Hasturs Erbe
entrückt fühlte, um dann mit voller Wucht wieder auf ihn einzudringen, wie ein riesiger, hallender Raum.
Er erkannte das Gefühl. Es war wie damals, als Lew ihm Kirian gegeben hatte, aber jetzt stand er nicht unter Drogen!
Er klammerte sich an die Decke und kniff die Augen zu. Er konnte immer noch die kleine Flamme sehen, ein dunkles Feuer, das sich unter seine Lider gegraben hatte und den Raum um ihn her mit strahlender Helligkeit füllte. Dann war ein Dröhnen in seinen Ohren … wie das entfernte Dröhnen eines Waldbrandes … die Feuer auf Armida! Einen Moment schien es ihm, als sähe er Lews Gesicht vor sich, blutrot, das in das helle Feuer starrte, verzerrt vor Entsetzen und Verwunderung, dann das Gesicht einer Frau, glänzend, ekstatisch, feuergekrönt, die brannte, verbrannte in den Flammen … Sharra mit goldenen Ketten. Göttin der Schmiede. Der Raum wurde nun lebendig von Feuer, und er vergrub sich unter den Decken, sank tiefer, geschlagen, wirbelte herum. Der Raum löste sich um ihn her auf … kippte … jeder Faden des weichen Leintuchs schien in seinen Körper einzuschneiden, hart und rauh, die gedrehten Fasern der Wolldecke wickelten sich um ihn und drangen schmerzhaft in seine Haut. Er hörte jemanden laut stöhnen und fragte sich, wer dort stöhnte und weinte. Die Luft selbst schien sich zu teilen und gegen seine Haut zu drängen, als atme er kleine Tröpfchen ein. Sein Atem zischte, stöhnte und pfiff wie ein brennendes Feuer, ballte sich zu kleinen Bläschen in seinen Lungen …
Schmerz raste durch seinen Kopf. Er spürte einen dumpfen Schlag auf den Schädel und hörte ihn zersplittern. Noch ein Schlag schickte ihn in die Luft, und er fiel in Dunkelheit.
»Regis!« Wieder das Krachen, die wirbelnde Übelkeit des Schlages und der Fall in den leeren Raum. Das Geräusch war nur eine sinnlose Vibration, doch er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, wollte die Bedeutung herausfinden. »Regis!« Wer war Regis? Die dröhnende Kerzenflamme erstarb zu einem Glimmen, und Regis hörte sich laut keuchen. Jemand stand über ihm, rief seinen Namen und schlug ihn mehrmals. Plötzlich und lautlos war der Raum wieder da.
»Regis, wach auf! Steh auf und geh herum, laß dich nicht treiben!«
»Javanne …«, sagte er und kämpfte sich schwindlig hoch, als ihre Hand zu einem weiteren Schlag niedersauste. »Nicht, Schwester …«
Er war überrascht, wie schwach und weit entfernt seine Stimme klang. Sie stieß einen erleichterten Schrei aus. Sie stand neben seinem Bett. Ein weißer Schal glitt von ihren Schultern über ein langes Nachtgewand. »Ich hatte gedacht, eines der Kinder weinte, dann hörte ich dich. Warum hast du mir nicht gesagt, daß du die Schwellenkrankheit hast?«
Regis zwinkerte und ließ ihre Hand los. Auch ohne die Berührung konnte er ihre Angst spüren. Immer noch schwebte der Raum um ihn her. »Schwellenkrankheit?« Darüber dachte er einen Moment nach. Er hatte davon gehört, natürlich, das war unvermeidlich, wenn man aus einer Comyn-Familie stammte: ein psychischer und physischer Stau bei sich entwickelnden Telepathen in der Jugend. Die Unfähigkeit des Gehirns, mit der plötzlichen Überfütterung von sensorischen und extrasensorischen Daten fertig zu werden, die in Verzerrungen der Wahrnehmung von Sehen, Hören und Berührung resultierte … »Ich habe es noch nie gehabt. Ich wußte nicht, was es war … Ich konnte nicht richtig sehen, hören …«
»Ich weiß. Steh jetzt auf und geh ein wenig umher.«
Der Raum stand immer noch schief. Er klammerte sich an das Bettgestell. »Wenn ich das tue, falle ich …«
»Und wenn du es jetzt nicht tust, wird dein Gleichgewichtszentrum wieder aus den Angeln geraten. Hier«, sagte sie mit kurzem Lachen, warf ihm behutsam den weißen Schal über und sah höflich beiseite, als er sich darin einwickelte und sich auf die Füße kämpfte. »Regis, hat dich niemand davor gewarnt, als sich dein Laran entwickelte?«
»Wer hätte mich denn warnen sollen? Ich glaube, niemand weiß es«, sagte er und versuchte vorsichtig ein paar Schritte. Sie hatte recht. Mit der Konzentration und Anstrengung der Bewegung wurde der Raum wieder stabil. Ihn schauderte, und er ging auf die Kerze zu. Das kleine Flämmchen tanzte und zuckte immer noch hinter seinen Augen, doch es hatte wieder die Größe der Kerze. Wie war es zu dem rasenden Waldbrand aus seiner Kindheit geworden? Er nahm sie hoch und blickte erstaunt auf seine zitternde Hand. Javanne sagte scharf:
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