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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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fordernder sind als jene Instinkte. Es ist für einen Telepathen immer schwierig, das Gleichgewicht zu halten. Und dann kann es auch Bedürfnisse geben, die noch stärker sind. Emotionale Bedürfnisse. Und das ist ein Gewicht, das einen jeden von uns in Stücke zerreißen kann.« Regis hatte das komische Gefühl, daß Dyan gar nicht zu ihm redete, sondern zu sich selber.
    Abrupt stellte Dyan das leere Weinglas ab und stand auf. Er sagte: »Doch ein Vergnügen ohne Gefahr ist es zu beobachten, wie junge Leute in Klugheit aufwachsen, Vetter. Ich hoffe, eine Menge von diesem Erwachsenwerden bei dir in diesem Winter zu sehen, und ich werde dir mit Interesse zusehen. In der Zwischenzeit denk daran: Ich kenne die Stadt gut, und ich würde dir gerne alles zeigen, was du sehen willst.« Plötzlich lachte er laut auf und sagte: »Und glaub mir, Vetter, diese Unterweisung verursacht keine Verletzungen.«
    Schnell ging er fort. Regis nahm seinen Umhang vom Sitz und fühlte sich verwirrter als je zuvor. Er hatte den Eindruck, daß Dyan noch etwas anderes hatte sagen wollen.
    Er mußte an dem Tisch mit den Kadetten vorbei, die dort bei Apfelwein oder Bier saßen. Er bemerkte, daß sie ihn nicht gerade freundlich anstarrten. Keiner bot ihm auch nur einen höflichen Gruß an. Er reckte das Kinn vor und wandte ihnen den Rücken zu. Einer sagte leise: »Lustknabe!«
    Regis spürte eine ungeheure Welle von Wut in sich aufsteigen. Er wollte sich zu dem Jungen umdrehen und ihn zu einer blutigen Masse zusammenschlagen. Dann verhärtete sich seine Miene; er zwang sich, fortzugehen und so zu tun, als habe er nichts gehört. Wenn man auf das Bellen von Hunden hört, wird man taub und lernt nichts dabei .
    Er erinnerte sich an die verschiedenen Beleidigungen, die er versucht hatte zu überhören, meistens der Art, daß die Comyn unter einer Decke steckten, daß er bestimmte Vorteile genoß, weil er Comyn-Erbe sei. Doch dies hier war neu. Er erinnerte sich, wie sich Danilo in der Nacht vor seinem Hinauswurf spöttisch gegen ihn gewandt hatte. Dani war ein Cristoforo , und für ihn war es mehr als eine Beleidigung.
    Er wußte, daß Dyan für solches Gerede mehr als nur Verachtung übrig hatte. Er machte aus seinen Vorlieben niemals ein Geheimnis. Und doch fühlte sich Regis seinem Verwandten gegenüber in einer sonderbar beschützenden Rolle, weil er seine Bitterkeit gespürt hatte. Er spürte den merkwürdigen Wunsch, ihn zu verteidigen.
    Wieder kam ihm ein Gedanke in den Sinn, mit einer Frustration, die zu neu für ihn war, um zu wissen, daß sie unter Telepathen einen Gemeinplatz bedeutete, nämlich daß es Zeiten gab, in denen Laran bei persönlichen Beziehungen absolut keine Hilfe bedeutete.
     
    Die Saison war vorüber. Man entließ die Kadetten nach Hause, und Regis zog in die Hastur-Räume in Schloß Comyn. Er schätzte die Ruhe und Stille dort und hatte Spaß daran, morgens so lange wie er wollte auszuschlafen. Und die Köche der Hasturs waren gewiß besser als die in der Offiziersmesse. Die lange Zeit der Askese, erst in Nevarsin, dann in der Kaserne, gab ihm fast ein Schuldgefühl wegen dieses Luxus. Er konnte es nicht so genießen, wie er gern gewollt hätte.
    Eines Morgens frühstückte er mit seinem Großvater, als Lord Hastur plötzlich unvermittelt sagte: »Du siehst nicht gut aus. Was fehlt dir?«
    Regis meinte, sein Großvater habe ihn so selten gesehen, daß er eigentlich keine Ahnung haben könnte, wie er normal aussah. Er war zu höflich, dies zu sagen, daher antwortete er: »Langeweile, vielleicht. Vielleicht nicht genug Bewegung.«
    Es beunruhigte ihn, daß er unwillkürlich die Gedanken seines Großvaters auffing: Es ist nicht richtig, daß der Junge hier herumsitzt, wo ich so wenig Zeit für ihn habe .
    Hastur sagte laut: »Ich fürchte, ich war zu beschäftigt, es zu bemerken, mein Junge. Tut mir leid. Möchtest du gern nach Burg Hastur gehen oder irgendwo anders hin?«
    »Ich wollte mich nicht beklagen, Sir. Aber ich habe das Gefühl, ich bin Euch von keinem Nutzen. Als Ihr mich gebeten habt, den Winter über zu bleiben, dachte ich, es gäbe etwas für mich zu tun.«
    »Ich wünschte, du könntest mir helfen. Unglücklicherweise hast du noch nicht genügend Erfahrung, um mir eine große Hilfe zu sein«, sagte Hastur, konnte jedoch ein flüchtiges Gefühl der Befriedigung nicht verbergen: Er fängt an, sich zu interessieren . »Irgendwann diesen Winter kannst du ja an ein paar Sitzungen der Cortes teilnehmen und

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