Hauch der Verfuehrung
Stoff ihres Nachthemds deutlich abzeichnen musste. Ihr wurde heiß, ihre Haut prickelte - eine körperliche Reaktion, als habe er sie berührt. Heftiger, als wenn ein anderer sie wirklich berührt hätte, doch es war sein Blick allein, und der Hunger, den sie dahinter spüren konnte.
Die Uhr tickte. Unendliche Augenblicke hielt das Verlangen sie gefangen, eine Kraft, stark genug, dass sie sie beide fühlten. Sie gönnte sich einen Moment, sie zu genießen, sich dieser Erfahrung hinzugeben, aber das war auch schon alles, was sie wagte - er war stark genug, um sich zu befreien, wenn sie es nur zuließ.
Sie hielt immer noch den Kerzenständer in einer Hand, bis auf das schwache Feuer im Kamin die einzige Lichtquelle im Zimmer. Um ihn abzustellen, würde sie sich umdrehen müssen, den Blick von ihm abwenden und damit den Bann brechen.
Nein. Der Bann war da, war ihre Waffe, die sie einsetzen konnte, wenn sie wollte.
Sie wollte.
Langsam streckte sie die andere Hand aus - mit nach oben gewandter Innenseite, eine unausgesprochene Einladung.
Einen Herzschlag lang hing sein Blick an ihrer Hand, und sie überlegte, ob er ablehnen würde. Aber dann sah er sie an, und der alberne Gedanke verflog.
Er kam zu ihr, ganz langsam, wie das Raubtier, das er in Wahrheit war. Der von der Gesellschaft geliebte Künstler -er war bei ihr, hier in ihrem Schlafzimmer. Es war beinahe Mitternacht.
Er schloss eine Hand um die ihre, umgab sie mit seiner Kraft und Wärme. Als er näher trat, hob er ihre Hand an die Lippen und drückte einen zarten Kuss auf ihre Fingerknöchel.
Dabei ließ er sie keine Sekunde aus den Augen; dann drehte er ihre Hand um und zog sie an sich, drückte einen langen Kuss auf die empfindsame Handinnenfläche.
Sie fühlte es wie ein Brandzeichen, sengend heiß und besitzergreifend. Sie bekam keine Luft, als er ihr langsam den Kerzenständer aus dem gelockerten Griff entwand und hinter ihr auf das Kaminsims stellte.
Er trat noch näher, ließ ihre Hand los, sodass sie auf seiner Schulter zu ruhen kam, zog sie an sich. Sie war sich seiner Kraft und Stärke überdeutlich bewusst, seiner Hand, als er sie ihr auf den Rücken legte; der Stoff ihres Nachthemdes und Morgenrockes war viel zu dünn, um irgendeinen Schutz zu bieten.
Ihre Blicke verfingen sich, und alles wurde gesagt, was zu sagen war - und doch fiel kein einziges Wort. Dann beugte er sich vor, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, bot ihm ihren Mund.
Ihre Lippen berührten sich, erst zart, dann nachdrücklicher, verschmolzen miteinander.
Der Kuss sandte sie in ein Meer der Hitze und wohliger Wärme, während ihre Zungen miteinander das uralte Spiel spielten. Sie kannte das, wollte es und ging weiter, ohne Vorbehalte zu verspüren. Sie empfing jede träge Liebkosung, erwiderte sie rückhaltlos, bat um mehr, auch wenn sie nicht wusste, worum, was als Nächstes kam. Sie wollte es wissen, es spüren; während sich der Kuss vertiefte, Hitzewellen sie durchliefen und sich unter ihrer Haut ausbreiteten, überließ sie sich ihren Empfindungen; ihr Verlangen wuchs, ein fordernder Rhythmus in ihren Adern, der sie antrieb, mehr in Erfahrung zu bringen.
Gerrard spürte die aufflackernde Kraft, das Aufwallen von Verlangen, und dahinter eine Leidenschaft, die mächtiger war, fordernder und unwiderstehlicher als alles, was er je zuvor erlebt hatte. Ihr Mund war unendlich köstlich, weich und nachgiebig, die personifizierte Versuchung. Sie so leicht bekleidet in den Armen zu halten, während sie sich an ihn schmiegte in ahnungsloser Ergebenheit, das war unvorstellbar verlockend.
Mit Mühe hob er den Kopf, unterbrach den Kuss, um ihr ins Gesicht zu sehen, in die Augen. Es fiel ihm auf, wie schwer er atmete, wie schwindelig ihm war ... jetzt schon.
Keuchend stieß er hervor: »Das hier ist gefährlich.«
Und erschrak selbst, wie rau seine Stimme klang.
Sie blinzelte nicht, sondern studierte sein Gesicht. Er spürte ihren Busen an seiner Brust, als sie tief Luft holte.
»Nein.« Ihr Blick blieb ruhig, ihre Lippen weich und einladend, leicht geschwollen. »Das hier ist richtig.« Nach einem Moment fügte sie hinzu: »Kannst du das nicht auch spüren?«
Das konnte er sehr wohl. Jeder Instinkt in ihm drängte ihn, weiterzumachen, nichts in ihm verlangte, sich zu zügeln. Wenn sie weitermachen wollte, dann er auch.
Sie hatte ihn die ganze Zeit genauestens beobachtet; ihre Lippen verzogen sich langsam. Ihre goldgrünen Augen strahlten. »Du weißt es.« Sie fuhr
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