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Hauchnah

Hauchnah

Titel: Hauchnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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Leute suchen sie. Wir informieren Sie, sobald wir etwas wissen.“
    Hoffentlich war das bald der Fall. Und zwar mit guten Nachrichten.
    „Nun mal angenommen, der Einbrecher hat die Fotos kopiert. Was könnten sie Interessantes für ihn zeigen?“
    „Das weiß ich nicht! Ich habe einen USB-Stick mit Kopien von den Fotos bei der Haustür bereitgelegt. Nehmen Sie ihn mit. Schauen Sie sich die Fotos selbst an. Ich habe sie angesehen, aber …“ Sie schüttelte den Kopf und war wütend, weil sie sich schon wieder so hilflos fühlte.
    „Schon gut.“ Macs Stimme wirkte beruhigend auf Natalie. „Sie waren dort. Vielleicht fällt Ihnen noch etwas ein. Etwas, das damals bedeutungslos schien, aber …“
    „Nein, Sie verstehen nicht. Ich erinnere mich nicht mehr an diesen Tag. Ich habe die Fotos, die ich geschossen habe, noch nicht einmal richtig gesehen. Ich … ich habe mir den Kopf gestoßen und bin bewusstlos geworden.“
    „Moment mal. Wurden Sie gestoßen? Angegriffen? Das hätten Sie mir sagen müssen. Woher wissen wir, dass es nicht derselbe …“
    „Niemand hat mich angegriffen. Ich … ich bin nur ausgeflippt, weil … weil es so gut klappte. Ich konnte gut genug sehen, um spazieren zu gehen und Fotos zu machen. Gerade noch genug. Doch das änderte sich dann. Ich bekam Schmerzen, und alles wurde dunkel. Völlig dunkel.“
    Wieder verfiel er in Schweigen. Wahrscheinlich verarbeitete er die ganzen Informationen lediglich, doch sie hörte Zweifel aus seinem Schweigen heraus. Nicht an dem, was am Tag des Bauernmarktes geschehen war, sondern an den Vorfällen früher an diesem Tag.
    „Er sagte, er würde töten, um das Reich Gottes zu schützen“, erklärte Natalie. „Und dass er Lindsay umgebracht hat.“
    „Er hat es zugegeben?“
    „Ja. Er sagte, er müsse wissen, was ich getan habe. Was ich Ihnen gesagt habe. Er sagte noch einmal, dass es ihm leidtäte, aber Gott hätte ihn nicht gehindert. Er schien bereit zu sein, mich nicht umzubringen, aber nur, wenn Gott ihm ein Zeichen gäbe. Ansonsten …“
    „Verdammt.“ Natalie hörte, wie Mac sich mit der Hand über das Gesicht fuhr.
    „Es war derselbe Mann, der mich vor zwei Tagen überfallen hat.“
    „Sie haben seine Stimme erkannt?“
    „Ja. Aber erst, als ich schon ins Taxi gestiegen war. Er hatte den Wagen vorfahren sehen. Sagte, er habe den Fahrer sogar noch zurechtgewiesen, weil er mich hat warten lassen …“ Mit einem ungläubigen, wie geborsten klingenden Lachen schüttelte sie immer noch fassungslos den Kopf.
    Mac trat näher an sie heran, und sein Duft – diese berauschende, maskuline, tröstliche Mischung aus Sandelholz und frischen Orangen – ließ sie tief einatmen.
    „Ich frage Sie äußerst ungern, aber ich muss Gewissheit haben. Manchmal hören Menschen Stimmen, wenn sie großem Stress ausgesetzt sind. Das ist nicht ungewöhnlich. Ich habe es mehrmals bei Zeugen und Opfern von Gewaltverbrechen erlebt. Und bevor wir geheiratet haben, hat meine Frau als Psychologin gearbeitet. Nach allem, was Sie durchgemacht haben …“
    „Sie sind verheiratet?“ Ja, sie hatte an die Möglichkeit gedacht, sich ihn letztendlich jedoch nicht als Ehemann vorstellen können. So verrückt es sich anhörte, sie hatte ihn sich als … ihren Mann vorgestellt. Ihr Schrecken war unüberhörbar, und sie wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    „Geschieden.“
    Sie nickte nur, kam sich bescheuert vor – nicht nur wegen des verräterischen sprachlichen Ausrutschers über seinen Ehestand, sondern auch, weil er eindeutig annahm, sie hätte psychische Probleme. „Ich habe ihn nicht missverstanden, Mac. Ich schwör’s Ihnen. Er hat Lindsay umgebracht und wollte auch mich ermorden.“
    Erst durch sein Zögern wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie ihn mit seinem Rufnamen angesprochen hatte. Doch dazu äußerte er sich nicht. Stattdessen konzentrierte er das Gespräch auf seine oberste Priorität – seine Arbeit.
    „Okay. Sie sagten, er hat Ihnen geholfen, den Stock zu finden. Konnten Sie etwas an ihm erkennen? Seinen Umriss vielleicht? Kam er Ihnen genauso groß vor wie beim vorigen Mal? Konnten Sie erkennen, ob er kräftiger gebaut war oder nicht?“
    Sein Tonfall enthielt keine Spur von Kritik, und wieder einmal wurde Natalie klar, dass Freundlichkeit ihm nicht fremd war. Gelegentlich mochte er sich im Ton vergreifen, doch er war ein Beschützer, nicht von Berufs wegen, sondern weil es Teil seines Wesens war. Ein Teil von ihm, wie seine Augenfarbe oder

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