Hauchnah
Gesellschaft?
„Was soll diese theologische Diskussion jetzt plötzlich? Was hast du über Lindsays Kreuzanhänger herausgefunden?“
Diesen Zusammenhang hatte sie auf Anhieb erkannt. Sie war klug, aber das wusste er ja längst.
„Ich habe mit Hanes’ Bewährungshelferin gesprochen. Nach seiner Haftentlassung wurde er wiedergeboren. Lindsays Familie war auch fromm, doch Lindsay hatte begonnen, sich von dem Glauben, in dem sie erzogen wurde, zu entfernen. Ich möchte wetten, dass sie zur gleichen Kirche gehörte wie Alex. Dort haben sie sich vermutlich kennengelernt. Ich muss noch zahlreiche Antworten finden, bevor ich diesen Fall abschließen kann. Und diese Antworten zu finden, das wird Zeit kosten.“
„Nun, ich habe reichlich Zeit.“
So wie sie es sagte, klang es wie etwas Schlimmes. Wie etwas, das sie ertragen musste. Es widersprach der Hoffnung, dass sie sich an ihre Situation gewöhnen und in ein normales Leben zurückfinden würde. Und Mac fühlte sich bestätigt: Es war richtig gewesen, Kontakt zu Carmen Delgado aufzunehmen.
„Wie wär’s dann, wenn du ein bisschen von dieser Zeit mit mir verbringst?“
Ihre Überraschung hätte nicht größer sein können, wenn er sich vorgebeugt und ihr in die Nase gebissen hätte. „Wie bitte?“
„Ob du den Tag mit mir verbringst. Ich habe eine Woche lang ununterbrochen gearbeitet. Nachdem Hanes gefunden ist, steht mir ein bisschen Urlaub zu.“
„Das halte ich nicht für eine gute Idee.“
Er im Grunde auch nicht, aber irgendetwas drängte ihn zu der Bitte. Er konnte die Vorstellung, dass Natalie das Leben lediglich ertrug, nicht aushalten. Sie war zu lebhaft und zu besonders, um sich mit derartigem Unsinn zufriedenzugeben. „Weil wir uns geküsst haben?“
Sie wandte sich ab, als könnte sie sich dadurch vor seinen Fragen schützen. „Deswegen und wegen der Dinge, die du gesagt hast … hinterher.“
Ja. Diese Dinge. Er erinnerte sich klar und deutlich an seine Worte. Wir finden den Mann, der dich bedroht, und wir stellen Lindsays Mörder, ganz gleich, ob es sich um dieselbe Person handelt oder nicht. Und dann bist du keine Zeugin mehr. Dann hast du nichts mehr mit meiner Arbeit zu tun. Dann bist du nur noch eine Frau, die mich genauso will wie ich sie.
Sie hatten beide gewusst, was auf diese Ankündigung folgen sollte. Sie würden dort weitermachen, wo sie mit diesem Kuss aufgehört hatten. Genau das durfte natürlich nicht passieren, aber er konnte vielleicht noch ein Letztes für Natalie tun und hoffen, dass es ihr dann besser ging, wenn er schließlich zur SIG zurückkehrte.
„Zu dem Zeitpunkt habe ich meine Worte ernst gemeint, aber offen gestanden …“ Wieder zögerte er und suchte nach einer Erklärung, warum sie im Hinblick auf etwas Langfristiges nicht auf ihn bauen durfte.
„Offen gestanden, du bist zu dem Schluss gekommen, dass du dich nicht mit einer Blinden belasten willst. Ehrlich, ich habe kapiert.“
Er konnte nicht anders, er musste sich vorbeugen und ihre Hände ergreifen. Zu seiner Verwunderung ließ sie es zu, und er forderte sein Glück heraus und streichelte ihre Finger mit dem Zeigefinger. Ihre Hände zitterten leicht. „Es ist nicht wegen dir,Natalie“, erklärte er sanft. „Auch nicht wegen deiner Blindheit. Ich war lange verheiratet, und es war keine sonderlich glückliche Erfahrung. Das ist zum größten Teil meine Schuld. Als Polizist muss ich die Bedürfnisse vieler Menschen im Auge haben. Das kann ich nicht, wenn ich gleichzeitig noch die Bedürfnisse einer Ehefrau erfüllen soll. Und bevor du eine schlaue Bemerkung darüber fallen lässt, dass du mir schließlich keinen Antrag gemacht hast …“
Er unterbrach sich absichtsvoll, während sie den Mund schloss und empört den angehaltenen Atem ausstieß.
„Auch die Bedürfnisse einer Freundin kann ich nicht erfüllen.“
„Wow. Du bist dir deiner selbst ziemlich sicher, wie? Wie kommst du darauf, dass ich überhaupt eine Beziehung mit dir will?“
Er zuckte die Achseln. „Sagen wir mal, ich kenne die Menschen. Das ist ein zwingender Bestandteil meines Jobs. Wir kennen unsere gegenseitige Anziehungskraft. Wir sind beide ledig. Die natürliche Schlussfolgerung wäre, dass wir es miteinander tun. Kannst du ehrlich behaupten, du hättest dich jemals ganz beiläufig auf Sex eingelassen?“
Die bloße Erwähnung von Sex ließ ihre Wangen erglühen, was bewies, dass Mac recht hatte. „Nein, kann ich nicht. Aber das scheint heutzutage die Regel zu
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