Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hauch der Verfuehrung

Titel: Hauch der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
Vom Netzwerk:
einen Moment lang hielt die Welt um sie herum den Atem an.
    Sie drehte sich um und folgte Millicent über die Terrasse ins Haus.

4
    Nach dem Lunch, einer weiteren mehr oder weniger in Stille eingenommenen Mahlzeit, zog sich Gerrard in sein Studio zurück, während Barnaby sich aufmachte, um sich den Zyklop-Felsen genauer anzusehen und die Gärten auch noch einmal zu betrachten.
    Vor dem Essen hatten sie gemeinsam den Garten der Nacht durchstreift - ein seltsamer, dramatischer und irgendwie verstörender Ort. Die Atmosphäre dort hatte alles gehalten, was Gerrards Traum versprochen hatte; es war dort nicht nur düster und geheimnisvoll, man fühlte auch einen Hauch von Bedrohung in der bedrückenden Stille. Der fröhlichere Garten des Poseidon hatte sie dann aufgeheitert, ehe der Gong sie wieder ins Haus gerufen hatte.
    Nachdem er die Tür zu seinem neuen Atelier geschlossen hatte, machte sich Gerrard an die Arbeit. Er wusste genau, was er tun wollte - er musste sich alles zurechtlegen, was er zum Malen brauchte, die Kisten auspacken, die die Lakaien vor der Wand gestapelt hatten, Farben, Pinsel, Schwämmchen und Stifte sowie all das andere Malzubehör, das er gerne griffbereit hatte. Während seine Hände die entsprechenden Handgriffe ausführten, drehten sich seine Gedanken nur um eines.
    Um Jacqueline Tregonning.
    Er durchlebte im Geiste noch einmal alle Momente, die sie miteinander verbracht hatten, was sie getan, wie sie sich verhalten hatte; und er versuchte, dieses Verhalten bis ins kleinste Detail hinein zu deuten, um sich ein Bild von ihr zu machen, das einigermaßen zutreffend darstellte, was, wer und wie sie war und mit wem er es zu tun hatte.
    Seine ursprüngliche Einschätzung war, dass sie Charakterstärke besaß. Das hatte sich als richtig erwiesen, doch ihr Wesen war sehr komplex, viel mehr, als er gedacht hatte. Er hatte sie für rätselhaft gehalten - und ein Rätsel war sie ihm immer.
    Er hatte bis jetzt noch keine wirklichen Fortschritte erzielt bei dem Versuch, sie zu verstehen. Seine Beobachtungen hatten ihm keine Antworten geliefert, sondern nur mehr Fragen aufgeworfen.
    Und das überraschte ihn.
    Er hätte, spürte er, mit der Überraschung gut leben können, mit der Herausforderung, die sie darstellte, wenn da nicht noch mehr wäre - die Aspekte ihrer Beziehung, die er nicht vorhergesehen hatte und von denen er nicht wusste, wie er mit ihnen umgehen sollte.
    Trotz seiner Lebenserfahrung war ihm dergleichen noch nie zuvor begegnet. Noch nicht einmal wenn die Frauen, die ihm Modell saßen, von atemberaubender Schönheit waren - wie zum Beispiel die Zwillinge -, hatte er sich bei der Frage ertappt, wie ihre Lippen wohl schmecken würden.
    Er sagte sich die ganze Zeit, dass ihre sexuelle Anziehungskraft auf ihn gewiss nachlassen, sich in seine übliche interessierte Distanziertheit wandeln würde, sobald er mehr über Jacqueline erfuhr. Stattdessen war, wenigstens bis jetzt, die Anziehung nur stärker geworden, je besser er sie kennenlernte.
    Gerrard öffnete die Schlösser an der Kiste vor sich auf dem Boden und klappte den Deckel auf, kniete sich davor und betrachtete die Stifte, die Zeichenkohle und die Kreiden, die ordentlich darin verstaut waren. Er versuchte, sich auf seine Kunst zu konzentrieren, das, was er tun musste, um die Flamme in sich zu nähren, seine Unruhe dorthin zu lenken, hatte aber keinen Erfolg.
    Er wählte zwei Stifte aus und schloss den Deckel wieder. Dann stand er auf und ging zu dem Tisch, der im rechten Winkel am Ende eines der breiten Fenster stand, genau wie er es verlangt hatte. Darauf lag ein Stapel Skizzenblöcke; das leicht strukturierte Papier, das er für die allerersten Entwürfe bevorzugte, war bereits in jungfräulichem Weiß ausgebreitet, harrte seiner ersten Eindrücke, seiner ersten Versuche, ihr Wesen einzufangen.
    Bei dem Anblick verspürte er immer Vorfreude, Erregung und Eifer, sich in die neue Aufgabe zu stürzen. So fühlte er auch jetzt, wie seine Sinne sich schärften, doch da war noch etwas anderes, etwas noch Verlockenderes, das am Rande seines Bewusstseins lauerte und ihn ablenkte.
    Gerrard legte die Stifte hin, holte tief Luft und schloss die Augen - und rief sich in lebhaften Farben ins Gedächtnis, wie ihre Augen ausgesehen hatten in jenem spannungsgeladenen Moment am Strand - Moosgrün, Bernstein, Gold und Braun miteinander vermischt.
    Er konzentrierte sich auf den Moment, der sich immer wieder in seinen Gedanken abspielte; er erinnerte sich

Weitere Kostenlose Bücher