Hauch der Verdammnis
mir nur Bescheid. Ich will ihm schon seit Jahren eine ordentliche Tracht Prügel verpassen, aber er ist so klein, dass ich mich gar nicht an ihm vergreifen kann. Er ist ja noch kleiner als du! Aber er kann nicht laufen!«
Michael kapierte gar nichts mehr. »Was ist denn jetzt los?«
»Wie hast du das nur gemacht?« fragte der Verlierer des Rennens. »Mann, ich war zehn Meter vor dir und in vollem Lauf, als du gestartet bist!« Er legte seinen Arm um Michaels Schultern und ging mit ihm zum Trainer und den anderen Schülern. »He, Rick, wie schnell ist er die hundert denn gelaufen?« fragte er den Jungen mit der Stoppuhr.
»Knapp über elf Sekunden«, antwortete der Zeitnehmer.
»Das ist eine ganze Sekunde schneller als der beste Läufer, den wir je hatten«, sagte der andere, »Ich bin auf den langen Strecken ganz gut, aber Sprint ist nicht mein Ding.«
Michael sah ihn mißtrauisch an. »Ich dachte, du wolltest mich fertigmachen?«
Der große Junge grinste. »Das war doch, als du nichts weiter als ein stinkender haole warst. Ich bin Jeff Kina.« Er streckte seine Hand aus und rief dem Trainer zu: »Mr. Peters, er ist doch im Team, oder?«
»Er schon, aber ich weiß nicht, wie lange du noch drin bist. Wie kommt es, dass dich jemand schlägt, der einen Kopf kleiner ist als du und vor dem du einen Vorsprung hattest?«
Jeff Kina lachte prustend. »He, ich kann schließlich nicht alles können. Aber was ich nicht kann, das kann Michael. Dieses Jahr laufen wir alle in Grund und Boden!«
Zum erstenmal hatte Michael das Gefühl, dass es vielleicht doch keine schlechte Idee gewesen war, nach Maui zu gehen, und als er eine Stunde später - nach dem ersten Training - zu Hause anrief, versuchte er erst gar nicht, cool zu wirken.
»Ich bin's, Mom«, sagte er, als sich der Anrufbeantworter meldete. »Rate mal, was passiert ist. Ich hab's geschafft! Ich bin im Laufteam! Ist das nicht unglaublich? Ich hab's geschafft!« Nach kurzem Zögern sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. »Ich habe viel neue Jungen kennengelernt, die sind alle ganz toll. Nur einer ...« Er brach mitten im Satz ab. Warum sollte er seine Mutter damit beunruhigen, dass heute morgen jemand gedroht hatte, ihn zu verprügeln? Das war schließlich vorbei. »Egal, ich wollte nur sagen, dass ich mit Josh und ein paar Jungs aus dem Team noch weggehe. Wir wollen nach Kihei, einen Hamburger essen und ins Kino oder so, um zu feiern. Ich bin gegen halb elf wieder da, spätestens um elf. Ist das nicht toll, dass ich es geschafft habe? Bis später.« Michael legte den Hörer auf und sah strahlend zu Josh Malani und Jeff Kina hinüber, die an der Tür auf ihn warteten. »Wo sind die anderen?« fragte er.
»Die sind schon los«, antwortete Josh.
»Dann nichts wie hinterher!« sagte Michael und nahm seine Sporttasche. »Weiß jemand, welche Filme laufen?«
Aber als sie den Umkleideraum verließen und auf den Parkplatz zugingen, machte Josh Malani einen anderen Vorschlag, der nichts mit Kino zu tun hatte. Als er ihn hörte, spürte Michael einen Knoten im Magen.
Einerseits, weil Joshs Vorschlag so aufregend klang.
Zum anderen, weil er Angst hatte.
»Nachttauchen?« fragte er, als er seine Sporttasche auf die Ladefläche von Joshs Chevy-Pick-up warf. »Ist das nicht gefährlich?«
Josh grinste. »Ein bißchen schon. Und wenn schon. Es wird dir gefallen.«
Vielleicht sollte ich noch mal Mom anrufen, dachte Michael, als sich die Jungen in den rostigen Pick-up zwängten. Vielleicht sollte ich ihr sagen, was wir vorhaben. Wenn irgend etwas passiert ...
Vergiß es, sagte er sich schließlich. Sie macht sich doch nur Sorgen.
KAPITEL 7
»Seid ihr sicher, dass das eine gute Idee ist?« fragte Michael noch einmal. Er, Josh Malani, Jeff Kina und zwei andere Jungen aus dem Laufteam - Rick Pieper und ein Kioki, dessen Nachnamen Michael vergessen hatte - hatten sich Hamburger, Pommes frites und Cola in einem Lokal namens Peggy Sue einverleibt. Beim Essen erklärte Josh ihnen, auf welche Weise sie sich in Kihei Ken's Dive Shop ausrüsten wollten: »Er legt den Schlüssel unter die Tonne an der Hintertür.«
»Na und?« machte Michael, aber mittlerweile wusste er schon, dass sein Freund mit irgendeiner merkwürdigen Erklärung aufwarten würde, die jedoch aus seinem Mund immer irgendwie glaubhaft klang.
»Ken ist mein Freund, und er hätte nichts dagegen.«
»Dann ruf ihn doch einfach an und frag ihn«, schlug Michael vor, worauf er jedoch nur den ihm bereits
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