Hauptsache Hochzeit
die Tür, eine brennende Zigarette in der Hand. Als eine der weißgekleideten Frauen auf sie zurannte, ließ Ivana die Kippe mit großer Geste auf den Boden fallen und trat sie mit ihrem roten Stiletto aus. Dann schlenderte sie zu uns.
»So«, sagte sie. »Jetzt ist Zeit firr entspannen, ja?«
»Ja«, sagte ich, innerlich seufzend. »Unbedingt.«
Kapitel 13
Ich entspannte mich kein bisschen. Ich meine, ich bemühte mich darum – richtig angestrengt sogar. Zunächst bei einer Schlafanwendung, bei der ich auf einem vibrierenden Bett lag, während eine beruhigende Stimme mir auftrug, mich selbst auf einem Rasen neben einem Brunnen zu visualisieren, dann würden sich all meine Probleme in Luftblasen auflösen und einfach davontreiben. Dann bei einer Tasse Tee im Hauptraum, in dem alle auf Liegen mit Kissenbergen lagerten und den bunten Karpfen dabei zusahen, wie sie unter dem durchsichtigen Boden herumschwammen. Aber meine Probleme lösten sich mitnichten in Luftblasen auf und trieben davon; sie kamen mir eher wie Felsbrocken vor, die auf meinem Kopf lasteten und mich niederdrückten. Oder sie nahmen die Gestalt einer gewissen Person rechts neben mir an, die alle paar Minuten heimlich auf ihr Handy blickte, obwohl überall auf Schildern kundgetan wurde, dass im Sanctuary keine Mobiltelefone erlaubt waren.
Ich schaute zum Swimmingpool hinüber, wo Ivana in einem Bikini-Tanga, der nichts mehr der Fantasie überließ, eine Art Stangentanz an der Schaukel aufführte, die über dem Becken hing. Binnen kurzem hatte sich ein Publikum eingefunden, dem sie nun kleine Vorträge darüber hielt, wie man nicht nur entspannt, sondern auch
mit mehr erotischen Anregungen für die Partner aus dem Sanctuary nach Hause zurückkehren könne.
Das Handy meiner Mutter piepte schon wieder, und ich versuchte, mich nicht darüber zu ärgern, sondern mich auf die Zeitschrift zu konzentrieren, die ich gerade lesen wollte. Oder die ich, um ganz ehrlich zu sein, einfach nur in den Händen hielt, ohne ihren Inhalt aufzunehmen.
Weshalb ich ausgesprochen erleichtert war, als Helen verkündete, es sei Zeit zum Lunch, und wir alle ins Restaurant trabten.
Man hatte uns gerade zu unserem Tisch geleitet, als das Handy meiner Mutter lautstark klingelte. Sie lächelte entschuldigend, raunte »tut mir furchtbar leid«, angelte das Ding dann aus der Tasche ihres Bademantels und hielt es ans Ohr. »Hallo? Oh, hallo.« Ihre Stimme nahm einen zuckersüßen Tonfall an.
»Mam. Mam. Esther«, zischte ich und funkelte sie an. »Handys sind im Restaurant nicht erlaubt. Die sind nirgendwo erlaubt außerhalb der Umkleidekabinen.«
Sie hielt hilflos die freie Hand hoch und rückte von mir ab. »Ach, das ist ja ganz reizend«, gurrte sie. »Ich muss schon sagen, Sie versuchen mich zu umgarnen, Mr. Rydall.« Sie warf mir ein Lächeln zu. »Aber ich kann jetzt nicht sprechen. Ich verbringe den Tag mit meiner Tochter. Wir machen uns eine schöne Zeit. Und ich darf hier mein Handy gar nicht benutzen. Wir sind in einem Wellnesscenter, wissen Sie.«
»Mr. Rydall?« Ich sah sie entnervt an. »Das ist Chester?«
Sie nickte und errötete ein wenig, als sie ihm zuhörte. »Genau. Wir wollen gerade zu Mittag essen … Ja, natürlich, ich sage es ihr … Ja, Sie auch … Wiedersehn.«
Sie klappte ihr Handy zu und sah mich mit leuchtenden Augen an. »Er wünscht dir eine prima Zeit hier. Er möchte, dass sein weiblicher Werbe-Guru schön ausgeruht zum Launch von Projekt Handtasche erscheint.«
»Prrojekt Handtasche?« Ivana blickte mich irritiert an. »Wisso Prrojekt? Warrum Handtasche?«
Ich beschloss, sie nicht zu beachten. »Hat er dich schon öfter angerufen?«, wollte ich von meiner Mutter wissen. »Und seit wann geht das schon mit euch?«
»Seit wir uns letzte Woche in deinem Büro getroffen haben.« Meine Mutter lächelte wie ein verliebter Backfisch. »Er ist wunderbar, Jessica. Ein echter Gentleman.«
»Er ist mein Kunde«, sagte ich spitz.
»Das weiß ich doch! Das könnte doch gar nicht besser passen, oder nicht? Er sieht gut aus, ist sympathisch, reich und solo. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass es solche Männer noch gibt.«
Ich verdrehte die Augen; meine Bemerkung war offenbar ungehört verhallt. »Sieh nur zu, dass du … nicht irgendein Chaos anrichtest«, sagte ich. »Chester ist wichtig für die Agentur. Sehr wichtig.«
Meine Mutter sah mich gekränkt an. »Ich werd mich bemühen«, erwiderte sie mit etwas brüchiger Stimme. »Das mag
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