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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schrecklich leidend aussah. Sein hageres Gesicht war gerötet und sah geschwollen und formlos aus. Doch er lächelte Regis mit aufrichtiger Herzlichkeit an und streckte die verkrüppelte Hand aus. »Mein Junge. Ich freue mich, dich zu sehen.«
    Regis berührte die geschwollene Hand mit unbeholfener Vorsicht, unfähig, sich Kennards Schmerzen und seiner Erschöpfung zu verschließen. Er fühlte seine Nerven entblößt, hypersensitiv. Kennard konnte kaum aufrecht stehen!
    »Lord Hastur. Ihr beehrt mich. Wie kann ich Euch dienen?«
    »Mein Enkel ist mit einer sonderbaren und beunruhigenden Geschichte zu mir gekommen. Er soll sie erzählen.«
    Regis fühlte überwältigende Erleichterung. Er hatte befürchtet, wie ein krankes Kind behandelt zu werden, das man gegen seinen Willen zum Arzt geschleppt hat. Zum ersten Mal behandelte man ihn wie einen Mann. Er spürte Dankbarkeit und war ein wenig entwaffnet.
    Kennard sagte: »Ich kann nicht so lange stehen. Du da …« Er wies einen Diener an. »Einen Lehnstuhl für den Regenten. Setz dich neben mich, Regis, und sag mir, was dich bekümmert.«
    »Mein Lord Alton …«
    Kennard sagte freundlich: »Bin ich nicht mehr dein Onkel, mein Junge?«
    Regis wußte, wenn er der väterlichen Wärme nicht mit all seinen Kräften widerstand, würde er wie ein geschlagenes Kind seine Geschichte herausschluchzen. Steif sagte er: »Mein Lord, dies ist eine ernste Angelegenheit, die die Ehre unserer Wache betrifft. Ich habe Danilo Syrtis zu Hause besucht …«
    »Das war nett gedacht, mein Neffe. Unter uns gesagt, das war eine böse Sache. Ich habe versucht, es Dyan auszureden, doch er hat gemeint, er müsse an Dani ein Exempel statuieren, und Gesetz ist Gesetz. Ich hätte nicht einmal etwas tun können, wenn Dani mein eigener Sohn gewesen wäre.«
    »Kommandeur«, sagte Regis und benutzte die förmlichste Anrede mit Kennards militärischem Titel. »Auf mein aufrichtiges Wort als ein Hastur und als Kadett hin – hier ist ein entsetzliches Unrecht geschehen. Ich schwöre, Danilo wurde fälschlich beschuldigt, und Lord Dyan ist einer so schändlichen Sache schuldig, die ich kaum auszusprechen wage. Ist ein Kadett gezwungen, sich …«
    »Warte eine Minute«, sagte Kennard und wandte ihm seinen brennenden Blick zu. »Ich habe das schon von Lew gehört. Ich weiß nicht, was diese drei Jahre bei den Cristoforos mit dir gemacht haben, aber wenn du dich bei mir beklagen willst, daß Dyan kleine Jungen für die Liebe braucht, und ihn beschuldigst …«
    »Onkel!« protestierte Regis schockiert. »Für wie blauäugig hältst du mich? Nein, Kommandeur! Wenn das alles gewesen wäre …« Er hielt inne und suchte verwirrt nach Worten.
    Er sagte: »Kommandeur, er hat die Zurückweisung nicht akzeptiert. Er hat ihn Tag und Nacht verfolgt, ist in seine Gedanken eingedrungen, hat Laran gegen ihn gebraucht …«
    Kennards Blick wurde hart. »Lord Hastur! Was wißt Ihr von dieser wilden Geschichte? Der Junge sieht krank aus. Phantasiert er?«
    Regis stand auf. Ihn überfiel eine heftige Wut, die der Kennards gleichkam. »Kennard Alton, ich bin ein Hastur, und ich lüge nicht! Schickt nach Lord Dyan, wenn Ihr wollt, und befragt mich in seiner Gegenwart!«
    Kennard blickte ihn an, nicht mehr wütend sondern sehr ernst. Er sagte: »Dyan ist heute abend nicht in der Stadt. Regis, sag mir, woher weißt du das?«
    »Aus Danilos eigenem Mund und aus dem Kontakt mit seinen Gedanken«, sagte Regis ruhig. »Ihr wißt doch besser als alle anderen, daß die Gedanken nicht lügen.«
    Kennard ließ seinen Blick nicht los. »Ich wußte nicht, daß du Laran hast.«
    Regis hielt Kennard seine Hand mit der Fläche nach oben entgegen, eine Geste, die er noch niemals gesehen hatte, die ihm jedoch sein Instinkt eingab. Er sagte: »Ihr habt es. Ihr werdet es wissen. Seht selbst nach, Sir.«
    Er sah Respekt, aber auch eine fürchterliche Wut in dem hageren, fiebrigen Gesicht des Alten aufdämmern, genau in dem Augenblick, in dem er mit einem Angststoß spürte, wie ihn dessen Gedanken berührten. Er hörte Lew in Kennards Erinnerung sagen: Ich kenne erwachsene Männer, die sich diesem Test nicht zu unterziehen wagen . Dann fühlte er Kennards Berührung, den Schock des Kontaktes … den Augenblick, in dem er mit Dani in dem Obstgarten gestanden hatte … seine eigene Sympathie für Dyan, den Augenblick verschämter Zuneigung zu ihm … Kennards Erinnerungen an Dyan, die seine eigenen überlagerten, ein jüngerer Dyan, ein

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