Hauptsache Hochzeit
hatte ihm behutsam klargemacht, dass ich auch noch meine Arbeit zu erledigen hatte, bei der es leider nicht um Tischordnungen und Blumenarrangements
ging, auch wenn die noch so schön sein mochten). Ich für meinen Teil rief im Laden für Brautmoden an und ließ mir einen weiteren Termin zur Anprobe des ultimativ perfekten Hochzeitskleids geben.
»Ich hab ein Déjà-vu-Erlebnis«, bemerkte Helen trocken, als ich das Kleid anzog und auf das Podest vor den Spiegeln stieg. Ich gefiel mir wahnsinnig gut in diesem Kleid – es hatte genau den richtigen cremeweißen Farbton und brachte meine Haut, die ansonsten eher durchschnittlich wirkte, regelrecht zum Schimmern.
»Ich bin auch ganz ergriffen«, äußerte Giles und tupfte sich mit einem eleganten Taschentuch die Augenwinkel. »Sie sehen wunderhübsch aus, Ms. Wild. Das Kleid ist umwerfend. Absolut umwerfend.«
»Und jetzt ist auch alles in Ordnung?«, fragte Vanessa, die Verkäuferin, leichthin, als sie das Kleid am Dekolletee absteckte. »Keine Probleme weit und breit?«
»Keinesfalls«, antwortete Giles für mich wie aus der Pistole geschossen. »Keinerlei Probleme. Alles paletti. Mehr als paletti. Alles ist ganz und gar wunderbar, nicht wahr, Jess?«
Er sah mich ernsthaft an, und ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ja, absolut«, antwortete ich so überzeugend wie möglich. »Keinerlei Probleme. Alles im grünen Bereich.«
Helen beäugte mich argwöhnisch. »Jess? Du hörst dich irgendwie komisch an. Ist was?«
»Nee.« Ich blickte starr geradeaus auf mein Spiegelbild. Ich sah bezaubernd aus. Wie eine Braut. Wie eine glückliche, hoffnungsfrohe, strahlende Braut.
»Versuch nicht, mir was vorzumachen«, sagte Helen und verengte die Augen. »Du verheimlichst mir doch was.«
»Nein, wirklich nicht«, protestierte ich.
»Nein, wirklich nicht«, echote Giles. »Alles unter Kontrolle.« Sicherheitshalber förderte er seinen Terminkalender zutage und ging seine Liste noch einmal durch. »Moodboard für den Empfang. Erledigt. Kleid …« Er blickte mich entzückt an und lächelte. »Erledigt. Gästeliste …« Eine besorgte Falte erschien auf seiner Stirn. »Die haben wir noch nicht rausgeschickt, oder?«, fragte er beunruhigt. »Das machen wir morgen, ja?«
»Ist doch alles bestens, siehst du?«, sagte ich zu Helen. »Wir haben alles im Griff.«
»Wie du meinst«, erwiderte Helen und ließ sich wieder auf ihrem Stuhl nieder. Dann beugte sie sich vor.
»Hat es was mit Max zu tun? Mit irgendetwas, das er gesagt oder getan hat?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Es geht doch wohl nicht immer noch um diesen Hugh, oder? Denkst du etwa immer noch daran, diese Sache auszuplaudern?«
»Nein.« Ich schüttelte noch nachdrücklicher den Kopf.
»Hugh? Welcher Hugh? Steht er auf der Gästeliste?«, fragte Giles besorgt. »Ich kann mich an keinen Hugh erinnern.«
»Es gibt auch keinen«, sagte ich entschieden und warf Helen einen warnenden Blick zu.
»Aber was ist denn dann?«, fragte sie stirnrunzelnd. »Geht es etwa um deine Mutter?«
Ich zuckte leicht zusammen, und Helen blickte triumphierend.
»Aha. Das ist es also. Was hat sie gesagt? Was hat sie gemacht? Komm schon, raus mit der Sprache.«
»Nichts«, antwortete ich entnervt. »Vanessa, ich würde gerne mal einen Schleier dazu probieren, glaube ich.«
«Gute Idee.« Vanessa lächelte. »Ich hole schnell ein paar zur Auswahl.«
Sie ging, und Helen blickte abwartend zu mir hoch. »Also?«
»Also?«, fragte Giles nervös.
»Also was?« erwiderte ich ungerührt, ohne einen der beiden anzusehen.
»Nun mach schon. Weshalb lächelst du so starr und hast diesen leicht irren Blick? Ich kenne dich zu gut, Jess, als dass du mir was vormachen kannst. Irgendwas liegt doch im Argen. Was hat deine Mutter angerichtet? Du kannst es mir ruhig gleich sagen, denn ich werd es sowieso rausfinden, das weißt du ja.«
»Bitte sag mir nur das eine: Die Hochzeit findet aber statt, oder?«, sagte Giles flehentlich. »Bitte!«
»Nein, natürlich findet die Hochzeit statt«, sagte ich beruhigend zu ihm und wandte mich dann Helen zu. »Ich hab’s dir doch schon gesagt«, wiederholte ich mit tonloser Stimme. »Sie hat gar nichts angerichtet.«
»Aber irgendwas muss sie doch angestellt haben.«
Ich holte tief Luft und atmete wieder aus. Dann betrachtete ich mich wieder im Spiegel. »Ich meine, möglicherweise habe ich erwartet, dass sie mehr tut als nichts«, sagte ich leise. »Vielleicht habe ich …«
»Was?«, hakte Helen
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