Hasturs Erbe
Mädchen da, alle hübsch, und ich hatte gedacht, sie seien alle für dich! Ich bin überrascht, daß er dir erlaubte fortzubleiben.«
»Ich habe ihn nicht gebeten, mich vom Dienst zu befreien, Sir. Und ich bin sicher, Großvater würde es auch nicht für mich getan haben.«
»Eine sehr lobenswerte Haltung«, sagte Dyan, »und eine, die ich vom Sohn deines Vaters hätte erwarten können. Aber wie muß der alte Mann enttäuscht gewesen sein! Ich habe ihm einmal ins Gesicht gesagt, er sei ein schändlicher alter Kuppler!« Wieder grinste Dyan. »Aber er hat mir versichert, er achte immer darauf, daß die Hochzeit vor dem Miteinanderschlafen stattfindet.«
Regis lachte unwillkürlich, wenn er auch wußte, daß er sich schämen sollte, an einem Spott teilzunehmen, der seinem Großvater galt. »Nein, Lord Dyan, er hat noch nicht vom Heiraten geredet. Noch nicht. Er hat nur gesagt, ich solle so jung wie möglich einen Erben zeugen.«
»Aber dann muß ich mich ja für ihn schämen!« sagte Dyan und lachte wieder. »Denn er hat Rafael verheiratet, als er so alt war wie du.«
Regis erinnerte sich nicht gern an seinen Vater, dessen Tod ihn so vieler Dinge beraubt hatte, doch jetzt verspürte er ein fast schmerzhaftes Sehnen zu wissen, was für ein Mensch er gewesen war. »Vetter, ähnele ich meinem Vater so sehr, wie die Leute sagen? Habt Ihr ihn gut gekannt?«
»Nicht so gut, wie ich es mir gewünscht hätte«, gab Dyan zurück. »Er hat jung geheiratet, als ich noch in Nevarsin war, wo die … Ausschweifungen meines Vaters … mich nicht negativ beeinflussen konnten. Ja, ich glaube, du hast Ähnlichkeit mit ihm.« Er sah Regis aufmerksam an. »Wenn du auch schöner als Rafael bist, viel schöner.«
Er verstummte und starrte in seinen Wein. Regis ergriff den Apfelweinbecher und nahm, ohne aufzublicken, einen kleinen Schluck. Er war gegenüber den viel zu häufigen Komplimenten über sein gutes Aussehen, die er in Nevarsin und in der Kaserne erhalten hatte, empfindlich geworden. Von Dyan kommend schien es noch eine andere Bedeutung zu haben. Er zuckte im stillen die Achseln und erinnerte sich, was man in der Baracke sagte – daß Lord Dyan ein Auge auf hübsche Jungen werfe.
Dyan blickte plötzlich vom Glas auf. »Wo wirst du den Winter verbringen, Vetter? Wirst du auf Burg Hastur zurückkehren?«
»Ich glaube nicht. Großvater wird hier gebraucht, und ich glaube, er hat mich lieber in der Nähe. Das Anwesen liegt in guten Händen, daher werde ich dort nicht benötigt.«
»Stimmt. Er hat von Rafaels Leben so viel versäumt. Ich glaube, diesen Fehler möchte er nicht noch einmal machen. Ich werde wahrscheinlich auch hierbleiben, bei der augenblicklichen Krise in der Stadt, und Kennard ist die meiste Zeit krank. Nun, Thendara ist ein interessanter Ort, um den Winter zu verbringen. Es gibt viele Konzerte für die Musikfreunde. Und dann gibt es gute Restaurants, Bälle und Tanzveranstaltungen und alle Arten von Vergnügungen. Ein junger Mann deines Alters sollte die Häuser der Lustbarkeiten nicht aussparen. Kennst du das Haus der Laterne, Vetter?«
Im Gegensatz zu den anderen intensiv vorgebrachten Anmerkungen war dies fast zu gleichgültig gesagt. Das Haus der Laterne war ein geheimes Bordell, eines der wenigen, die Kadetten und Offizieren nicht verboten waren. Regis wußte, daß einige der älteren Kadetten gelegentlich dorthin gingen, doch wenn er auch ebenso neugierig war wie die anderen Kadetten des ersten Jahrgangs, hatte doch seine Neugier seinem Abscheu gegenüber diesem Gedanken noch nicht die Oberhand gewonnen. Er schüttelte den Kopf. »Nur aus Erzählungen.«
»Ich finde das Haus langweilig«, sagte Dyan gleichgültig. »Der ›Goldene Käfig‹ ist mehr nach meinem Geschmack. Es liegt am Rand der terranischen Enklave, und man findet die verschiedensten exotischen Vergnügungen dort, selbst Extraterrestrische und Nichthumanoide, wie auch alle Arten von Frauen. Oder«, fügte er wieder in dem bewußt gleichgültigen Tonfall hinzu, »alle Arten von Männern und Jungen.«
Regis errötete heftig und versuchte es zu verbergen, indem er hustete, als habe er sich an seinem Getränk verschluckt.
Dyan hatte sein Erröten bemerkt und grinste. »Ich hatte vergessen, wie konventionell junge Leute sein können. Vielleicht muß sich ein Gefühl für … exotische Vergnügungen … erst herausbilden, wie eine Vorliebe für richtigen Wein anstatt für Apfelwein. Und drei Jahre in einem Kloster können kaum ein Gefühl
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