Hauptsache Hochzeit
bilde mir übrigens ziemlich was drauf ein, dass deine Mam sich auch freut über die Entscheidung.«
Meine Mutter nickte rasch und hakte sich bei Chester ein. »Freuen ist gar kein Ausdruck«, sagte sie, und ihre Stimme klang ein wenig rau dabei.
»Esther, wie schön, dich zu sehen«, sagte Max, der jetzt zu mir trat. Dann runzelte er die Stirn und betrachtete meine Mutter prüfend. »Alles in Ordnung mit dir?«
Sie nickte und tupfte sich eine Träne aus dem Auge. »Ich kann nur einfach kaum glauben… Erst du und Jessica und jetzt Chester. Ich komme mir vor wie dieses Mädchen in Meine Lieder – meine Träume. Was habe ich getan, um all das zu verdienen?«
»Das musst du dich nicht fragen«, sagte Chester und zog sie an sich. »Du hast all das und noch viel mehr verdient. Findest du nicht auch, Jess?«
Ich trank noch einen Schluck Wein. »Jeder Mensch hat es verdient, glücklich zu sein«, sagte ich und lächelte Max an.
»O ja«, erwiderte er und sah mich so liebevoll an, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Ich war ein guter Mensch. Na ja, nicht wirklich gut. Nicht überragend toll. Aber zumindest brauchbar. Zugegeben, ich machte Fehler, aber das tut schließlich jeder. Und ich konnte großzügig sein. Und Max war an meiner Seite. Durch ihn wurde ich gut und sogar noch besser.
Meine Mutter sah mich an und kam offenbar zu dem Schluss, dass ich ihretwegen so glücklich aussah. »O
Liebling«, sagte sie und nahm meine Hand, so dass wir aussahen, als wollten wir gemeinsam mit Chester »Auld Lang Syne« singen. »Ist das nicht unglaublich aufregend? Wir beide heiraten so wunderbare Männer.«
Ich sah Max an, der mir zuzwinkerte, und spürte ein Flattern im Bauch – Liebe und Verlangen. Mein Max. Mein großartiger Max.
»Ja, sie sind fantastisch, nicht wahr?«, murmelte ich, während Max Chester ein Glas Wein reichte.
»Auf Chester und Esther«, sagte Max.
Ich kicherte. »Reimt sich sogar. Das ist sicher ein gutes Omen.«
Chester grinste. »Stimmt. Das war mir noch gar nicht aufgefallen.«
»Ihr habt noch nicht gemerkt, dass sich eure Namen reimen?«, fragte Max ungläubig. »Na komm schon, Chester, das hat doch bestimmt eine Rolle gespielt für dich. Ihr könntet in gleichen Sweatshirts mit aufgestickten Namen joggen gehen.«
Chester sah ihn etwas zweifelnd an, weil er wohl nicht sicher war, ob Max sich über ihn lustig machte.
»Ihr könntet euch auch passende Handtücher mit Monogramm machen lassen«, warf ich ein. »Und einen Sticker fürs Auto.«
»Genau«, ergänzte Max. »Und denkt nur mal daran, welche unbegrenzten Möglichkeiten ihr für die Nachricht auf eurem Anrufbeantworter habt.«
»Ihr könntet sogar singen«, sagte ich und zwinkerte Max zu. »Chester und Esther sind nicht daheim …«, trällerte ich.
»… denn Chester und Esther sind draußen zu zwein«, sang Max ziemlich falsch weiter. Wir lachten beide wie
zwei Menschen, die sich vertraut sind, die sich blind verstehen, kurz: wie zwei Menschen, die füreinander bestimmt sind. Ich fühlte mich pudelwohl und ganz warm innerlich, und das lag nicht nur am Wein.
Mir fiel auf, dass mein Glas leer war. »Möchte noch jemand Wein oder Saft?«, fragte ich. »Mam? Chester?« Die beiden hatten noch so gut wie nichts getrunken. »Max?«
Max schüttelte den Kopf, und ich zuckte die Achseln, nahm mein Glas und ging in die Küche. Als ich Schritte hörte, drehte ich mich um und erblickte Chester. »Jess, könnte ich vielleicht mal bei euch telefonieren? Mein Handy hat hier offenbar keinen Empfang.«
Ich goss mir Wein nach, gut gelaunt und sehr zufrieden mit mir. »Du kannst gerne von hier aus telefonieren, wenn du willst.« Ich deutete auf das Telefon in der Ecke, und Chester nickte dankbar. »Dauert auch nicht lange«, sagte er. »Ich muss nur schnell was abklären.«
Ich schlenderte ins Wohnzimmer zurück, wo Max sich mit meiner Mutter über Innenarchitektur unterhielt. Mir fiel auf, dass Helen recht hatte. Man musste seine Mutter nicht auf dieselbe Weise lieben, wie man einen Freund oder seine Freundin liebte. Man musste sie nicht mal wirklich mögen. Meine Mutter war durchaus kein einfacher Mensch. Sie war nervig und egomanisch. Aber sie war meine Mutter, und sie hatte mich immerhin gesucht, was ja schon eine Leistung war.
Es war natürlich wunderbar, einen Menschen zu haben, den man liebte und von dem man auch geliebt wurde. Aber im Grunde war es noch viel toller, mehrere Menschen um sich zu haben. Eine Familie. Einer Gemeinschaft
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