Hasturs Erbe
der Herr gerade von der Jagd zurückkehre. Regis vermutete, daß hier wohl häufiger Kaninchen als anderes Fleisch aufgetischt würde.
Ein hochgewachsener älterer Mann in einem einst ansehnlichen Tuchumhang ritt langsam auf ihn zu. Er trug Schnurrbart und Backenbart und saß mit der aufrechten Lässigkeit eines ehemaligen Soldaten im Sattel. Ein feiner Falke saß mit seiner Haube auf dem Sattelknauf.
»Seid gegrüßt«, sagte er mit tiefer Stimme. »Wir sehen nur wenige Reisende auf Syrtis. Wie kann ich Euch dienen?«
Regis stieg vom Pferd, machte eine höfliche Verbeugung. »Dom Felix Syrtis? Regis-Rafael Hastur, para servirte .«
»Mein Haus und ich stehen Euch zu Diensten, Lord Regis. Laßt mich für Euer Pferd sorgen. Der alte Maurus ist fast blind. Ich würde ihm ein so feines Tier nicht anvertrauen. Würdet Ihr mit mir kommen?«
Regis nahm sein Pferd am Zügel und folgte dem alten Mann zu einer steinernen Scheune hin, die in besserem Zustand als die meisten der Nebengebäude war und abgedichtet und neugedeckt schien. Am anderen Ende war ein eingezäunter Platz, in der Nähe gab es offene Pferdestände, und Regis versorgte sein Pferd in dem nächstgelegenen, während Dom Felix ein Bündel kleiner Vögel vom Sattel knüpfte und sein Tier absattelte. Regis sah Danilos schönen schwarzen Hengst in einer anderen Box stehen, daneben das alte, knochige Jagdpferd, das Dom Felix geritten hatte, und zwei gute, wenn auch alte Mähren. Die anderen Ställe waren leer, abgesehen von einem Paar schwerer Ackerpferde und einem oder zwei Milchkühen. Dies war in der Tat entsetzliche Armut für eine Familie von edlem Blut, und Regis schämte sich, Zeuge davon zu werden. Er erinnerte sich, daß Danilo kaum ein ungeflicktes Hemd auf dem Rücken gehabt hatte, als er zu den Kadetten kam.
Dom Felix betrachtete Regis schwarze Stute mit einer Liebe, die Männer seines Typs offen nur auf ihre Pferde und Falken richten. »Ein feines Tier, vai dom . Von Armida, nicht wahr? Ich kenne die Rasse.«
»Stimmt. Ein Geburtstagsgeschenk von Lord Kennard, bevor ich nach Nevarsin ging.«
»Darf ich ihren Namen wissen, Lord Regis?«
»Melisande«, sagte Regis, und der alte Mann streichelte zärtlich die weichen Nüstern. Regis nickte hinüber zu Danilos feinem Schwarzen. »Da ist einer aus dem gleichen Stamm. Es könnten sogar Fohlen von der gleichen Stute sein.«
»Ja«, sagte Dom Felix kurz. »Lord Alton verlangt keine Geschenke zurück, wie unwürdig auch immer der Empfänger war.« Er schloß den Mund abrupt, und Regis sank das Herz. Es sah schlecht aus für seine Sendung. Dom Felix wandte sich ab, um den Falken zu versorgen, und Regis fragte: »War es eine gute Jagd, Sir?«
»Nichts Besonderes«, sagte Dom Felix kurz, nahm den Falken vom Sattel und trug ihn in die Voliere am anderen Ende. »Nein, mein Lord, Ihr werdet den Vogel stören, den ich hier habe. Bitte bleibt dort, wo Ihr seid.«
So zurückgestoßen, blieb Regis in einiger Entfernung stehen. Als der alte Mann zurückkam, machte er ihm über den guttrainierten Vogel Komplimente.
»Das ist meine Lebensarbeit, Lord Regis. Ich war Falkner bei Eurem Großvater, als Euer Vater noch ein Junge war.«
Regis zog im stillen eine Braue hoch, doch in diesen stürmischen Tagen war es nicht ungewöhnlich, einen früheren Höfling in Ungnade zu finden.
»Wie kommt es, daß Ihr mein Haus beehrt, Dom Regis?«
»Ich wollte Euren Sohn Danilo besuchen.«
Der alte Mann preßte die Lippen aufeinander, daß sie zwischen Schnurr- und Backenbart kaum noch zu sehen waren. Schließlich sagte er: »Mein Herr, Eurer Uniform nach müßt Ihr wissen, daß mein Sohn in Schande gefallen ist. Ich bitte Euch, laßt ihn in Frieden. Was immer sein Vergehen auch war, er hat dafür mehr als genug bezahlt.«
Regis sagte schockiert, aber doch nicht unhöflich: »Nein, ich bin sein Freund!«
Jetzt explodierte die zurückgehaltene Feindseligkeit.
»Die Freundschaft eines Comyn-Lords ist so süß wie ein Bienenschwarm. Sie trägt einen tödlichen Stachel! Ich habe bereits einen Sohn verloren aus Liebe zu einem Lord der Hasturs. Muß ich nun im Alter das letzte Kind auch noch verlieren?«
Regis sagte leise: »Mein ganzes Leben lang, Dom Felix, habe ich nichts als Gutes über den Mann gehört, der sein Leben in einem vergeblichen Versuch hingab, meinen Vater zu retten. Haltet Ihr mich für so bösartig, daß ich dem Haus eines solchen Mannes Übles wünsche? Welchen Groll Ihr auch immer gegenüber meinen
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