innehatte, einen Jungen in seiner Obhut schamlos mißbraucht und mißhandelt hatte? Wie beschuldigt man seinen eigenen Onkel, den stärksten Telepathen der Comyn, daß er gleichgültig dabeisteht und zusieht, wie man den seltensten und sensibelsten aller Telepathen fälschlich beschuldigt, seinen Geist peinigt, ihn verletzt und entehrt, während er, ein Psi-Techniker, im Turm ausgebildet, nichts tut?
    Die Steinmauer des Schlosses türmten sich vor ihnen auf und schützten sie vor dem beißenden Wind. Regis hörte die Flüche der Eskorte, als sie die Pferde fortführten. Er wußte, daß er sich bei ihnen entschuldigen mußte, weil er sie dieser Kälte, diesem erschöpfenden Ritt in einem solchen Wetter, ausgesetzt hatte. Es war absolut verantwortungslos, dies loyalen Männern anzutun, und die Tatsache, daß sie nie nach seinen Motiven fragen würden, machte es um so schlimmer. Er dankte ihnen kurz und förmlich und ermahnte sie, sich rasch zum Essen und zur Ruhe zu begeben, denn er wußte, wenn er ihnen eine Belohnung anböte, wären sie über alle Maßen hinaus beleidigt.
    Die lange Treppe zu den Räumen des Hasturs drohte über ihm. Sie wich zurück und weitete sich wieder aus. Der alte Diener seines Großvaters rannte verschwommen und verzerrt auf ihn zu. Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf, mit dem Privileg langjährigen Dienstes. »Lord Regis, Ihr seid ganz durchweicht. Ihr werdet krank werden. Laßt mich Euch Wein holen und trockene Kleider …«
    »Nein, danke.« Regis zwinkerte die schmelzenden Eiströpfchen von den Wimpern. »Fragt den Regenten, ob er …« – er mußte sich anstrengen, daß seine Zähne nicht aufeinanderschlugen – »… ob er mich empfangen kann.«
    »Er ist beim Abendessen, Lord Regis. Geht zu ihm.«
    Man hatte im Wohnzimmer seines Großvaters einen kleinen Tisch vor dem Feuer gedeckt, und Danvan Hastur blickte bekümmert auf, imitierte fast auf komische Weise die Sorge des alten Dieners.
    »Mein Junge! Zu dieser Stunde? Und so naß. Marton, nimm seinen Umhang und trockne ihn am Feuer. Kind, du wolltest doch ein paar Tage bei Javanne bleiben. Was ist passiert?«
    »Notwendig …« Regis merkte, daß seine Zähne so hart aufeinanderschlugen, daß er nicht sprechen konnte. Er biß sie aufeinander, um sie wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Mußte sofort zurückkommen …«
    Fragend schüttelte der Regent den Kopf. »Durch einen Schneesturm? Setz dich ans Feuer.« Er nahm einen Krug vom Tisch, goß einen dicken Strahl dampfender Suppe in einen Becher und reichte ihn Regis. »Hier, trink das und wärme dich auf, bevor du erzählst.«
    Regis wollte sagen, er habe keinen Appetit, doch er mußte die Tasse nehmen, ehe sie dem alten Mann aus der Hand fiel. Der heiße Dampf war so anregend, daß er einen kleinen Schluck nahm. Er war wütend über seine Schwäche und wurde noch wütender, weil sein Großvater sie sah. Seine Barrieren waren verschwunden, und er sah blitzartig Hastur als jungen Mann, als Kommandeur im Feld, der seine Männer kannte, die Stärke eines jeden beurteilen konnte, wußte, was jeder brauchte und wie und wann genau er es bekommen mußte. Als die heiße Suppe ihre Wärme in ihm zu verbreiten begann, entspannte sich sein zitternder Körper und er begann wieder frei zu atmen. Die Hitze des Steingutbechers tat seinen Händen gut, die blau vor Kälte waren, und als er die Suppe ausgetrunken hatte, behielt er ihn in den Händen und genoß die Wärme.
    »Großvater, ich muß mit Euch

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