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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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jenes sensibelste und mächtigste aller Talente besaß, ein Talent, das fast ausgestorben war?
    Einen Moment lang schien es, als sei dies das einzige Argument, das ihn noch rühren konnte. Danilo war kein gewöhnlicher Kadett, den man Dyans verletztem Stolz opfern konnte. Man mußte ihn auf jeden Fall für die Comyn retten!
    Mit diesen Worten auf den Lippen blieb ich stehen. Nein. Wenn ich Vater dies erzählte, würde auch er irgendeinen Weg finden, Danilo in seiner triebhaften Gier nach Macht für seine Zwecke zu benutzen, wie ein Werkzeug. Danilo war von den Comyn befreit und glücklich, sich außerhalb unserer Reichweite zu befinden.
    Mein Vater zog die ausgestreckten Hände zurück. Kalt sagte er: »Es ist ein langer Weg nach Aldaran. Vielleicht beruhigst du dich und wirst wieder vernünftig, bevor du dort ankommst.«
    Ich hatte das Gefühl, »Zur Hölle mit Aldaran!« sagen zu wollen und hinzuzufügen: »Mach doch deine Drecksarbeit allein. Mir ist noch übel von dem letzten Job! Für deine Machtpolitik gebe ich keinen Pfifferling. Geh doch selbst zu Aldaran und sei verdammt!«
    Aber ich tat es nicht. Ich erinnerte mich, daß auch ich ein Aldaraner war, und ein Terraner dazu. Man hatte es mir oft genug ins Gesicht geschleudert. Alle hielten es für selbstverständlich, daß ich mich selber meiner Abstammung ausreichend schämte, und alles, alles tun würde, um als Comyn und Erbe meines Vaters akzeptiert zu werden.
    Aber terranisches Blut, hatte Linnea gesagt, sei in den Bergen keine Schande. Es hatte sie erstaunt, daß ich so dachte. Und auch die Aldaraner waren Verwandte.
    Mein Vater hatte mir gestattet, die Aldaraner und die Terraner für böse zu halten. Es hatte seinem Zweckdenken gefallen, mir dies beizubringen.
    Und vielleicht war das eine weitere Lüge, ein Schritt auf seinem Weg zur Macht.
    Ich verbeugte mich mit ironischer Unterwürfigkeit. »Vollständig zu Euren Diensten, Lord Alton«, sagte ich und wandte mich um. Ich verließ ihn ohne ein Wort oder eine Umarmung des Abschieds.
    Und besiegelte mein eigenes Schicksal.
     

 
11
     
    Seit Danilo fort war, war es in der Baracke still, feindselig und unruhig geworden, abgesehen von kleinen Ausbrüchen des Klatsches, von denen Regis kalt ausgeschlossen wurde. Es überraschte ihn nicht. Danilo war bei allen beliebt gewesen, und sie identifizierten Regis mit den Comyn, die seinen Ausschluß herbeigeführt hatten.
    Sein Leid, seine Einsamkeit – die um so schlimmer wirkten, als es eine Zeitlang anders gewesen war – waren nichts im Vergleich zu dem, was sein Freund empfunden haben mußte, das wußte er. Dani hatte sich in jener Nacht gegen ihn gewandt, merkte er, weil er für ihn nicht mehr allein Regis war, sondern nur ein weiterer Verfolger. Noch ein Comyn. Aber was konnte ihn so zur Verzweiflung getrieben haben?
    Er dachte immer wieder darüber nach, ohne zu irgendwelchen Schlüssen zu gelangen. Er wünschte, er könnte mit Lew darüber reden, der ebenso schockiert und entsetzt wie er gewesen war. Regis hatte das bei ihm gespürt. Aber Lew war nach Aldaran gegangen, und Regis hatte keine Ahnung, wann er zurückkommen würde.
    Am Tag, bevor die Kadetten nach Hause entlassen wurden, um im nächsten Jahr zur Sitzungsperiode des Rates wiederzukommen, stand auf Regis Dienstplan die Übungsstunde mit Dyan Ardais. Er ging mit dem normalen Gefühl von Aufregung und Freude hin. Sein Ruf unter den Kadetten als guter Fechter, der zu gut für normale Unterweisung war, machte ihm Spaß, und die Stunden mit Dyan forderten ihn aufs äußerste heraus, doch zur gleichen Zeit wußte er, daß ihn dies nur noch mehr von seinen Kameraden entfremdete. Außerdem verließ er die Lektion jedesmal geschlagen, verwundet, geschunden und absolut erschöpft.
    Die Kadetten bereiteten sich in dem kleinen Umkleideraum neben der Waffenkammer auf die Übungsstunde vor und zogen sich das gefütterte Wams über, das sie vor den härtesten Schlägen schützen sollte. Die schweren Übungsschwerter aus Holz und Leder konnten niemanden töten, jedoch erhebliche Verletzungen und Schmerzen, ja auch Knochenbrüche herbeiführen. Regis warf Umhang und Tunika ab, zerrte die gefütterte Weste über den Kopf und wand sich hinein, um die Bänder fest zuzubinden. Seine Rippen waren dieser Tage fast immer grün und blau.
    Als er die letzte Schnalle schloß, kam Dyan herein, warf seinen Rock auf eine Bank und schlüpfte rasch in seine eigene Übungsuniform. Hinter der dichten Fechtmaske sah er wie ein

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