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Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Titel: Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Hauff
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Zugbrücke. Als er seine Stiefmutter und seine Brüder ansichtig wurde, hielt er sein Pferd an, stieg ab und grüßte sie höflich. Denn obgleich sie ihm viel Leids angetan, bedachte er doch, daß es seine Brüder seien, und daß diese böse Frau sein Vater geliebt hatte.

“Ei, das ist ja schön, daß der Herr Sohn uns auch besucht”, sagte die Frau Gräfin mit süßer Stimme und huldreichem Lächeln. “Wie geht es denn auf Hirschberg? Kann man sich dort angewöhnen? Und gar eine Sänfte hat man sich angeschafft? Ei, und wie prächtig, es dürfte sich keine Kaiserin daran schämen; nun wird wohl auch die Hausfrau nicht mehr lange fehlen, daß sie darin im Lande umherreist.”

“Habe bis jetzt noch nicht daran gedacht, gnädige Frau Mutter”, erwiderte Kuno, “will mir deswegen andere Gesellschaft zur Unterhaltung ins Haus nehmen und bin deswegen mit der Sänfte hieher gereist.”

“Ei, Ihr seid gar gütig und besorgt”, unterbrach ihn die Dame, indem sie sich verneigte und lächelte.

“Denn er kommt doch nicht mehr gut zu Pferde fort”, sprach Kuno ganz ruhig weiter - “der Vater Joseph nämlich, der Schloßkaplan. Ich will ihn zu mir nehmen, er ist mein alter Lehrer, und wir haben es so abgemacht, als ich Zollern verließ. Will auch unten am Berg die alte Frau Feldheimerin mitnehmen. Lieber Gott! sie ist jetzt steinalt und hat mir einst das Leben gerettet, als ich zum erstenmal ausritt mit meinem seligen Vater; habe ja Zimmer genug in Hirschberg, und dort soll sie absterben.” Er sprach es und ging durch den Hof, um den Pater Schloßkaplan zu holen.

Aber der Junker Wolf biß vor Grimm die Lippen zusammen, die Frau Gräfin wurde gelb vor Ärger, und der “kleine Schalk” lachte laut auf: “Was gebt ihr mir für meinen Gaul, den ich von ihm geschenkt kriege?” sagte er; “Bruder Wolf, gib mir deinen Harnisch, den er dir gegeben, dafür! Ha! ha! ha! den Pater und die alte Hexe will er zu sich nehmen? Das ist ein schönes Paar; da kann er nun vormittags Griechisch lernen beim Kaplan und nachmittags Unterricht im Hexen nehmen bei der Frau Feldheimerin. Ei, was macht doch der dumme Kuno für Streiche!”

“Er ist ein ganz gemeiner Mensch!” erwiderte die Frau Gräfin, “und du solltest nicht darüber lachen, kleiner Schalk; das ist eine Schande für die ganze Familie, und man muß sich ja schämen vor der ganzen Umgegend, wenn es heißt, der Graf von Zollern hat die alte Hexe, die Feldheimerin, abgeholt in einer prachtvollen Sänfte und Maulesel dabei, und läßt sie bei sich wohnen. Das hat er von seiner Mutter; die war auch immer so gemein mit Kranken und schlechtem Gesindel; ach, sein Vater würde sich im Sarg wenden, wüßte er es.”

“Ja”, setzte der kleine Schalk hinzu, “der Vater würde noch in der Gruft sagen: ?Weiß schon, dummes Zeug.?”

“Wahrhaftig! da kommt er mit dem alten Mann und schämt sich nicht, ihn selbst unter dem Arm zu führen”, rief die Frau Gräfin mit Entsetzen, “kommt, ich will ihm nicht mehr begegnen.”

Sie entfernten sich, und Kuno geleitete seinen alten Lehrer bis an die Brücke und half ihm selbst in die Sänfte; unten aber am Berg hielt er vor der Hütte der Frau Feldheimerin und fand sie schon fertig, mit einem Bündel voll Gläschen und Töpfchen und Tränklein und anderem Geräte nebst ihrem Buchsbaumstöcklein, einzusteigen.

Es kam übrigens nicht also, wie die Frau Gräfin von Zollern in ihrem bösen Sinn hatte voraussehen wollen. In der ganzen Umgegend wunderte man sich nicht über Ritter Kuno; man fand es schön und löblich, daß er die letzten Tage der alten Frau Feldheimerin aufheitern wollte, man pries ihn als einen frommen Herrn, weil er den alten Pater Joseph in sein Schloß aufgenommen hatte. Die einzigen, die ihm gram waren und auf ihn schmähten, waren seine Brüder und die Gräfin; aber nur zu ihrem eigenen Schaden, denn man nahm allgemein ein Ärgernis an so unnatürlichen Brüdern, und zur Wiedervergeltung ging die Sage, daß sie mit ihrer Mutter schlecht und in beständigem Hader leben und unter sich selbst sich alles mögliche zuleide tun. Graf Kuno von Zollern-Hirschberg machte mehrere Versuche, seine Brüder mit sich auszusöhnen, denn es war ihm unerträglich, wenn sie oft an seiner Feste vorbeiritten, aber nie einsprachen, wenn sie ihm in Wald und Feld begegneten, und ihn kälter begrüßten als einen Landfremden. Aber seine Versuche schlugen meistens fehl, und er wurde noch überdies von ihnen verhöhnt. Eines Tages fiel

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