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Hauchnah

Hauchnah

Titel: Hauchnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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hatte, von niemandem stören lassen wollte.
    „Nein“, sagte sie. „Ich … ich gehe zur Polizei.“
    „Ich begleite dich.“
    Natalies Ablehnung erfolgte prompt. Spontan. „Nein. Danke. Ich gehe allein.“
    Melissa schnaubte durch die Nase. „Du kommst allein besser klar als irgendwer sonst, den ich kenne. Aber ich bin deine Freundin. Lass mich dir helfen. Bitte.“
    Melissas Drängen überraschte sie ebenso wie ihr augenscheinliches Bedürfnis, zu helfen. Natalie zwang sich, ein wenig einzulenken. Melissa war nicht Duncan. Außerdem brachte Melissas beharrliche Hilfsbereitschaft ihr so viele Erleichterungen, dass sie sie nicht abweisen mochte.
    Zum Starbucks im Ort zu gehen war schlimm genug gewesen. Allein schon bei der Vorstellung, in ein öffentliches Gebäude wie das Polizeikommissariat zu gehen, wurde Natalie schwindlig. Sie wollte Agent McKenzies Domäne nicht betreten und denprüfenden Blicken aller anderen ausgesetzt sein, wenn sie selbst nichts sehen konnte.
    Sie wollte nicht einmal daran denken.
    Und sie wusste genau, was das über sie aussagte.
    Dass sie feige war.
    Feige zu sein war vielleicht noch akzeptabel, aber nicht, wenn es zur Folge hatte, dass der Mörder einer jungen Frau womöglich davonkam …
    Sie atmete scharf ein, als Melissa eine Hand über ihre legte.
    Sicher, eben noch hatte Natalie selbst die Hand auf Melissas Arm gelegt. Doch die Menschen, Melissa inbegriffen, hatten schon vor Monaten aufgehört, sie zu berühren. Sie wusste, warum – weil sie sie nicht erschrecken und nicht aufdringlich sein wollten -, doch tief innerlich hatte Natalie immer das Gefühl, sie wollten sich nicht anstecken oder in Verlegenheit bringen. Bis jetzt war ihr nicht klar gewesen, wie sehr der Mangel an Körperkontakt sie traf. Kein Wunder, dass Agent McKenzies Berührung sie umgehauen hatte.
    Herrgott, wem wollte sie etwas vormachen? Allein schon seine Anwesenheit hatte sie umgehauen, einschließlich jeglicher Freundlichkeit, die er gezeigt hatte.
    Er war arrogant und aggressiv aufgetreten, gleichzeitig aber auch freundlich. Er war aufrichtig um ihr Wohlergehen besorgt. Außerdem hatte er gut gerochen. Hatte verlässlich gewirkt, nach dem wenigen zu urteilen, das sie von ihm hatte sehen können. Als könnte er mühelos die Probleme der Welt auf sich laden, was er angesichts seines Berufs wohl oft genug auch tat.
    Und er hat es nicht nötig, sich noch mehr aufzuladen, Natalie, schon gar nicht eine Blinde, die scharf auf ihn ist. Also lass es.
    Natalie presste die zitternden Lippen aufeinander und legte ihre Hand über Melissas. Wieder ergriff ihre Freundin das Wort, bevor sie Gelegenheit dazu fand.
    „Ich bin deine Freundin, Natalie. Und ich wünschte, du würdest mir ein bisschen mehr vertrauen. Du kannst auf mich zählen. Ich würde dich nie im Stich lassen, wie Duncan es getan hat. Er war ein Dummkopf …“
    Bei diesen Worten richteten sich ihre inneren Mauern wieder auf. Natalie konnte nicht fassen, dass Melissa Duncan kritisierte, während sie selbst so manchen Fehlgriff tat, was Männer betraf. Dennoch wusste sie, dass ihre Freundin es gut meinte und ihr auf ihre Weise die Hand reichen wollte. Mit einem gezwungenen Lachen wich sie zurück und schüttelte den Kopf. „Er ist auch nur ein Mensch“, sagte sie obenhin. „Die meisten Männer sind sowieso bindungsscheu. Kannst du dir vorstellen, wie sie dann mit der Bindung an eine Blinde fertigwerden sollen?“
    Dazu konnte Melissa nicht viel sagen. Natalie bat sie, Agent McKenzies und Agent Tylers Telefonnummern in ihrem Festnetzgerät und ihrem Handy zu speichern.
    „Der Vorwahl nach sitzen sie in San Francisco. Da gefällt es dir doch.“
    Natalie ignorierte Melissas Worte und ihren scherzhaften Tonfall. „Ich rufe dich später an. Das heißt, wenn du mich wirklich zur Polizei fahren willst.“
    „Ja! Danke, Nat. Du bist immer für mich da gewesen. Du hast so viel mehr verdient, als Duncan dir hätte geben können. Eines Tages werde ich es dir noch beweisen.“
    Als Melissa fort war, ging Natalie in ihr Arbeitszimmer. Dass der Einbrecher an ihrem Schreibtisch gesessen, in ihren Dateien gestöbert und Einblick in ihr Wesen und ihre Reisen genommen hatte, erschien ihr wie eine Entehrung. Vermutlich sollte sie lieber die Finger vom Computer lassen, selbst wenn ihre Fingerabdrücke schon überall zu finden waren. Doch das hieß nicht, dass sie die Fotos, auf die der Mann es abgesehen hatte, nicht aufrufen konnte. Der Inhalt der Computer in ihrem

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