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Hauchnah

Hauchnah

Titel: Hauchnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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bleiben und sie ablenken wollte, wie sie ihn gebeten hatte. „Warum?“
    „Sie haben gesagt, manchmal erkennen Sie Einzelheiten. Jetzt auch?“
    Sie zuckte die Achseln. „Ich sehe Ihren Umriss. Als würde ich Sie durch eine mit einem grauen Schleier oder dickem Gel bedeckte Linse sehen. Ich sehe Sie deutlicher, wenn Sie vor einem hellen Hintergrund stehen, weil dadurch schärfere Kontraste entstehen.“
    „Und auf diese Weise können Sie noch fotografieren?“
    „Ich fotografiere nicht …“
    „Ich habe Ihre Kamera auf dem Konsolentisch gesehen. Dieses Mal ohne Kappe.“
    Dass er es wusste, schien sie in Verlegenheit zu bringen. „Sehr aufmerksam, Agent McKenzie.“
    Ah. Jetzt war er wieder Agent McKenzie statt Mac. „Heißt das ja?“
    „Nein. Ja. Ich habe eine Weile nicht mehr fotografiert. Aber neulich. Es war ein schönes Gefühl, auch wenn ich glaube, ein Außenstehender sieht auf diesen Fotos nur ein heilloses Durcheinander.
    „Aber Sie tun es für sich, deshalb ist es nicht wichtig.“
    Sie neigte fragend den Kopf zur Seite. „Sie haben recht. Ich bin nur streng mit mir selbst.“ Ihre Miene wurde ernst. „Ich habe die ganze Welt bereist und bedeutende Menschen und Ereignisse fotografiert, die das Leben veränderten. Jetzt kann ich mich glücklich schätzen, wenn ich einen leblosen Gegenstand aufs Bild bringe. Jämmerlich, nicht wahr?“
    „Ganz gleich, wie Sie sein mögen, Natalie, jämmerlich sind Sie auf keinen Fall.“ Das Kompliment überraschte sie beide. „Und wie atme ich?“
    Sie presste die Lippen aufeinander und errötete unter Macs Blick.
    Woran genau mochte sie denken? An ihn? An sich und ihn? Zusammen und verschwitzt und nackt? „Sie wollen es mir nicht sagen?“
    Sie schüttelte den Kopf und lächelte. „Sie atmen langsam undregelmäßig. Gerade genug. Als wüssten Sie, dass Sie viel Raum einnehmen, und wollten nicht mehr verbrauchen, als Ihnen zusteht. Als müssten Sie immer etwas beweisen. Etwas wiedergutmachen. Als bräuchten andere Menschen die Luft nötiger als Sie, weshalb Sie sie lieber ihnen überlassen.“
    Mac fuhr zusammen. Ihm war wie nach einem Schlag in die Magengrube. Er stand auf, trat wieder zu Natalie und war sich sogleich bewusst, wie sehr er sie überragte. Dass sie zu ihm aufblicken musste. Wie klein und zerbrechlich und feminin sie im Vergleich zu ihm war. „Wer zum Teufel sind Sie? Was sind Sie?“
    Ihr Lächeln erlosch. „Ich … ich weiß nicht, was Sie meinen.“
    „Oh doch. Ich selbst verfüge von Natur aus über ein gutes Maß an Intuition, aber Sie … Sie sehen Dinge, die kein anderer sieht.“
    „Was habe ich an Ihnen gesehen?“
    Mac schwieg eine Weile. Dann hatte er sich wieder im Griff. „Zu viel. Ich … ich brauche einen Drink. Und Sie?“ Bevor sie antworten konnte, ging er zur Tür und rief: „Jase!“
    „Ich telefoniere. Bin gleich da“, rief Jase zurück.
    Mac unterdrückte einen Fluch. „Ich hole den …“
    „Mac?“
    Er versteifte sich, als er eine leichte Berührung am Arm spürte. Vorsichtig drehte er sich um. Wie hatte sie näher kommen und ihn berühren können, ohne dass er auch nur mitbekam, dass sie vom Tisch aufgestanden war? Was zum Teufel war los mit ihm?
    Sie sah zu ihm hoch. Ihre Pupillen waren von einem klaren, frischen Grün, wie das Meer auf den Bahamas, wo er vor dem College einen Monat lang ganz allein geangelt hatte. Schon lange hatte er vor, die Inseln noch einmal zu besuchen.
    „Tut mir leid, wenn ich Sie mit meinen Worten verärgert habe, Mac.“
    Während sie sprach, ließ er den Blick zu ihren Lippen schweifen. Sie waren voll, und die Oberlippe mit der winzigen Knospe in der Mitte hätte geradezu zum Küssen verlockt, wären nicht die Schwellung und die Verletzungen in Natalies Gesicht gewesen,die daran erinnerten, wie knapp sie entkommen war. Womöglich dem Tod. Die ihn zu ermahnen schienen, dass er ihr Gesicht nicht mit den Fingerspitzen streicheln durfte, um zu überprüfen, ob ihre Haut so zart war, wie sie aussah. Herrgott, trotzdem wollte er sie küssen.
    Jase erschien im Flur und kam auf sie zu. Verunsichert wich Mac zurück, als hätte er sich verbrannt.
    Als hätte er Macs Verlangen nach einem Drink erahnt, reichte Jase ihm eine Büchse mit kalter Limonade. „Bitte schön.“ Er hielt ihnen eine zweite Dose entgegen. „Ich habe auch eine für Sie besorgt, Ms Jones. Ich dachte, etwas Zucker könnte Ihnen guttun.“
    Mac blickte Jase an. Jase schüttelte den Kopf, um ihn ohne Worte wissen zu

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