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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wollte, du hättest dir diese Mühe erspart! Ich will es nicht!«
    »Du bist nicht in der Lage zu wissen, was du willst. Und nun tu, was ich dir sage: Geh zu Dyan und teile ihm seine Ernennung als Kadettenmeister mit. Oder …« – wieder versuchte er unter Mißachtung der Schmerzen sich aufzurichten – »… ich steige aus dem Bett und erledige es selbst.«
    Seine Wut konnte ich aushalten, doch sein Schmerz war etwas anderes. Ich schwankte zwischen Zorn und Betroffenheit. »Vater, ich habe noch niemals einem Befehl von dir widersprochen. Aber ich bitte dich … ich flehe dich an, überlege es dir noch einmal. Du weißt, daß daraus kein guter Wille kommen kann.«
    Er war besänftigt. »Lew, du bist noch sehr jung. Eines Tages wirst du lernen, daß wir alle Kompromisse schließen müssen, und wir schließen sie mit soviel Anstand wie möglich. Du mußt in einer bestimmten Situation das Beste leisten, was du kannst. Du kannst nicht Nüsse essen, ohne die Schalen zu knacken.« Er reichte mir die Hand. »Du bist meine größte Stütze, Lew. Zwinge mich nicht, gegen dich zu kämpfen. Ich brauche dich an meiner Seite.«
    Ich ergriff seine Hand mit beiden Händen. Sie fühlte sich angeschwollen und fiebrig an. Wie konnte ich ihm zusätzliche Sorgen bereiten? Er vertraute mir. Welches Recht hatte ich, mein Urteil gegen seines zu setzen? Er war mein Vater, mein Kommandant, der Lord meiner Domäne. Meine einzige Pflicht hieß gehorchen.
    Doch als ich ihn verließ, flammte die Wut erneut in mir auf. Wer hätte geglaubt, Vater würde die Ehre der Wache kompromittieren? Und wie schnell hatte er mich überzeugt, mich – wie ein Puppenspieler, der an den Fäden von Liebe, Loyalität, Ehrgeiz, meinem eigenen Bedürfnis nach Anerkennung zieht!
    Die Unterhaltung mit Dyan Ardais werde ich wahrscheinlich niemals vergessen. Oh, er war durchaus höflich. Er lobte sogar meine Vorsicht. Ich hielt mich von ihm abgeschirmt und war ungeheuer förmlich, doch ich war sicher, er wußte, daß ich mich fühlte wie ein Bauer, der gerade einem Fuchs sein Hühnerhaus anvertraut hat.
    Es lag nur ein winziger Trost in dieser Situation: Ich war kein Kadett mehr!
     

 
5
     
    Als Regis mit den Kadetten auf die Kaserne zuging, nahm er ihr Geschnatter und ihre Spiele kaum wahr. Er hätte Lew Alton kaltblütig ermorden können.
    Dann kehrte langsam seine Fairneß zurück. Jeder dort hatte offensichtlich gewußt, was geschehen würde, daher war es augenscheinlich auch etwas, was immer wieder einmal geschah. Er war einfach derjenige gewesen, der in das Fettnäpfchen getreten war. Es hätte auch jeder andere sein können.
    Plötzlich fühlte er sich besser. Zum ersten Mal in seinem Leben wurde er ebenso behandelt wie jeder andere auch. Keine Ehrfurcht. Keine Sonderbehandlung. Er atmete auf und begann zu lauschen, was die anderen sagten.
    »Wo, zum Teufel, bist du großgeworden, Kadett, daß du nicht auf deinen Namen antwortest?«
    »Ich bin in Nevarsin erzogen worden«, sagte Regis, was noch mehr Spott und Lachen hervorrief.
    »He, wir haben einen Mönch unter uns! Hast du gerade gebetet, als man dich aufrief?«
    »Nein, es war die Stunde des Großen Schweigens, und die Glocke zum Sprechen war noch nicht ertönt!«
    Regis hörte ihnen mit freundlichem, etwas dummem Lächeln zu, was das beste war, was er überhaupt tun konnte. Ein Kadett des dritten Jahres, der sehr überlegen und makellos in seiner grünschwarzen Uniform aussah, führte sie in die Baracke am anderen Ende des Hofes. »Die ersten Jahrgänge bitte hierher!«
    »He«, sagte einer. »Was geschah dem Kommandeur?«
    Der Junioroffizier sagte: »Wasch dir nächstes Mal die Ohren. Er hat sich bei einem Sturz ein paar Knochen gebrochen. Wir alle haben es gehört!«
    Jemand sagte, vorsichtigerweise nicht so laut, daß der Offizier es hören konnte: »Werden wir die ganze Saison mit diesem Bastard zu tun haben?«
    »Halt den Mund«, sagte Julian MacAran. »Montray-Alton ist nicht der schlechteste. Er hat ein ganz schönes Temperament, wenn man ihn angreift, aber das ist nichts gegen den alten Herrn, wenn er wütend ist. Es könnte jedenfalls schlimmer sein«, fügte er noch mit einem vorsichtigen Blick auf den Offizier, der im Moment außer Hörweite war, hinzu. »Lew ist fair, und ihm rutscht auch nicht die Hand aus, und das kann man nicht von jedermann behaupten.«
    Danilo fragte: »Wer wird denn nun Kadettenmeister? Di Asturien ist doch schon seit Jahren nicht mehr aktiv. Er hat schon unter meinem

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