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Hauchnah

Hauchnah

Titel: Hauchnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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an, mit all ihren Verletzungen, echte Neugier im Blick, und er tat es nicht. „Ja. Es stimmt.“ Es war nicht immer so gewesen. Doch je mehr seine Frau klammerte und forderte, desto schneller starb seine Zuneigung. Es lag einerseits an seiner Sturheit und andererseits an seiner Erziehung, dass er keine Scheidung gewollt hatte. Nancy hatte dann die Entscheidung getroffen und die Scheidung eingereicht. Dennoch konnte Mac nicht leugnen, dass er nach der Scheidung froh war. Erleichtert.
    Ihr Blick flackerte, sei es wegen seiner Ehrlichkeit, sei es wegen der Unmissverständlichkeit seiner Antwort. Was es auch war, ihre Miene verschloss sich, als hätte sie seine Botschaft klar und deutlich verstanden. Es war am besten so. Ob es stimmte, dass sie Lindsays Mörder begegnet war, oder nicht, sie durften sich beide im Moment nicht durch sexuelle Wünsche ablenken lassen. Oder zumindest nicht noch mehr ablenken lassen als bisher schon.
    „Und was jetzt, Mac?“, fragte Natalie.
    Die Art, wie sie wieder seinen Namen aussprach, kurz und liebevoll, leicht gehaucht, warf ihn fast um. Er suchte nach einer Antwort. „Ich muss die Situation mit meinem Team und meinem Vorgesetzten besprechen. Natürlich richten wir Schutzmaßnahmen ein …“
    „Obwohl Sie nicht überzeugt sind, dass es sich tatsächlich um Lindsays Mörder handelt?“
    „Trotzdem. Ich vertraue auf Ihre Instinkte. Glaube, dass Sie sein Geständnis gehört haben. Außerdem ist da noch dieser Kreuzanhänger. Das zusammen ergibt eine stringente Beweislage. Deshalb gehen wir erst einmal auf Nummer sicher.“
    „Ich will einfach … ich möchte einfach mein Haus nicht verlassen.“
    „Der Mann weiß, wo Sie wohnen. Er ist schon zweimal hier gewesen. Mindestens einmal direkt im Haus. Mich wundert, dass Sie hierher zurückgekommen sind, statt, wie es vorgesehen war, gleich zur Polizei zu gehen. Es wäre besser, wenn Sie …“
    „Mit meinem Haus bin ich vertraut“, sagte sie knapp, offenbar ungehalten über die Art, wie er sie zurückwies. „Hier kann ich mich frei bewegen. Dadurch bin ich dem Mann auch beim ersten Mal entkommen. Und dieses Mal ebenfalls. Weil ich erraten konnte, wo wir uns befanden. Dass wir uns noch in meiner Wohngegend aufhielten. An einem unbekannten Ort wäre ich hilflos. Noch hilfloser.“
    Er zögerte, wollte sie in größtmöglicher Sicherheit wissen. Allerdings waren ihre Argumente wirklich überzeugend. „Verstehen Sie mich nicht falsch, Mac“, sagte sie. „Ich will ja Schutz. Aber ich möchte mein Haus, meinen gewohnten Tagesablauf, nicht verlassen, es sei denn, Sie halten es für absolut unumgänglich.“
    Mac überlegte, dann sagte er bedächtig: „Ich halte es nicht für absolut unumgänglich. Noch nicht.“
    Sie nickte. Zwang sich zu einem kleinen Lächeln. „Okay. Sehen Sie, so ist es gut. Wir gehen auf Nummer sicher, schließenaber die Möglichkeit nicht aus, dass ich überreagiert habe. Wer zieht bei mir ein? Doch nicht … nicht Sie oder Jase.“
    Ach, Jase. Es passte Mac nicht, dass sie Jase ins Spiel brachte, doch er verstand inzwischen, warum sie ihn immer wieder erwähnte. Er, Mac, stellte auf einem anderen Niveau – dem urtümlichen Mann-Frau-Niveau – als Jase eine Bedrohung für sie dar. Unter den gegebenen Umständen und angesichts der Tatsache, dass sie sich gegen ihr Interesse an ihm wehrte, konnte er sich über dieses Wissen kaum freuen. „Haben Sie einen bestimmten Wunsch?“, fragte er sanft und war neugierig auf die Antwort.
    „Wenn schon jemand bei mir wohnen muss, wäre mir, wenn möglich, eine weibliche Person lieber.“
    Da gab es kein Wenn und Aber. „Ein berechtigter Wunsch. Wir werden sehen, was wir tun können. Jetzt muss ich mit Jase sprechen, aber …“ Er unterbrach sich, wollte die Hand nach Natalie ausstrecken, ihr das Haar glatt streichen und ihre zerknitterten Kleider richten. „Es war eine kluge Entscheidung, aus dem Auto zu springen, Natalie. Und mutig.“
    Die starrsinnige Frau schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht mutig. Nicht mehr.“
    „Ich glaube, Sie stellen Ihr Licht unter den Scheffel.“ Er spürte, dass seine Bemerkung ihr guttat. Ihre Erblindung hatte ihr Selbstbewusstsein erschüttert, aber im Inneren war sie eine Kämpfernatur. Die wollte er wieder in ihr wecken. Er hätte ihr gern so viel mehr gegeben. Wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.
    Er war jedoch nicht in der Lage. Nicht mehr. Mittlerweile wollte er sich einfach nur auf seinen Beruf konzentrieren. Tun, was in

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