Hasturs Erbe
Spaß brächte, würde es Regis sowieso später zu spüren bekommen. Er hatte sich ohnehin schon durch sein Zuspätkommen und seinen Aufzug wie ein Prinz auffällig benommen. Ich konnte es also ruhig durchziehen. Regis würde sich in den nächsten Wochen an schlimmere Dinge gewöhnen müssen.
»Kadett Hastur«, sagte ich mit einem Seufzer, »ich schlage vor, du trittst vor, damit wir dich alle ansehen können. Und wenn du dann deinen Namen wieder vergißt, erkennen wir dich auch so.«
Regis trat nach vorn und starrte leer vor sich hin. »Du kennst doch meinen Namen.«
Gelächter antwortete ihm. Zandrus Hölle, war er so verwirrt, alles noch schlimmer zu machen? Ich ließ meine Stimme kalt und gleichgültig klingen. »Es ist meine Pflicht, ihn zu kennen, Kadett, und die deine ist es, jede Frage zu beantworten, die dir ein Offizier stellt. Wie ist dein Name, Kadett?«
Rasch und aufgebracht sagte er: »Regis-Rafael Felix Alar Hastur-y-Elhalyn!«
»Nun, Regis-Rafael Gottweißwie. Dein Name in der Wache lautet Kadett Hastur, und ich schlage vor, du lernst ihn auswendig, ebenso wie die angemessene Antwort auf einen Aufruf, es sei denn, du möchtest lieber als ›Das bist du, Dummkopf‹ angeredet werden.« Danilo kicherte. Ich blickte ihn an, und er verstummte. »Kadett Hastur, niemand wird dich hier Lord Regis nennen. Wie alt bist du, Kadett Hastur?«
»Fünfzehn«, sagte Regis. Innerlich fluchte ich wieder. Wenn er dieses Mal richtig geantwortet hätte – aber wie konnte er es, niemand hatte ihn gewarnt –, hätte ich ihn entlassen können. Jetzt mußte ich diese Farce bis zum Ende durchspielen. Die belustigte Erwartung auf den Gesichtern um mich her machte mich wütend. Doch dahinter lagen zweihundert Jahre Tradition. »Fünfzehn was , Kadett?«
»Fünfzehn Jahre«, sagte Regis und schnappte unvorsichtig den alten Köder. Ich seufzte. Nun, die anderen Kadetten hatten ein Recht auf ihren Spaß. Generationen hatten sie so konditioniert, ihn zu fordern, und ich ließ ihnen ihren Willen. »Männer, vielleicht sagt Ihr alle dem Kadetten Hastur, wie alt er ist?«
»Fünfzehn, Sir !« riefen alle zusammen so laut sie konnten. Der erwartete Lachsturm brach endlich los. Ich bedeutete Regis, auf seinen Platz zurückzutreten. Der mörderische Blick, den er mir zuwarf, hätte töten können. Ich nahm es ihm nicht übel. Für die nächsten Tage, bis jemand anderes etwas ungeheuer Dummes anstellte, würde er der Narr der Kaserne sein. Ich wußte es. Ich erinnerte mich an einen Tag vor einigen Jahren, als der Name des unglücklichen Kadetten Lewis Kennard, Kadett Montray gelautet hatte, und ich hatte vielleicht eine bessere Entschuldigung, denn noch nie zuvor hatte ich meinen Namen in dieser Form gehört. Auch seitdem habe ich ihn nie mehr so gehört, weil mein Vater gefordert hatte, daß ich seinen Namen tragen dürfe, Montray-Alton. Wie immer bekam er, was er wollte. Das war zu der Zeit, als man noch um meine Legitimität stritt. Doch er führte das Argument an, es sei unziemlich für einen Kadetten, in der Wache einen terranischen Namen zu tragen, wenn auch ein Bastard rechtmäßigerweise den Namen seiner Mutter trägt.
Schließlich war die Zeremonie vorüber. Ich müßte nun die Kadetten ihrem Kadettenmeister überantworten und ihn das Kommando übernehmen lassen. Nein, verdammt, ich konnte es nicht tun. Nicht, ehe ich Vater gedrängt hatte, es sich noch einmal zu überlegen. Ich hatte das Kommando der Wache nicht übernehmen wollen, doch er hatte darauf bestanden, und nun waren, ob gut oder schlecht, alle Soldaten, von dem jüngsten Kadetten bis zum ältesten Veteranen unter meiner Obhut. Ich war verpflichtet, mein Bestes für sie zu geben, und, verdammt, mein Bestes schloß nicht Dyan Ardais als Kadettenmeister ein!
Ich wandte mich Domenic di Asturien zu. Er war ein erfahrener Offizier, absolut vertrauenswürdig und genau der richtige, um sich der Jungen anzunehmen. Er hatte sich schon vor Jahren aus dem aktiven Dienst zurückgezogen – sicher stand er schon in den Achtzigern –, doch niemand könnte sich über ihn beklagen. Seine Familie war so alt, daß die Comyn selbst für ihn Emporkömmlinge waren. Es gab einen Scherz, den man sich zuflüsterte, daß er die Hasturs einmal als »den neuen Adel« bezeichnet hatte.
»Meister, den Kommandanten hat heute morgen ein Unfall ereilt, und er hat mich noch nicht über seine Wahl informiert, wer Kadettenmeister werden soll.« Ich zerknüllte die Stabsliste, als könne
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