Hauptsache Hochzeit
erwiderte Chester breit grinsend. »Ich muss sagen: Ich bin selbst auch ziemlich aufgeregt. Ich weiß, ich kenne die Lady noch gar nicht lange, aber ich weiß eben, was ich will, wenn ich es sehe – sowohl geschäftlich als auch privat. Und ich habe gelernt, dass man nicht zu lange warten darf, sonst schnappt es einem jemand anders weg. Stimmt’s oder hab ich recht?«
»Ganz genau«, bekräftigte Max und lächelte Chester an, aber das Lächeln erreichte seine Augen nicht, in denen immer noch ein besorgter Ausdruck lag. »So ist es.«
»Heiliger Strohsack«, sagte ich. »Du heiratest also
wirklich meine Mutter? Also wirklich: herzlichen Glückwunsch, das ist einfach … wow.«
»Finde ich auch«, erwiderte Chester. »Und wir fänden es schön, wenn ihr beide heute Abend was mit uns trinken würdet. Ein bisschen feiern.«
»Was trinken mit meiner Mam?« Ich sah Max an, der nickte.
»Das wäre sehr schön, Chester«, sagte ich rasch. »Wir würden uns freuen.«
Kapitel 15
»Und wie zum Teufel soll ich ihn nennen?«
Ich starrte nervös in den Spiegel. Mittlerweile trug ich wieder das Outfit, das ich mir als Erstes zusammengestellt hatte – Rock, enges Top und dazu hohe Pumps -, aber das Bett lag voller Kleider, die ich anprobiert und wieder ausgezogen hatte. Ich hatte sogar Helen angerufen und ihr die Neuigkeiten berichtet. Sie hatte natürlich ausgiebig gekreischt, aber nicht einmal ihr war eingefallen, was man zu einem Drink mit seinem künftigen Stiefvater anziehen sollte, der zugleich der wichtigste Kunde ist. Während man zugleich auf einer gewaltigen Zeitbombe hockt, die jederzeit losgehen kann. Wenigstens schien Max etwas besserer Dinge zu sein als vorher. Auf der Heimfahrt hatte ich unentwegt gequasselt und ihm vor Augen gehalten, dass Chester doch längst über den Artikel Bescheid wissen müsste, und wenn er sich keine Sorgen machte, könnte Max doch auch ganz entspannt sein. Zu meinem Erstaunen hatte Max genickt und mir beigepflichtet, und seither sah sein Gesicht etwas weniger eingefallen aus, obwohl er sich bestimmt auch meinetwegen zusammenriss. Ich dagegen fühlte mich von Stunde zu Stunde grauenvoller. Von Minute zu Minute, genauer gesagt. Ich schämte mich nämlich in Grund und Boden.
»Ihn nennen?« Max spähte über den Rand seines Laptop.
Er saß – noch in seinem Arbeitsoutfit – auf dem Bettrand, wo ich ihn vor über einer Stunde platziert hatte. So war das mit Männern: Wenn sie es darauf anlegten, konnten sie jeden Tag und Abend denselben Anzug tragen, ohne dass sich jemand daran stören würde. Die Herren der Schöpfung wussten gar nicht, wie gut sie es hatten.
»Ja, wie ich ihn nennen soll«, wiederholte ich und ging neben Max in die Hocke. Ich war froh, an etwas anderes denken zu können als an Glue, Hugh Barter und die Tatsache, dass ich den Mann, den ich liebte, betrogen hatte.
»Chester? Stiefvater? Dad?« Ich schauderte.
»Wieso fragst du ihn nicht einfach?«
Ich richtete mich auf. »Nein«, erwiderte ich fest. »Er könnte ja was vorschlagen, was mir nicht gefällt.«
»Wie möchtest du ihn denn nennen?«, erkundigte sich Max.
Ich zog die Nase kraus. »Chester«, sagte ich. »Schlicht und einfach Chester.«
»Na, dann mach das doch einfach.«
»Sehe ich okay aus?«
Max warf mir einen kurzen Blick zu. »Du siehst zauberhaft aus. Du hast auch schon vor einer Stunde zauberhaft ausgesehen, als du haargenau dieselben Sachen anhattest. Und du siehst überhaupt immer zauberhaft aus. Wieso machst du dir denn so einen Stress? Du siehst Chester doch fast jeden Tag.«
»Ich weiß«, seufzte ich. Ich konnte Max nicht sagen, dass ich mir nicht wegen Chester Sorgen machte und dass es nicht mein Aussehen war, das mich quälte. Und dann merkte ich, dass mich noch etwas anderes quälte. Über das ich sehr wohl mit Max reden konnte.
»Wieso gerade sie?«, sagte ich unvermittelt. Max runzelte die Stirn.
»Was meinst du damit?«
»Ich meine, wieso hat er sich meine Mutter ausgesucht? Und sie ihn? Wieso Chester? Er ist mein Kunde. Und jetzt wird er stattdessen ihr Ehemann sein. Das verändert alles.«
Max klappte sein Laptop zu. »Jess, ist alles in Ordnung mit dir?«
Ich zuckte die Achseln. »Ja, klar.«
»Du wirkst aber nicht so auf mich.«
»Na ja …«
»Hast du Angst, dass Chester dir deine Mutter wegnimmt? Wo du sie doch gerade erst gefunden hast?«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Hast du wieder Dr. Phil geschaut?«, fragte ich streng. Max warf ein Kissen nach
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