Haunted (German Edition)
unten ankam, legte er die paar Fuß zurück, die es noch bis an den Rand des Lochs waren, und schaute hinunter. Eine Armlänge unterhalb der Oberfläche war James; er hielt sich aber nicht wie in Julians Traum verzweifelt an einer kleinen hervorstehenden Wurzel fest, sondern hatte sich mit der Rückseite seines Pyjamas in genau dieser Wurzel verfangen.
Sofort warf sich Julian auf den Bauch und streckte seinen Arm aus, um den Jungen zu packen. Anders als im Traum war er in der Lage ihn zu erreichen, und seine Finger schnappten sich das gekrümmte kragenlose Pyjamaoberteil. Er fing an zu ziehen, aber stellte fest, dass James vielleicht zu schwer für ihn sein könnte, um ihn mit einer Hand festzuhalten. Das Material des Pyjamaoberteils könnte auch reißen. Julian stellte sich darauf ein, rutschte nach vorn und verwendete beide Hände, eine unter jeder Achsel seines Sohnes; und indem er sich rückwärts schlängelte, schaffte er es, ihn herauszuziehen.
Er fiel nach hinten auf den harten Zementboden, den Jungen in seinen Armen haltend, Tränen über seine Wangen kullernd. Er brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass James schlaff in seinen Armen lag, und für eine kurze Schrecksekunde dachte er, dass er versagt hätte, dass er seinen Sohn nicht gerettet hätte, dass der Junge tot wäre. Aber dann spürte er eine Bewegung in seinen Händen, er schaute in James’ Gesicht, sah das Zucken der Augenlider und wusste, dass er am Leben war. Der Junge war jedoch verletzt. Sein Gesicht war voller Blutergüsse und an seinen Ohren klebte getrocknetes Blut, und auch wenn er wohl am Leben war, war er nicht bei Bewusstsein.
Julian stand auf, griff nach unten und hob seinen Sohn hoch, wie er es getan hatte, als er ein Baby war. Er war jedoch kein Baby mehr, er war fast zu schwer, um die Treppen hochgetragen zu werden, aber Julian tat es.
Er rechnete damit aufgehalten zu werden, rechnete damit, dass sein Weg blockiert wurde, rechnete mit irgendeiner Art Widerstand, aber er durfte ohne einen Vorfall oben an den Stufen ankommen, durch die Küche laufen und das Haus verlassen. James wurde wirklich schwer, und Julian sprach immer wieder mit ihm, als er die Einfahrt hinunter zum Auto taumelte, auf eine Antwort hoffend. Es gab keine, aber das hielt ihn nicht davon ab, es zu versuchen, und er fragte James weiterhin, ob es ihm gut ginge, er bettelte ihn an aufzuwachen, sogar als er ihn vorrübergehend aufrecht hielt und das Gewicht des Jungen gegen sich lehnte, damit er die Hintertür des Autos öffnen konnte.
Déj à- vu . Innerhalb von zwei Tagen musste er das jetzt zweimal mit einem seiner Kinder machen, und es war das zweite Mal genauso schrecklich und angsteinflößend. Nachdem er seinen Sohn auf den Rücksitz manövriert und die Tür schnell geschlossen hatte, stieg Julian unverzüglich ein, startete das Auto, fuhr rückwärts auf die Straße und machte sich auf den Weg ins Krankenhaus.
Ein Déj à- vu in mehr als einer Hinsicht. Er dachte an die Art, wie James nach ihm geschrien hatte, wie er verzweifelt nach Hilfe gerufen hatte.
»Daddy!«
Er hatte beinahe genau wie Miles geklungen.
Aber er war nicht Miles.
Und er lebte.
Julian log.
Sobald er wusste, dass beide Kinder wieder gesund werden würden, ließ er Claire im Krankenhaus zurück und sagte ihr, dass er Megans iPhone und James’ DS holen würde, damit die beiden abgesehen von Fernsehen etwas zu tun hätten. Aber er hatte nicht die Absicht, zum Haus seiner Schwiegereltern zurückzukehren oder irgendetwas zu holen.
Er ging zu seinem Haus zurück.
Er hatte keinen Plan, wusste nicht, was er tun würde, aber in den vergangenen vierundzwanzig Stunden schwirrte alles, was er wusste, alles, was er gelernt hatte, alles, was er gesehen hatte, alles, was passiert war, in seinem Kopf herum, und er war sich sicher, dass die Antwort irgendwo da drinnen steckte, wenn er nur den Schlüssel finden könnte, um sie zu entziffern. Wenn er zum Haus zurückkehrte, würde es vielleicht in seinem Gehirn etwas auslösen, ihn auf eine Idee bringen, ihm dabei helfen herauszufinden, was zu tun wäre. Sein Schwiegervater wurde nämlich vermisst, und sein Sohn und seine Tochter lagen im Krankenhaus. Es musste hier aufhören. Er musste dem ein Ende bereiten. Jetzt. Bevor etwas noch Schlimmeres geschah.
Er hatte überlegt, Rick zu bitten, ihn zu begleiten. Er hätte gerne sowohl etwas moralische Unterstützung als auch zusätzliche Muskelkraft dabei, aber er weigerte sich, eine weitere
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