Hauptsache Hochzeit
gewinnen, war der beste Moment meiner Karriere gewesen – überhaupt einer der besten Momente meines Lebens. Es war nämlich der Augenblick gewesen, in dem ich an mich selbst zu glauben begann.
»Tut mir leid, dass ich so früh dran bin«, verkündete Chester nun, »aber ich hab einen heftigen Tag vor mir. Wenn es möglich wäre, Max, würde ich unser Gespräch gerne vorziehen und die Sitzung zum Projekt Handtasche erst danach abhalten.«
»Passt bestens«, sagte Max. »In meinem Büro?«
»Sehr gerne. Wir sehen uns später, ja, Jess? Ich bin schon gespannt, was du dir für uns ausgedacht hast.«
»Fein«, sagte ich und sah den beiden nach, als sie in
Max’ Büro steuerten. Dann schlenderte ich zu meinem Schreibtisch und schaltete meinen Computer ein.
Witzigerweise hatte Max zwar Anthonys Verlobte übernommen (in gewisser Weise, meine ich – ich fühle mich bemüßigt, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ich nicht irgendeine Maid aus dem fünfzehnten Jahrhundert bin, die darauf gewartet hat, endlich von den Füßen gefegt zu werden; Anthony war einfach ein Irrtum, und ich hatte Max immer schon sehr gern gemocht), nicht jedoch Anthonys großes Büro; das hatte er zum Konferenzraum gemacht und für sich sein kleines altes behalten. Er behauptete, er brauche keinen größeren Raum, aber ich glaube, dass er die Agentur lieber von einem Büro aus leiten wollte, an dem seit jeher »Max Wainwright« stand, als von einem Raum aus, den man immer mit Anthony Milton verbinden würde.
Das liebte ich so an Max; er machte alles auf seine Art. Wobei man natürlich der Vollständigkeit halber hinzufügen muss, dass das selbstverständlich nicht das Einzige war, was ich an ihm liebte. Genau genommen liebte ich einfach alles an ihm.
Na ja, fast alles. Alles, was nichts mit anderen Frauen zu tun hatte. Nein, nicht allen anderen Frauen. Nur diese eine Frau, wer immer sie auch sein mochte. Von ihr abgesehen lief alles hervorragend zwischen Max und mir. Wir waren unzertrennlich. Wir waren …
»Jess?« Caroline, meine Kontakterin, blickte besorgt zu mir herüber. »Alles in Ordnung?«
Ich schaute erschrocken auf. »Wie? Ja, sicher. Warum?«
»Du hast gute fünf Minuten reglos auf deinen Bildschirm gestarrt. Ich dachte, du hättest vielleicht eine schlechte Nachricht bekommen oder so.«
Caroline entstammte der jüngeren Generation der Londoner Oberschicht. Sie hatte schon mit Prinz Harry Partys gefeiert, ging fünfmal im Jahr Skilaufen und hatte lange blonde Haare, mit denen sie offenbar nichts anderes anzustellen wusste, als sie ständig über die Schulter zu werfen. Sie war außerdem einer der reizendsten Menschen, denen ich in meinem ganzen Leben begegnet bin. Ich muss gestehen: Als sie zum Vorstellungsgespräch erschien, strich ich sie schon von der Liste, bevor sie den Mund aufmachte. Aber dann war sie so ernsthaft und so enorm bemüht, einen guten Eindruck zu machen, dass ich gar nicht anders konnte, als sie einzustellen, obwohl sie keinerlei Berufserfahrung hatte.
Als ich ihr die Stelle anbot, brach sie in Tränen aus. Worauf ich auch fast zu heulen anfing, weil mir wieder einfiel, wie dankbar ich damals gewesen war für die Chance, in der Werbebranche zu arbeiten, und weil ich mich freute, diese Chance nun selbst jemandem bieten zu können.
»Ich bin ja so glücklich«, hatte Caroline geschnieft. »Weil mich jetzt endlich jemand ernst nimmt. Wow, jetzt hab ich wirklich Arbeit. Eine echte Stelle. Sie werden es nicht bereuen, dass Sie mich genommen haben, das versprech ich Ihnen. Ich werde fleißiger sein als jeder andere.«
Ich meine, wie soll man so jemanden nicht mögen? Sicher, ich musste ein paar Mal für sie gradestehen, aber nur, weil meine Anweisungen nicht präzise genug gewesen waren; einmal hatte ich sie gebeten, für ein Mass Mailing per Post Umschläge zu adressieren, und anstatt die Adressenaufkleber auszudrucken, hatte Caroline die Umschläge von Hand beschriftet, alle 1250 Stück. Witzigerweise war dies unser erfolgreichstes Mailing aller Zeiten
geworden. Die Beschriftung von Hand war ein genialer Einfall gewesen, auch wenn Caroline das nicht bewusst gewesen war.
Und nun, einen Monat später, betrachtete sie mich besorgt. »Nein, nein, keine schlechten Nachrichten«, beruhigte ich sie. »Ich hab nur nachgedacht, du weißt schon.«
Caroline nickte, förderte postwendend ihr Notizbuch zutage und schrieb etwas hinein.
»Schreibst du dir jetzt auf, dass ich nachgedacht habe?«, fragte ich
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