Hauptsache Hochzeit
verstehst.«
»Ja, sicher«, antwortete ich so locker wie möglich, bemüht, meine maßlose Enttäuschung zu verbergen. »Natürlich, das verstehe ich gut.«
Was der Wahrheit entsprach. Ich verstand, dass meine Mutter mich nicht liebte. Sie hatte mich nie gewollt. Sie liebte lediglich Männer und Geld. Da sie das Geld jetzt hatte, fehlte ihr nur noch der passende Mann zu ihrem Glück. Ich hatte mich vollkommen idiotisch angestellt. Dumm, wie ich war, hatte ich ihr das ganze Gerede abgenommen und geglaubt, dass sie sich tatsächlich geändert
hätte. Aber Menschen ändern sich nicht so einfach. Wenn ich eines gelernt hatte im Leben, dann war es genau das: Menschen ändern sich niemals.
Als wir alle zusammen nach draußen gingen, gelang es mir kaum, meine Mutter anzuschauen – ich spürte, dass sie mich ab und an von der Seite ansah, aber ich blickte stur geradeaus.
Helen fasste mich an der Hand. »Wir könnten doch trotzdem noch alle drei ein Gläschen trinken? Bisschen Gift tanken nach der ganzen Entgiftung. Was meint ihr?«
Bevor ich antworten konnte, hielt ein Auto vor uns. Ein teures, elegantes Auto mit getönten Scheiben, das mir wohlbekannt war.
Die Fahrertür ging auf, und Chester spähte heraus. »Hallo, Jess. Hallo, Esther.«
Er strahlte, als er meine Mutter sah, und ich schaute wütend beiseite.
»Chester, mein Lieber. Du hättest mich doch nicht abholen müssen. Ich habe dir doch gesagt, dass ich mir ein Taxi nehme.«
»Dich den Launen eines Londoner Taxifahrers aussetzen? Nie und nimmer«, erwiderte Chester herzlich. »Jess, kann ich Sie irgendwo absetzen? Nach Hause fahren?«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte … meine Freundinnen und ich wollen noch was trinken gehen.«
»Ach, Jessica, lass dich doch irgendwo hinfahren. Bitte …«, sagte meine Mutter und blickte mich erwartungsvoll an, als sie einstieg.
Ich schüttelte wieder den Kopf.
»Sind Sie sicher?«, fragte Chester.
Ich nickte knapp. »Absolut.«
Ich wandte mich zum Gehen, aber dann hörte ich hinter mir die Tür klappen, und meine Mutter kam noch einmal zu mir gelaufen. »Bist du auch wirklich nicht böse auf mich? Bitte, sei nicht böse, Jessica«, sagte sie und versuchte, mich am Arm zu fassen. »Bitte versteh doch …«
»Ich verstehe, dass du bekommen hast, was du haben wolltest«, erwiderte ich kalt und zog den Arm weg.
»Wie?« Sie sah mich verblüfft an.
»Das Geld. Das wolltest du doch. Jetzt hast du’s, und damit musst du auch nicht mehr vortäuschen, mich zu lieben. Geh nur. Geh ruhig mit Chester aus, mir ist es egal.«
»Nein, Jessica …«, sagte sie, und ihre Lippen begannen zu zittern, »das ist nicht wahr. Ich gebe dir das Geld auch zurück, wenn du willst.« Sie kramte in ihrer Tasche herum, aber ich ging weiter.
»Behalt es«, sagte ich über die Schulter. »Du kannst für dich selbst sorgen – das hast du ja selbst gesagt. Tschüss, Mam. Bis dann.«
Ich wusste, dass sie mit den Tränen kämpfte, aber ich drehte mich nicht mehr um.
»Viel Spaß!«, hörte ich Chester noch rufen, dann startete der Wagen.
»Also, ab in die Bar«, sagte Helen. Dann bemerkte sie meine Miene. »Jess? Alles in Ordnung?«
»Klar, mir geht’s blendend«, antwortete ich bitter. »Meine Mutter trifft sich nur lieber mit einem Mann als mit ihrer Tochter auszugehen, aber ansonsten geht’s mir blendend.«
Ivana blickte mich durchdringend an.
»Was?«, fragte ich gereizt. »Was ist? Glaubst du, sie ist abgehauen, weil ich nicht genügend Busen zeige? Weil ich nicht wie du bin vielleicht?«
Ivana wurde ein wenig blass, setzte aber sofort wieder ihre übliche blasierte Miene auf und trat auf mich zu.
»Geht nicht um Busen«, sagte sie.
»Prima. Da bin ich ja froh, danke«, erwiderte ich mürrisch. »Diesmal bist du also bereit zuzugeben, dass ich nicht die alleinige Schuld trage an der Situation?«
Ich wusste nicht, weshalb ich jetzt meine Wut an Ivana ausließ, denn sie war mit Sicherheit nicht schuld an meiner Lage.
»Ist nicht deine Schullt, nein«, sagte Ivana mit frostigem Unterton. »Abber vielleicht du denkst mal bisschen merr an anderre, ja?«
Ich verzog verwirrt das Gesicht. »Wie? Was meinst du damit?«
»Du denkst, ist einfach«, sagte sie und sah mich mit bohrendem Blick an. »Du denkst, alle habben, was du hast: gutte Jopp, Freunde, Verrloppte. Aberr ist nicht leicht. Manche Leutte habben nur eines. Kein Jopp oder Freunde. Missen festhalten, an was sie kennen. Sonst alles wek, ja?«
Ich
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