Hauch der Verdammnis
Mutter drehte sich zu ihm um. »Gestehst du mir wenigstens zu, dass ich mit dem Leichtathletikteam recht hatte?«
Michael versuchte das Grinsen zu unterdrücken, das seine schlechte Laune bedrohte, aber er schaffte es nicht ganz. »Muss ich wohl, oder?« räumte er ein. »Und ich kann auch kaum behaupten, dass die Schule in New York schöner war.«
»Halleluja!« rief Katharine. »Vielleicht gibt es doch noch ein Leben nach New York.«
Nach etwa anderthalb Kilometern erreichten sie eine kleine Ortschaft. »Das ist Makawao«, sagte Rob. »Früher war es eine Cowboystadt, aber heute ist es die New-Age-Metropole von Maui. Hier sind alle möglichen Therapieschulen vertreten. Die meisten interessanten Leute wohnen hier, ich natürlich auch.«
Während der Explorer rechts abbog, sah Katharine zu ihrer Rechten eine lange Reihe mit Gebäuden, die aussahen, als dienten sie als Kulisse in einem Western.
»Sind die echt?« fragte sie.
Rob nickte. »Sie sind natürlich hergerichtet, aber im Grunde sind sie so geblieben, wie sie damals waren. Allerdings werden dort jetzt keine Sättel und kein Zaumzeug mehr verkauft, sondern Kräutertees und homöopathische Salben.«
Kurz hinter Makawao wurde die Straße schmaler und führte in einer Reihe von Haarnadelkurven steil den Berg hinauf. Bald wurde der tropische Wuchs um die Stadt herum von Eukalyptuswäldern abgelöst, dann kamen Pinien und Zedern. »Wohin fahren wir?« fragte Katharine schließlich.
»Zu eurem Haus«, sagte Rob. »Ich habe eins gefunden, das nahe bei der Ausgrabungsstelle liegt. Es ist nicht allzu prächtig, aber von dort ist es nur eine Viertelstunde bis zur Schulbushaltestelle.« Er sah in den Rückspiegel. Falls Michael zugehört hatte, hatte er jedenfalls nichts dazu zu sagen, und als Rob Katharine ansah, zuckte sie nur mit den Schultern. »Ich hoffe, es gefällt dir«, sagte Rob.
»Scheint ein bißchen weit weg von allem zu liegen, oder?« kommentierte Michael von hinten. »Ich meine, ich habe keinen Führerschein, und bis zur Stadt ist es furchtbar weit, oder?«
»Wie wär's mit einem Fahrrad?« schlug Rob vor.
Michael sah auf die steil ansteigende Straße hinaus. »Runter geht es vielleicht, aber wie soll man hier raufkommen? Mit fünfzig Gängen vielleicht.«
Mit dem Anflug eines schlechten Gewissen erkannte Rob, dass Michael recht hatte und er bei der Auswahl des Hauses seine Situation eigentlich gar nicht bedacht hatte. »Vielleicht habe ich tatsächlich einen Bock geschossen«, gab er zu. »Im Grunde habe ich wohl das Haus ausgesucht, das mir am besten gefallen hat. Aber wenn es euch wirklich nicht zusagt, könnt ihr euch ein anderes suchen, okay?«
Michael zuckte mit den Schultern, sagte aber nichts mehr.
Sie ließen einen Zedernwald hinter sich, und nachdem sie vorsichtig eine weitere Haarnadelkurve durchfahren hatten, bogen sie auf eine lange und schmale Straße, die von Eukalyptusbäumen gesäumt wurde. In einigem Abstand voneinander standen an beiden Seiten ein paar kleine, verwitterte Holzhäuser. Nach zweihundert Metern hatten sie das Ende der Straße erreicht. Dort war eine schmale Durchfahrt durch einen Zaun gebrochen worden, der gänzlich aus Eukalyptusscheiten bestand, die man zwischen die Stämme noch lebender Bäume geklemmt hatte. Hinter dem Zaun zeigte sich eine schattige Lichtung, in deren Mitte das zauberhafteste Haus stand, das Katharine je gesehen hatte.
Es war einstöckig und ganz von einer breiten Veranda umfasst. Das Dach war über der Vordertür leicht abgeknickt und ragte steil hinauf. Schon auf den ersten Blick erkannte Katharine, dass das Haus vollkommen rechteckig konstruiert war. Jede Seite des Daches wurde von einem kleinen Giebel durchbrochen. Die Pfeiler und Träger, welche die Veranda stützten, waren reich verziert, so dass das Haus trotz seiner grundlegend polynesischen Architektur etwas Viktorianisches ausstrahlte.
Drinnen gab es ein großes Wohnzimmer, eine Küche, zwei Schlafzimmer und ein Bad. Vor der Küche war ein Teil der Veranda umbaut worden und bildete so eine Art Wäscheraum.
Hinter dem Haus und dem Eukalyptuswald zog sich Weideland den Berg hinab, ein dichter Teppich, der hier und da von ein paar Eukalyptus- und Jacarandabäumen durchbrochen wurde. Hinter den Weiden öffnete sich der Blick auf beide Küsten der Insel, das Tal, das sie trennte, und die West-Maui-Berge, deren von Wind und Regen erodierte Flanken eine Wildnis von zerklüfteter Schönheit bildeten.
Katharine stand auf der Veranda
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