Hauptsache Hochzeit
jemanden lieben, der dich einschüchtert?«
»Jetzt schüchterst du mich ja nicht mehr ein«, antwortete Max mit sonorer Stimme.
»Ach ja?« Ich sah ihn grinsend an. »Nicht mal mehr ein klitzekleines bisschen?«
»Na, ein kleines bisschen vielleicht schon noch«, räumte Max ein und begann sein Hemd aufzuknöpfen. »Du bist so klug und toll und hast einen guten Charakter. Das liebe ich so sehr an dir: dass du an Aufrichtigkeit glaubst, wie ich auch. Ich finde es wunderbar, dass ich dir bedingungslos vertrauen kann.«
Ich schluckte und löste mich von ihm. »Aufrichtigkeit? Das ist doch ziemlich langweilig, findest du nicht?«, fragte ich leichthin. »Und ein guter Charakter wird häufig überschätzt, meine ich.«
»O nein«, erwiderte Max ernsthaft. »Das sehe ich nicht so.« Er sah mir tief in die Augen, und ich errötete verlegen.
Ich räusperte mich. »Wenn du meinst«, sagte ich. »Obwohl ich hoffe, dass dir auch noch andere Eigenschaften an mir gefallen …«
»Wie zum Beispiel, dass du nie lange genug zu reden
aufhörst, damit ich auch mal was sagen könnte? Oder dich küssen?«, sagte Max, küsste mich diesmal weitaus entschiedener und ließ seine Hand an meinem Hintern entlanggleiten.
»Du weißt schon, dass die beiden in zwanzig Minuten kommen, oder?«, kicherte ich.
»Ja, ich weiß«, antwortete Max mit verschmitzter Miene, während er den Reißverschluss meines Tops aufzog. »Und wenn du jetzt nicht zu quasseln aufhörst, haben wir nur noch fünfzehn Minuten.«
Zum Glück verspäteten sich meine Mutter und Chester. Um zehn Minuten, was Max und mir die Chance gab, noch rasch unter die Dusche zu springen – zusammen, um Zeit zu sparen, was aber im Endeffekt natürlich das Gegenteil bewirkte. Wir ließen uns dadurch jedoch nicht aus der Ruhe bringen – und schafften es sogar noch, uns in Kleider zu werfen, bevor die beiden eintrafen. Max machte die Tür auf, während ich Apfelsaft und Weißwein aus dem Kühlschrank holte, vier Gläser eingoss und alles ins Wohnzimmer trug. Dann strich ich mir die feuchten Haare glatt und spähte noch kurz in einen kleinen Handspiegel, um zu sehen, ob meine roten Wangen nach »frisch und gesund« oder nach »grade zweimal gevögelt« aussahen. Natürlich war letzteres der Fall, aber das kümmerte mich wenig. Meine Mutter nahm keine Rücksicht auf meine Gefühle – weshalb sollte ich mir dann über ihre den Kopf zerbrechen?
»Liebling! Wie schön, dich zu sehen! Ist das hier Saft?« Ich wandte mich hastig um und sah meine Mutter auf mich zusteuern. Sie umarmte mich, wobei sie um ein Haar die Gläser umwarf, und mir stieg eine Duftwolke
in die Nase, die nach einer halben Flasche Parfum roch. »Du siehst so erhitzt aus. Alles in Ordnung?«
Ich nickte. »Alles bestens.« Als ich das sagte, wurde mir bewusst, dass ich mich wirklich gut fühlte. Vielleicht würde es mir in diesem Zustand sogar gelingen, meiner Mutter ein bisschen entgegenzukommen. Ich war froh – sie war froh. Vielleicht konnte ich ja wirklich gute Miene machen in dieser Lage. »Hier.« Ich reichte ihr ein Glas Saft. »Na, ich schätze mal, jetzt sind Glückwünsche angebracht?«
Sie warf mir einen vorsichtigen Blick zu. »Wirklich? Freust du dich für mich? Ich dachte, du wärst vielleicht sauer.«
Ich trank einen Schluck Wein. »Im Ernst? Wieso sollte ich sauer sein?«
»Ich weiß nicht.« Sie lächelte verlegen. »Ich wollte es dir selbst sagen. Ich war vollkommen erschüttert, dass Chester es schon ausgeplaudert hatte. Aber dann dachte ich mir, dass das vielleicht sogar ganz gut war. Du und ich … ich möchte wirklich gerne mal mit dir was trinken und ausführlich reden, wenn du noch möchtest …«
»Klar«, erwiderte ich unverbindlich und hielt nach Chester und Max Ausschau. Ich konnte mich für meine Mutter freuen, aber das hieß noch lange nicht, dass ich ihr vollständig verzeihen würde.
»Möchte jemand einen glücklichen Mann sehen?«, dröhnte Chester, als er hereinkam. »Der muss nur mich angucken! Jess, schön, dich zu sehen. Deine Mam sorgt dafür, dass ich glücklich bin. Und zwar so richtig!«
»Das ist schön.« Ich lächelte und nickte. Vielleicht war es doch sinnvoll gewesen, so auf Max einzureden. Chester musste inzwischen definitiv Bescheid wissen über den
Artikel, und wenn er nun immer noch so gutgelaunt war, bedeutete das, dass er die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen schien. »Freut mich zu hören.«
»Und mich erst!«, erwiderte Chester herzlich. »Ich
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