Hauptsache Hochzeit
zog verständnislos die Augenbrauen hoch. »Ivana, wovon redest du überhaupt?«
»Deine Mutterr«, fuhr Ivana unbeirrt fort, »ist wie ich. Gutt mit Männerr. Nicht gutt mit anderre Sache. Wir halten fest an was wir kennen. Ist besser. Ist besser firr alle. Und jetzt ich muss gehn arrbeiten. Schon spätt dran.«
Sie stöckelte davon, und ich blickte ihr verdattert nach.
Helen zuckte die Achseln. »Weiß der Himmel, was sie uns damit sagen wollte. Na gut, Jess, dann bleiben also nur noch wir beide übrig, so wie’s aussieht.«
»Ich glaube, ich werd nach Hause gehen«, sagte ich zu ihr. »Ich muss mit Max reden.«
Helen runzelte die Stirn. »Worüber? Kann das nicht noch ein Weilchen warten?«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf und schniefte. »Ich will es ihm sagen. Die Geschichte mit Hugh. Er muss es wissen.«
»Aber wieso das denn?«, fragte Helen fassungslos.
»Weil ich glaube, dass man ehrlich sein muss.«
»Bist du wahnsinnig?« Helen zog die Augenbrauen hoch. »Ehrlichkeit ist Schwachsinn. Ehrlichkeit tut Leuten nur unnötig weh.«
»Mag sein«, erwiderte ich. »Aber die Menschen wollen trotzdem die Wahrheit wissen. Das ist immer am besten.«
»Nein, ist es nicht«, sagte Helen entschieden. »Was soll das alles, Jess?«
»Max und ich haben Vertrauen zueinander«, antwortete ich trotzig. »Ich bin kein Mensch, der Geheimnisse hat. Ich bin kein Mensch, der lügt und andere im Stich lässt.« Ich spürte, wie mir die Tränen kamen. Ich bin nicht wie sie , hätte ich am liebsten geschrien. Ich bin ganz anders als meine Mutter. Ich bin ihr überhaupt nicht ähnlich .
»Und du bist auch kein Mensch, der andere unnötig aufregt. Überleg dir das noch mal, Jess. Was soll diese Aktion denn bringen? Ich sage es dir: Gar nichts außer Verdruss. Du wirst Max wehtun, und das nur, damit du dich ein bisschen besser fühlen kannst. Sei nicht dumm. Tu nichts, was du später bereuen musst.«
»Hab ich schon, und darum geht es ja gerade«, erwiderte ich tonlos. »Die Masseurin meint auch, dass ich es ihm sagen soll.«
»Die Masseurin? Du hörst auf den Rat einer Masseurin ?« Helen verdrehte die Augen. »Jetzt hör mir mal gut
zu, Jess. Du wirst Max nichts davon sagen. Sondern ihn heiraten. Hast du verstanden? Es hat wahrlich genug Stress gegeben in letzter Zeit. Glaub mir, er muss das nicht wissen. Er will es auch gar nicht wissen. Es kann absolut nichts Gutes dabei herauskommen, wenn du es ihm erzählst. Ist das jetzt klar?« Sie nahm meine Hände und sah mir in die Augen. »Okay?«
Ich erwiderte ihren Blick ein paar Sekunden, dann schaute ich zu Boden. Sie hatte natürlich recht. Ich war einfach nur wütend auf meine Mutter, das war alles. Sehr wütend sogar. »Na gut«, gab ich nach. »Wie du meinst.«
»Können wir dann endlich was trinken gehen?«, sagte Helen mit erhobenen Augenbrauen.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich möchte trotzdem nach Hause«, sagte ich seufzend. »Aber keine Sorge, ich werd ihm nichts erzählen.«
»Das will ich hoffen«, sagte Helen mit Nachdruck und winkte mir, als sie sich zum Gehen wandte. »Ich hatte schon die Hölle auf Erden, bis ich dich zum ersten Mal vor den Altar gebracht hab«, rief sie. »Ich werd nicht zulassen, dass du ein zweites Mal alles vermasselst!«
Kapitel 14
Ich kam zu dem Schluss, dass Helen recht hatte. Es war sinnlos, mit Max über die Hugh-Geschichte zu reden, und noch sinnloser zuzulassen, dass meine Mutter ein zweites Mal in meinem Leben Unheil anrichtete. Sie simste mir nun ständig, dass wir den gemeinsamen Drink doch nachholen sollten, aber ich reagierte einfach nicht. Ich würde heiraten und glücklich sein, basta, aus. Und es würde mir gelingen, meine Mutter ebenso nachhaltig zu vergessen wie Hugh. Ich würde einfach so tun, als hätte ich mir die ganze Geschichte nur eingebildet.
Wenn Chester also in den folgenden Wochen von dieser »wunderbaren Frau« schwärmte, lächelte ich höflich und tat so, als rede er von einer Fremden. Und wenn Esther wie ein verliebter Teenager an seinem Arm in die Agentur geschwebt kam und auf mich zustürzte, um mir zu erzählen, wie stolz sie doch auf mich sei und was für eine romantische Liebesgeschichte sie gerade erlebte, lächelte ich ebenfalls distanziert und tat so, als sei sie bestenfalls eine Zufallsbekanntschaft.
Giles indessen war entzückt über die Nachricht, dass er wieder durchstarten konnte, und hatte sofort zehn Gesprächstermine anberaumt (ursprünglich sollten es zwanzig sein, aber ich
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