Hauptsache Hochzeit
gehabt, worum es sich dabei handelte. Es hätte mir die Sprache verschlagen, hätte jemand mir erzählt, dass so eine Tasche an die 5000 Pfund kostete und man mehrere Jahre darauf warten musste. Dann fing ich mit meinen Recherchen für Projekt Handtasche an, mit dem Frauen dazu angeregt werden sollten, ihr Geld in den Jarvis Investment Trust zu investieren, anstatt es für eine Handtasche auszugeben. Dazu musste ich erst mal dahinterkommen, wie viel Geld Frauen für die Schmuckstücke an ihrem Arm verpulverten. Und zu meinem maßlosen Entsetzen stellte ich fest, dass die Hermès Birkin bei weitem noch nicht die teuerste Handtasche war. »Sie ist schön, nicht wahr?«, sagte meine Mutter verzückt. »Ich habe sie natürlich geschenkt bekommen.«
»Na klar«, sagte Helen wissend. »Aber echt ein tolles Geschenk.«
»Ja, wirklich«, pflichtete ich ihr bei und versuchte dabei, die kleinlichen Gedanken zu verdrängen, die mir durch den Kopf schossen. Warum sollte meine Mutter keine schöne Handtasche besitzen? Dass sie ihre einzige Tochter weggegeben hatte, hieß ja nun nicht, dass sie keine Hermès Birkin annehmen durfte.
»Also wirklich, Liebling«, sagte meine Mutter und sah mich dabei so direkt an, dass ich fürchtete, sie könnte meine Gedanken lesen, »was für eine wunderbare Idee. Du musst Max sagen, wie sehr wir alle das zu schätzen wissen.«
»Stimmt«, seufzte Helen. »Ich wünschte, mein Freund würde mir auch mal einen Tag im Sanctuary spendieren. Oder na ja, es wäre überhaupt schon mal toll, überhaupt einen Freund zu haben, wenn ich ehrlich bin.«
»Sauregurkenzeit?«, fragte meine Mutter mitfühlend.
»Was? So was kannst du doch nicht sagen. Du bist meine Mutter«, protestierte ich.
»Haben wir doch alle«, erwiderte sie achselzuckend. »Sogar ich.«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Sogar du?«
»So schlimm ist es ja nicht«, warf Helen rasch ein. »Ich meine, ich kenne schon Männer. Aber es ist nichts … Ernsthaftes, weißt du. Nicht so wirklich.«
»Na und?«, äußerte ich. »Lieber Himmel, das Leben besteht doch nicht nur aus Männern.«
Ich bemerkte den Blick meiner Mutter und lief rot an. »Ich meine … was ich damit sagen will, ist …«, stammelte ich.
»Ich hab schon verstanden«, sagte meine Mutter ernst.
»Jessica hat recht, Helen. Das Leben besteht wirklich nicht nur aus Männern. Aber vergesst nicht: Männer mögen das Gefühl, gebraucht zu werden. Heutzutage haben die Leute alle möglichen Ideen über Unabhängigkeit und irgendwelche Spielchen im Kopf, aber Männer sind sehr schlichte Wesen. Sie wollen ihren Wert spüren können. Denkt mal darüber nach.«
»Was?«, platzte ich aufgebracht heraus. »Aber …«
»Meinst du wirklich?«, fragte Helen meine Mutter, mich völlig ignorierend. »Das hab ich noch nie so gesehen.«
»Ich bin keine Expertin«, sagte meine Mutter lächelnd, »aber ein bisschen kenne ich mich mit Männern schon aus.«
»Das glaube ich wohl«, äußerte ich verdrossen. »Manche Leute würden vielleicht denken, dass du ein bisschen alt für so was bist, aber mir liegt das natürlich fern …«
»Alt?« Meine Mutter zuckte leicht zusammen, setzte aber dann gleich wieder das strahlende Lächeln auf, das ich inzwischen schon kannte; diesmal allerdings wirkte es nicht ganz überzeugend, sondern eher ein wenig traurig. »Für die Liebe ist man niemals zu alt, Jessica. Und für die Hoffnung auch nicht. Das wollen wir doch schließlich alle, oder nicht? Einen Menschen, den wir lieben können, der uns liebt, bei dem wir ganz wir selbst sein können. Du weißt gar nicht, wie schwer es ist, so jemanden zu finden. Nicht selten sogar unmöglich.«
»Genau.« Helen nickte nachdrücklich. »Ich hab vielleicht immer einen Freund, aber dem richtigen Mann bin ich trotzdem noch nicht begegnet, verstehst du? Ich meine, deine Mam hat vielleicht wirklich recht. Vielleicht sende ich die falsche Botschaft aus. Es könnte doch
sein, dass ich mich verhalte, als bräuchte ich gar niemanden.«
»Meinst du wirklich, dass es da noch etwas zu deuteln gibt, wenn man in Bars wie wild herumflirtet?«, entgegnete ich trocken.
Helen verengte die Augen. »Ja, weil ich die Einzige bin, die so was macht«, sagte sie.
Ich lief rot an und stand auf. »Wo ist eigentlich Ivana?«, fragte ich und schaute mich um. »Alle anderen sind schon vor Ewigkeiten reingegangen, und wir sitzen hier immer noch und trinken Apfelsaft.«
»Da«, sagte Helen, denn just in diesem Moment kam Ivana durch
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