Hasturs Erbe
Gedanke zuwider war, daß Kadarin hergekommen und meinen bewußtlosen Körper berührt hatte. Ich biß die Zähne zusammen, merkte aber, daß es zu weh tat und entspannte mich wieder. Noch ein Hühnchen, das ich mit ihm zu rupfen hatte.
Nun, er hatte mir das Schlimmste angetan, und ich war immer noch am Leben.
Vorsichtig drückte ich die Türklinke herab. Wie ich vermutet hatte, war die Tür von außen versperrt.
Meine Schmerzen waren so groß, daß mir der Gedanke an ein heißes Bad in den Sinn kam. Aber der Gedanke, nackt und hilflos in der Wanne überrascht zu werden, nahm dem Gedanken jede Verlockung. Ich tauchte ein Tuch in heißes Wasser und tupfte mein geschundenes Gesicht ab.
Dann durchwühlte ich meine Zimmer. Natürlich waren Schwert und Dolch verschwunden. Als ich in den Satteltaschen nach meinen schweren Reitstiefeln suchte, merkte ich, daß selbst das kleine skean-dhu im Stiefel aus seiner Scheide verschwunden war.
Ein grimmiges Lächeln überzog mein Gesicht. Hielten sie mich etwa für hilflos? Ich verfügte immer noch über meine Ausbildung bei den Wachen, und Kadarin könnte mich – vielleicht – genug verachten, um allein zurückzukommen.
Ich zog mir einen Stuhl heran. Ich war immer noch so unsicher auf den Beinen, daß ich nicht stehend auf ihn warten konnte, deshalb setzte ich mich mit dem Gesicht zu der verschlossenen Tür nieder.
Früher oder später würde er kommen. Und ich würde bereit sein.
Nach langer Zeit hörte ich ein leises, metallisches Reiben von der Tür her. Jemand versuchte heimlich, den Riegel beiseite zu schieben. Schließlich begann sich die Tür sehr, sehr langsam zu öffnen.
Ich sprang auf, ergriff die Hand, die sich gerade hereinschob – und fühlte das zarte Handgelenk zu spät, um die Gewalt des Schlages abfangen zu können. Marjorie stürzte herein, keuchte und fiel gegen den Türrahmen. Ich ließ ihre Hand fallen, als hätte ich mich verbrannt. Sie stolperte, taumelte, und ich fing sie rasch auf.
»Schnell«, flüsterte sie, »mach die Tür zu.«
»Die Götter mögen uns beschützen«, flüsterte ich und starrte sie entsetzt an. »Ich hätte dich töten können!«
»Ich bin froh, daß du dazu in der Lage bist …« Sie holte tief Luft. »Lew, dein Gesicht! O Gott …«
»Die liebevolle Zuwendung eines Verwandten.« Ich schloß die Tür und schob einen schweren Stuhl davor.
»Ich habe sie angefleht … gebettelt …«
Ich legte den Arm um sie. »Armes. Ich weiß. Ich habe dich gehört. Haben sie dir etwas angetan?«
»Nein. Selbst Beltran hat mich nicht angerührt, obwohl ich ihn gebissen und gekratzt habe«, sagte sie unter kurzen Atemstößen. »Ich habe deine Matrix. Hier. Schnell.« Sie streckte mir den kleinen Lederbeutel entgegen. Ich warf ihn in die Tunika, drückte ihn gegen meine Haut. Sogleich schien mir, als könne ich besser sehen, und das dumpfe Dröhnen in meinen Ohren hörte auf. Selbst mein Herz schlug ruhiger. Ich fühlte mich immer noch zerschlagen und verletzt, doch wieder lebendig. »Wie bist du daran gekommen?«
»Bob hat sie mir gegeben«, antwortete sie. »Er hat gesagt, ich sei die Bewahrerin und könne sie als einzige bei mir halten, ohne dich zu verletzen. Er sagte, du würdest sonst sterben. Da habe ich sie genommen, Lew, nur um dich zu retten. Ich schwöre es …«
»Ich weiß. Wenn irgend jemand anders außer einer Bewahrerin sie lange behalten hätte, wäre ich sicher gestorben.« Nicht etwa, daß ich Kadarin wegen dieses Interesses an meinem Wohlergehen verziehen hätte. Er wußte wahrscheinlich, was mit ihm geschehen würde, wenn er zuviel mit der Matrix eines anderen herumhantierte.
»Wo ist die Sharra-Matrix?«
»Ich glaube, Thyra hat sie«, sagte sie zweifelnd. »Ich bin aber nicht sicher.«
»Wie bist du hier hereingekommen, Marjorie? Stehen Wachen draußen?«
Langsam nickte sie. »Alle Wachen kennen mich«, sagte sie schließlich. »Die meisten waren Freunde meines Vaters und kennen mich, seit ich als Kind auf ihren Knien gesessen habe. Sie vertrauen mir … und ich habe ihnen Wein mit einem Schlafmittel gebracht. Ich schäme mich dafür, Lew, aber was hätte ich sonst tun können. Wir müssen so schnell wie möglich hier fort. Wenn sie erwachen, werden sie merken, was passiert ist, und es Beltran sagen …« Ihr versagte die Stimme.
»Er sollte dir dankbar sein, weil du den letzten Rest seiner Ehre bewahrt hast«, sagte ich zornig. Dann merkte ich, daß sie »wir« gesagt hatte.
»Du kommst mit mir?«
»Ich
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